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APA/HELMUT FOHRINGER
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Coronavirus

Impfdebatte: Brüche in Gesellschaft sichtbar

Die Forderung des Landes, den Zutritt etwa zu Veranstaltungen nur noch für Geimpfte zu erlauben, vertieft die gesellschaftlichen Gräben, sagt eine Grazer Soziologin. Davon betroffen sind selbst Beziehungen zu Freunden und Familienmitgliedern.

Die Landesregierung fordert eine bundesweite Lösung, die vorsieht, dass nur noch Vollimmunisierte Zutritt zur Nachtgastronomie sowie dem gesamten Kultur- und Freizeitbereich haben. Bei den betroffenen Wirtschaftszweigen herrscht geteilte Meinung – mehr dazu in „1-G-Regel“: Ablehnung und Zuspruch.

„Sanfter Impfdruck“ suggeriert Gefahr für alle

Kaum jemanden in der Bevölkerung lässt das Thema derzeit kalt. Schließlich geht es darum, ob der Zutritt zum Lieblingslokal oder etwa zum Tennisplatz nur mehr mit Impfzertifikat möglich sein wird. Von einem sogenannten „sanften Imfpdruck“ war in diesem Zusammenhang am Montag im Land Steiermark die Rede.

Die Soziologin Katja Corcoran will aber noch nicht von einer Spaltung der Gesellschaft sprechen – es werden aber Bruchlinien sichtbar: „Wir neigen immer dazu, die Gesellschaft in Gruppen zu teilen, und dann ist natürlich wichtig, welche Gruppen uns gerade sehr ins Bewusstsein rücken. Und da ist es momentan natürlich das Thema Impfen: Wer ist geimpft? Wer ist nicht geimpft?“

Besonders emotional werden die Diskussionen hier deshalb, weil sich alle beteiligten Gruppen in Gefahr sehen, sagt Corcoran: „Also die, die sich vielleicht nicht impfen lassen wollen, fühlen sich bedroht, dass es ihnen aufgenötigt wird. Und die, die sich impfen lassen wollen, sehen die Bedrohung darin, dass hier eine Gefahr für die Gesellschaft der Ansteckung ist, wenn man sich nicht impfen lässt. Und ich glaube, das macht das Thema für viele sehr relevant – auch emotional.“

Familiäre Beziehungen besonders belastet

Vor allem, wenn sich Freunde oder Familienmitglieder hier nicht einig sind, wird es schwierig, so die Soziologin: „Da denkt jemand, der mir eigentlich nahe steht, etwas anderes. Eigentlich umgeben wir uns mit Menschen, die ähnliche Werte, ähnliche Vorstellungen haben, und jetzt plötzlich tut sich das auf: Da hat jemand ein ganz anderes Empfinden. Und das ist erstmals schwierig, da wieder auf eine Ebene zu kommen, damit zurecht zu kommen.“

Transparenz schaffe Akzeptanz

Wenn die Politik mit Regelungen – wie verschärften Zutrittsregelungen – eingreift, fühlt sich immer eine Seite gestärkt, erklärt die Soziologin: „Das macht natürlich die Konsequenzen deutlicher, die mit einer Gruppenzugehörigkeit einhergehen. Das ist ja vielleicht auch teilweise gewünscht, um zum Beispiel anzuregen, sich impfen zu lassen. Die Politik ist auch dafür verantwortlich, hier eine Transparenz zu schaffen, damit man vielleicht besser nachvollziehen kann, man verstehen kann.“ Etwa warum etwaige verschärfte Zutrittsregegelungen helfen, die Pandemie zu bekämpfen.