Gefälschte Reisepässe aus Nigeria
LPD/Gimpel
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Chronik

Grazer „Sudoku-Prozess“: Urteil gefallen

Vier Angeklagte sollen Sprachzertifikate an Landsleute, die sich um die österreichische Staatsbürgerschaft bewarben, verkauft haben. Im Rahmen des „Sudoku-Prozesses“ wurden sie am Freitag zu teilbedingten Strafen von sieben bis 18 Monaten verurteilt.

Auf der Anklagebank saßen ein Ehepaar und zwei Männer, alle vier sind einander bekannt. Der Staatsanwalt beschrieb, dass es sich um eine Tätergruppe handle, die in unterschiedlichen Rollen die Integrationsstaatsprüfungen abgelegt und weitergegeben hat – mehr dazu in „Operation Sudoku“: Anklage heuer möglich (23.11.2020).

Mehr als 100 falsche Staatsbürgerschaften

Die Angeklagten mit guten Deutschkenntnissen gingen mehrfach zur Prüfung – immer mit anderen Ausweisen. Mit gefälschten Pässen sollen sie auch gehandelt haben. „Die Konsequenz ist, wir haben rund 100 nigerianische Staatsangehörige, die zu Unrecht die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen haben“, führte der Ankläger aus. Die damit verbundenen Sozialleistungen führten auch zu einem finanziellen Schaden für den Staat.

Drei Angeklagte geständig, einer nicht

Das Ehepaar auf der Anklagebank und ein 60-Jähriger konnten gar nicht schnell genug betonen, dass sie sich schuldig fühlten und dass ihnen alles sehr leidtäte. Weil die drei, die selbst schon jahrelang die österreichische Staatsbürgerschaft haben, alles zugaben, kürzte Richter Andreas Lenz das Verfahren ab. „Ich habe keine Fragen, alles ist klar aufgeschlüsselt“, meinte er.

Der vierte Angeklagte beteuerte seine Unschuld in Bezug auf die Reisepässe. Die Polizei hatte ermittelt, dass der 51-Jährige – er hat noch keine österreichische Staatsbürgerschaft und spricht auch nur wenig Deutsch – gefälschte Pässe aus Nigeria mitgebracht hatte. „Ich habe die Umschläge nie geöffnet, ich wusste nicht, was drin ist“, wollte er die Dokumente nie gesehen haben. Da fuhr der erste Angeklagte dazwischen und schimpfte los. „Hat er davon gewusst?“, fragte der Richter den Aufgebrachten direkt. „Ja, sicher“, rief dieser. Pro Pass soll der andere 50 Euro bekommen haben. Sein Freund gab daraufhin zumindest zu, in die Umschläge geschaut zu haben – aber erst in Österreich.

Teilbedingten Strafen von sieben bis zwölf Monaten

„Die Angeklagten haben das österreichische Sozialsystem organisiert geschädigt“, betonte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer. Gegen die rund 100 Personen, die zu Unrecht die Staatsbürgerschaft erhalten haben, wird ermittelt.

Der Ehemann wurde zu zwölf Monaten, davon drei unbedingt, verurteilt. Seine Frau kam mit sieben Monaten, einem unbedingt, davon. Der 60-Jährige, der auch für einen anderen eine Führerscheinprüfung absolviert hat, muss von 18 Monaten drei unbedingt verbüßen. Acht Monate, davon zwei unbedingt, gab es schließlich für den vierten Angeklagten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ein Angeklagter war bereits geständig

Die „Operation Sudoku“ hat im Oktober des Vorjahres für viel Aufsehen gesorgt: Damals wurden mehrere Männer und eine Frau, alle mit nigerianischen Wurzeln, in Graz festgenommen – mehr dazu in Polizei-Großeinsatz gegen organisierte Kriminalität (6.10.2020). Für die Sprachprüfungen sollen laut Staatsanwaltschaft in Nigeria gefälschte und per Kurier nach Österreich gebrachte Reisepässe verwendet worden sein. Mit den zu Unrecht erlangten Sprachzertifikaten könnten Sozialleistungen und sogar Staatsbürgerschaften erschlichen worden sein, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Einem 39 Jahre alten Mann wurde bereits Anfang August in Graz der Prozess gemacht – mehr dazu in „Operation Sudoku“: Erster Prozess in Graz (2.8.2021).

Der zweifache Vater war voll geständig und sagte aus, er habe 300 Euro bekommen, dafür, dass er für einen, ihm völlig unbekannten, Mann eine Deutschprüfung abgelegt hat. Das Urteil: Drei Monate bedingte Haft.

Ursprünglich wurde gegen 13 Personen ermittelt. Bei fünf Verdächtigen wurde das Verfahren in der Zwischenzeit aber eingestellt.