Donnerstag, Freitag, Samstag – es sind die drei entscheidenden Tage für die rund 400 Teilnehmenden der EuroSkills, und zwei davon sind bereits verstrichen – mit vielen Aufgaben, Höhen und Tiefen. Der Druck steigt, die Konzentration der jungen Fachleute ist jedoch ungebrochen. Besonders brillieren wollen die insgesamt 14 steirischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Team Österreich – für sie ist es quasi eine doppelte Heim-EM auf dem Gelände des Schwarzlsees.
Bislang erhielt die Steiermark acht Gold-Medaillen, sieben Silber-Medaillen, vier Bronze-Medaillen und elf „Medaillons for Excellence“; 2010 in Lissabon war das erfolgreichste Jahr mit drei Goldmedaillen, das meiste Edelmetall wurde 2018 in Budapest mit fünf Medaillen und drei „Medaillons“ errungen.
„Meine ganze Firma fiebert mit“
„Der Druck ist schon groß: Meine ganze Firma ist da und fiebert mit. Ich will mein Bestes geben: Der erste Tag ist spitze gelaufen, der zweite weniger gut. Bei einem Teil haben sich zu viele Blasen gebildet, das muss neu gemacht werden – und der Zeitplan ist eng“, verrät Glasbautechniker Christoph Greiner aus Mettersdorf am Saßbach.

Kfz-Techniker Daniel Edlinger aus Frohnleiten ist unterdessen am Samstag bereits recht entspannt: „Ich bin Freitagabend fertig geworden – nun hab’ ich Zeit zu schauen, wie es den Kollegen so geht. Wir haben vier Module zu erledigen: Motorelektronik, Motormechanik, Bordelektronik, das Fahrwerk – überall wurden Fehler eingebaut, die wir finden und beheben müssen: Mal ist eine Sicherung kaputt, dann ist ein Kabel unterbrochen – ich hoffe, ich hab alles gefunden!“

Von den Rädern zu den Fliesen, die die Welt bedeuten: „Ein Eurozeichen und Österreich habe ich noch nicht gefliest, aber das gehört zu den Spielereien, die wir bei den EuroSkills draufhaben müssen. Es hat anfangs für mich schwieriger ausgeschaut, als es dann war – aber noch sind wir nicht fertig!“, zieht Fliesenleger Florian Scheucher aus Gnas eine gut gelaunte Zwischenbilanz.

„Er kämpft! Und das Team Österreich ist mit ihm richtig gut aufgestellt. Der russische Fliesenleger hat zum Beispiel die Wand schon fertig, aber der Boden fehlt noch. Jeder geht anders an die Arbeit heran, das ist spannend mitzuverfolgen. Aber wenn Florian so weitermacht, ist er sicher unter den besten drei Kandidaten“, verrät Experte Günther Pirker.
„Abgerechnet wird am Schluss“
Stolz auf seinen Schützling ist auch Experte Roland Mitterhofer: Maurer Michael Hofer aus Landscha bei Weiz arbeite konzentriert, genau, schnell und optisch toll – „aber abgerechnet wird am Schluss!“ Mit Michael Hofers strengem Blick auf die Wasserwaage dürfte aber im wahrsten Sinne des Wortes nicht viel schief gehen. Sein Motto bei den EuroSkills: „Einfach alles geben!“

Alles geben, das will auch Koch Alexander Lind aus Fernitz-Mellach, der an Tag zwei eine Zanderfilet-Roulade und Flusskrebssalat auf den Teller gezaubert hat: „Am letzten Tag stehen eine Pastete und vegetarisches sowie glutenfreies Fingerfood auf dem Programm“, verrät er.

Wie ihm die EuroSkills bislang gefallen? „Es ist mega! Wir Teilnehmer verstehen uns alle super, der Luxemburger Koch ist zum Beispiel ein besonders cooler Typ. Egal, was am Ende für ein Platz rauskommt: Es ist eine Ehre, unter den Top Ten Europas zu kochen!“
Gute Ideen gefragt
Begeistert von ihren Aufgaben sind auch Jasmin Grandtner aus Breitenau am Hochlantsch und Lisa Reininger aus Graz. Sie tüfteln bei der Business Development Team Challenge im Bereich Entrepreneurship gegen ihre internationalen KollegInnen und machen sich Gedanken darüber, wie man mit Bildung Generationen verbinden könnte.

