Koralpe von oben
Kurt Stüwe / Ruedi Homberger
Kurt Stüwe / Ruedi Homberger
Umwelt

Grünes Licht für Koralm-Kraftwerk

Über fünf Jahre hat die Umweltverträglichkeitsprüfung des geplanten Wasserpumpkraftwerks im westlichen Koralm-Gebiet gedauert – am Donnerstag gab nun die zuständige Behörde des Landes grünes Licht für das umstrittene Vorhaben.

Insgesamt soll das Megaprojekt auf der Glitzalm zwischen Frauenkogel und Ochsenofen 4,9 Millionen Kubikmeter Wasser speichern können, die geplante Speicherleistung beträgt rund 1.000 MW. Zum Vergleich: Das Murkraftwerk in Graz-Puntigam hat eine Leistung von 18 MW und kann damit 20.000 Haushalte versorgen. Hochgerechnet würde das bedeuten, dass man mit dem Pumpspeicherkraftwerk auf der Koralm rund eine Million Haushalte versorgen kann.

Naturdenkmäler werden „aufgehoben“

Bisher standen einige vom Projekt betroffene Teilstrecken der Schwarzen Sulm unter Naturschutz: Die Wasserwelle des Fließgewässers sowie angrenzende Flächen samt Flora und Fauna waren die Gründe für die Erklärung zum Naturdenkmal – nun werden diese auf einer Strecke von rund 500 Metern aufgehoben. Der Bescheid dient außerdem als eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung und eine Rodungsbewilligung für rund 74 Hektar Waldfläche. Laut Bescheid sollen im Bereich der Naturdenkmäler keine unmittelbaren Eingriffe wie Baumaßnahmen oder Wasserentnahmen durch das Vorhaben stattfinden.

Mit der abgeschlossen Umwelterträglichkeitsprüfung gibt es nun – erstinstanzlich – grünes Licht für den Bau, die betroffene Naturdenkmäler entlang der Schwarzen Sulm werden mit Baubeginn „aufgehoben“. Begründet wird der positive Bescheid unter anderem mit einem „überwiegenden öffentlichen Interesse“ an dem Projekt. Innerhalb der nächsten zehn Jahre muss nun mit dem Bau begonnen werden, für die Bauvollendung besteht eine Frist von 20 Jahren.

Noch darf nicht gebaut werden

Dennoch darf jetzt noch nicht gleich gebaut werden – die steirische Umweltanwältin Ute Pöllinger etwa will keinesfalls aufgeben: Es sei nahezu unberührter Naturraum, der für das Pumpspeicherkraftwerk um- bzw. verbaut würde. Einerseits würden Gewässer, die derzeit in einem sehr guten Zustand seien, zu künstlichen Gewässern degradiert, zum anderen zerstöre das geplante Pumpspeicherkraftwerk mit zwei Speicherseen die Vegetation im Europaschutzgebiet Koralpe – mehr dazu in Koralm-Kraftwerk: Einspruchsfrist endet (13.8.2021). Bereits im Vorjahr hätten Gegner des Kraftwerks von einem „massivem Eingriff in die Natur“ gesprochen, so Pöllinger – mehr dazu in Koralm: Streit über geplante Kraftwerke (13.7.2020).

Grüne: „Projekt weiter nicht umweltverträglich“

Auch von den Grünen kommt Kritik am Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung: "Ich gehe davon aus, dass es dagegen Beschwerden geben wird, und bin weiterhin überzeugt, dass das Projekt nicht umweltverträglich ist“, so die grüne Landtagsklubobfrau Sandra Krautwaschl in einer ersten Reaktion. Aus grüner Sicht seien etwa die Parteienrechte nicht gewahrt gewesen, es gebe offensichtliche Verfahrensmängel – und dazu komme, „dass weiter nicht nachvollziehbar ist, wieso die Landesregierung die Grenzen des Natura-2000-Gebiets so projektwerberfreundlich gezogen hat und dem Projektwerber damit den roten Teppich ausgelegt hat“, so Krautwaschl.

WWF: „Fatal falsches Zeichen“

Auch der WWF Österreich sprach sich gegen die Genehmigung aus: „Der WWF sieht die mögliche Bewilligung des Kraftwerks als ein fatal falsches Zeichen sowohl in der Energiepolitik als auch im Naturschutz. Wir brauchen eine naturverträgliche Energiewende“, so Sprecher Nikolai Moser. Das Projekt hätte unvertretbare Auswirkungen auf geschützte Arten, Schutzgebiete und intakte Gewässer wie den Seebach und die Schwarze Sulm. „Nur mehr 14 Prozent aller Flussstrecken in Österreich sind intakt, sie dürfen nicht für Kraftwerksprojekte geopfert werden“, sagte Moser.

Nächste Instanz am Zug

Mit dem nun vorliegenden, fast 400 Seiten starken Bescheid seien in der Steiermark nun alle Verfahren abgeschlossen, jedoch, so Umweltanwältin Pöllinger: „Es gibt da noch die Möglichkeit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, das können sowohl Grundstücksnachbarn als auch solche Personen, die in irgendwelchen Rechten betroffen sind, also wenn ich zum Beispiel ein Wasserrecht habe, das beeinträchtigt werden könnte, NGOs und letztlich auch ich.“ Sie werde jedenfalls Beschwerde einlegen, so Pöllinger, womit der Akt zur nächsten Instanz wandern würde. Der WWF hoffe hier noch auf Planänderungen.