„Ich will raus. Raus aus dem Lockdown. Raus aus der Pandemie und raus aus den Maßnahmen gegen sie. Raus aus der Krankheit und raus aus der Hygiene. Raus aus der Gefahr und raus aus der Sicherheit. Ich möchte raus aus diesem Zaun hier um uns herum“, begann Degot ihre Rede. Das Gefühl des Eingesperrtseins thematisierte sie anhand ihrer Erfahrungen als junge Studentin in der Sowjetunion, dem Graz der frühen 1950er Jahre und der aktuellen Situation in Afghanistan.
Kunst als Gefahr für Regime
Genau dafür brauche es die Kunst, so die Intendantin: „Die Kunst ist bei uns, um unsere Wirklichkeit, unsere Orte und unsere Zeiten darzustellen, aber auch, um sie zu negieren, denn nach Magritte wissen wir, dass eine Pfeife keine Pfeife ist, dass es umso weniger eine Pfeife ist, umso mehr es danach ausschaut. Indem sie das Leben auf eine überaus realistische Art und Weise darstellt, sagt die Kunst uns eigentlich, dass es etwas außerhalb davon gibt.“
Wenn sie das tue, sei Kunst gefährlich für totalitäre Regime ebenso wie für „noch nicht totalitäre, sondern nur einfach überregulierte“ Regime. In der geängstigten und angstlösenden westlichen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, die von Sicherheit auf allen Ebenen besessen ist und allen Uneinigkeiten oder Konflikten mit rechtlichen wie moralischen Mitteln zuvorkommen möchte, sei es nicht mehr die Sphäre des Lebens, sondern die der Kunst, in der alles Unvorhersehbare möglich sei, sowohl bedeutsame Begegnungen, totale Zufälle, gewagte Vermutungen als auch tragische und unüberbrückbare Differenzen.

„Das Leben ist der Ausweg für die Kunst und die Kunst der Ausweg für das Leben – oder wenn wir vorsichtiger sein wollen, der Ausweg aus dieser merkwürdigen umzäunten Situation, in der wir uns wiedergefunden haben, auf physischer wie metaphorischer Ebene“, schloss Degot.