„Dazu haben wir eine Idee samt Businessplan entwickelt. Über einen Verein wollen wir Events planen, bei denen die Generationen ihr Wissen mit- und untereinander teilen können. Eine Website und Druckmaterialien gehören auch dazu“, erklärt Jasmin Grandtner.
„Es läuft richtig gut“
Ein weiteres steirisches Damen-Duo will sich im Bereich Mode-Technologie bei den EuroSkills ganz nach oben schneidern: Christina Strauß aus St. Nikolai im Sausal und Laura Anna Tschiltsch aus Graz.

„Jedes Team durfte sich einen Film aussuchen, der als Inspiration dient. Wir orientieren uns an ‚Cruella‘, einem aktuellen Film, der sich rund um Mode dreht. Unser Werkstück ist ein Mantel“, verrät Christiana Strauß. Die Konkurrenz lässt sich übrigens von den Serien „Emily in Paris“ und „The Queen’s Gambit“ inspirieren – bei der Medaillenverleihung am Sonntag wird sich zeigen, welche Mode am Ende das größte Trendpotential hat.
Erfolgreichste Teilnehmerin ist Steirerin
Im Trend liegt bei den steirischen Kandidaten und Kandidatinnen der EuroSkills auf jeden Fall das Malen: „Wir haben, glaube ich, bereits siebenmal Gold und zweimal Silber geholt – das ist schon ein Ansporn!“, so Maler Christoph Pessl aus Anger.

Darüber hinaus ist eine steirische Malerin auch die Teilnehmerin mit der allerhöchsten Punkteanzahl des Wettbewerbs – Europameisterin Lisa Janisch (2016 als Malerin in Göteborg) meint rückblickend: „In dieser Wettkampfwoche hat vieles zusammengepasst. Dennoch war es das Ergebnis aus jahrelanger Ausbildung und gezielter Vorbereitung.“
„Enormer Zeitdruck!“
Und dann kommt es bei den EuroSkills natürlich auch noch auf den Moment, auf die Tagesverfassung an: „Es läuft gut, aber wir stehen unter einem enormen Zeitdruck. Bei mir geht’s um ein Fenster mit komplexen Verbindungen“, verrät Bautischler Alexander Peinhopf aus Pöls.

Seine Erfahrung bei den EuroSkills? „Ich hab’ viel gelernt im Umgang mit Werkzeugen und Werkstoffen. Gott sei Dank! Die Konkurrenz ist echt gut; Frankreich, Ungarn und Russland zum Beispiel.“ „Es geht um absolute Perfektion bei den Holzverbindungen, sauber, als wären sie CNC-gefräst“, schildert Experte Wolfgang Frank.
Zwischen Präzision und Geschwindigkeit
Genau und schnell zu arbeiten, darum geht es auch nebenan bei den Möbeltischlern, bestätigt Experte Mathias Lenzhofer. Den ersten kleinen Sieg für Österreich hat er schon eingefahren: Als die Experten unterschiedlichste Pläne als Werkstück zum Üben für die EuroSkills einreichten, gewann sein Modell einer Weinbar – und genau diese Weinbar gilt es nun für die jungen Fachleute in abgewandelter Form fertigzustellen.

Auch der Steirer Andreas Kaindlbauer aus Ratten stellt sich dieser Aufgabe bei den EuroSkills: „Dabei helfen mir neben der guten Vorbereitung auch tolle Maschinen und Werkzeuge, die zur Verfügung gestellt werden. Es ist echt super organisiert. Nur hätte ich gern noch mehr Zeit!“
Große Ziele, große Chancen
Rennen um die Zeit stehen beim Beruf der Speditionslogistiker wohl an der Tagesordnung. Tobias Tropper aus Unterpurkla, der in seinem Beruf für Luftfracht-Importe verantwortlich ist, stellt sich den EuroSkills auch am letzten Tag mit höchster Konzentration – am frühen Samstagnachmittag ist er fertig: „Es war anstrengend, so fokussiert zu bleiben, auf alle Details zu achten und sich nicht in den Excellisten zu verlieren“ – die Challenge: Früchte von der Türkei nach Frankreich zu liefern und den Kunden mit einem gut kalkulierten Angebot zu überzeugen. „Da muss man die Extrameile gehen!“, so Tropper.

„Aufgeben ist keine Option!“, ist das Motto von Elektrotechniker Stefan Prader aus Unterbergla bei den EuroSkills. „Die Stimmung ist gut, aber man spürt den Nervenkitzel!“, verrät sein Trainer Thomas Benkö.

Und der Nervenkitzel wird sich nicht nur am letzten Wettbewerbstag halten, bis die letzten Werkzeuge weggelegt und Computer heruntergefahren werden, sondern wohl so lange, bis am Sonntag die Medaillen vergeben werden – und wohl so manche Teilnehmende zu Champions werden.