Elke Kahr
APA/ERWIN SCHERIAU
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Graz-Wahl

„Mehr als überraschend“

Die Graz-Wahl hat einen Erdrutsch gebracht: Mit großen Gewinnen übernimmt die KPÖ Platz eins von der Bürgermeisterpartei ÖVP, die viel verliert. Die Reaktionen der Spitzenkandidaten fielen dem Ergebnis entsprechend sehr unterschiedlich aus.

223.512 Grazerinnen und Grazer waren am Sonntag dazu aufgerufen, einen neuen Gemeinderat zu wählen – und das Ergebnis ist überraschend: Die KPÖ überholt die ÖVP und übernimmt Platz eins – mehr dazu in Erdrutsch in Graz: KPÖ auf Platz eins.

Nagl: "Ziehe meine schützende Hand zurück“

Noch am Wahlabend erklärte Nagl in der ORF-TV-Sondersendung seinen Rücktritt: „Im Leben kommt es oft anders als gedacht – das ist so ein Moment. Der ist schmerzhaft und bringt einen schwer durcheinander. So schmerzhaft es für mich, uns, meine Volkspartei ist, so weiß ich nicht, ob es eine gute Fügung für mich war. Ich werde künftig nicht mehr Hauptverantwortung tragen, ich werde meine schützende Hand zurückziehen. Ich werde nicht mehr als Bürgermeister zur Verfügung stehen, ich werde meine Zeit meiner Familie schenken. Ich bin stolz, dass ich der längst gediente Bürgermeister dieser Stadt war.“ Als seinen Nachfolger in der Grazer Volkspartei nannte Nagl Kurt Hohensinner – mehr dazu in Bürgermeister Nagl tritt zurück.

Bürgermeister Nagl tritt zurück

Nach der Wahlschlappe bei der Grazer Gemeinderatswahl hat Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) in der ORF-TV-Sondersendung am Sonntag seinen Rücktritt angekündigt.

Kahr: „Mehr als überraschend“

KPÖ-Wahlsiegerin Elke Kahr war freudig-zurückhaltend: „Das ist für uns ein Riesenerfolg und mehr als erfreulich, ich habe mir das in dem Ausmaß nicht erwartet. Allen, die uns vertraut haben, tausend Dank, auch an alle Spitzenkandidaten, der Wahlkampf war trotz allem ein sehr fairer. Ich wünsche uns gute Gespräche, ich werde sehr sorgsam und umsichtig mit dem Ergebnis umgehen, damit Soziales in der Stadt nicht untergeht – für ein Graz, in dem jeder Platz haben muss.“ Kahr könnte nun die erste kommunistische Bürgermeisterin von Graz werden – mehr dazu in Grazer Bürgermeisterin-Sessel für Kahr möglich.

Diskussion mit Spitzenkandidaten

Die Spitzenkandidaten jener Parteien, die bisher im Stadtsenat waren, diskutieren mit Franz Neger (ORF) die Ergebnisse der Wahl.

Eustacchio: „Es wird eine Katastrophe“

FPÖ-Chef Mario Eustacchio, dessen Partei ein Minus einstecken musste, zeigte sich als verkniffener Verlierer: „Der Wähler hat immer recht, aber ich bin mir da nicht mehr ganz sicher.“ Er wollte am Sonntagabend noch abwarten, wie die Auszählung der Briefwahlkarten ausgehe.

„Es wird Sie nicht überraschen, dass ich mit meinem und dem Gesamtergebnis nicht zufrieden bin. Was ich gesagt habe, ist eingetreten, es gibt in Graz einen Linksruck. Damit machen wir uns zum Gelächter von Europa und der Welt.“ Die FPÖ werde in Opposition sein, ganz egal wie die Verhandlungen liefen. „Wir werden eine scharfe Opposition sein, bei den Dingen, die uns da drohen. In fünf Jahren wird es ganz anders aussehen, es wird eine Katastrophe, das kann ich jetzt schon sagen“, meinte ein deutlich ungehaltener Eustacchio – Kahr schüttelte dabei den Kopf. Wenn man die Arbeit der KPÖ ansehe, dann sei das eine klare Nullleistung gewesen: „Geld verteilen und sich dafür Stimmen kaufen“, legte der Freiheitliche noch eins drauf.

Ehmann: „Vorsichtig optimistisch“

SPÖ-Spitzenmann Michael Ehmann will den Montag abwarten, die Auszählung der Wahlkarten könnte seiner Partei, die sich ganz gut hielt, noch etwas bringen. „Ich erinnere, auf uns entfielen in manchen Umfragen nur sieben bis acht Prozent, wir sind nicht abgestürzt.“ Er sei „vage und vorsichtig optimistisch, dass man in den Stadtsenat einziehen könnte. Das wird der Montag zeigen.“ Grundsätzlich habe Fairness im Wahlkampf geherrscht.

Schwentner: „Ein wunderschöner Tag“

Grünen-Spitzenkandidatin Judith Schwentner war hörbar überglücklich: „Ich freue mich ganz außerordentlich, das ist ein wunderschöner Tag für ein Grünes Graz und den Klimaschutz, es kommt eine Klimaschutzkoalition in den nächsten Jahren.“

Diskussion mit Spitzenkandidaten

Die Spitzenkandidaten von SPÖ und NEOS sind zu einer ersten Stellungsnahme im Studio bei Franz Neger (ORF).

Pointner: „Konstruktiv mitarbeiten“

NEOS-Spitzenmann Philip Pointner gratulierte als einziger namentlich Kahr und Schwentner. „Wir als NEOS haben wieder Zuhörer gefunden. Wir sind gewachsen, und dadurch haben wir mehr Einfluss in der politischen Landschaft in Graz. Jetzt können wir konstruktiv mitarbeiten, damit Graz eine Perspektive hat, einen neuen Blickwinkel. Das ist der Erfolg, den ich wahrnehme. Wir stehen zu unseren frischen Ideen.“