Siegfried Nagl und Kurt Hohensinner
APA/GEORG HOCHMUTH
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Graz-Wahl

ÖVP: Nagl übergibt an Hohensinner

Der Grazer ÖVP-Parteivorstand hat am Montagabend nach dem Debakel bei der Gemeinderatswahl die offizielle Staffelübergabe von Langzeit-Bürgermeister Siegfried Nagl an seinen Nachfolger Kurt Hohensinner vollzogen.

Über 18 Jahre lang war Siegfried Nagl (ÖVP) Bürgermeister von Graz – nach der Wahlschlappe bei der Gemeinderatswahl am Sonntag nahm er seinen Hut. Damit geht eine Ära zu Ende – mehr dazu in Nagl-Rücktritt: Eine Ära geht zu Ende. Bei einer Sitzung des ÖVP-Parteivorstandes am Montag wurde nun einstimmig Kurt Hohensinner als Nagl-Nachfolger bestimmt.

„Wir werden uns nicht wegducken“

„Es gibt nichts zu beschönigen. Es ist für die Grazer Volkspartei ein schmerzvoller Tag. Wir haben sehr viele Wählerinnen und Wähler verloren. Die gilt es wieder zurückzugewinnen“, so der neue Grazer ÖVP-Chef. Er wolle allen Fraktionen, die Zugewinne verzeichnen konnten, gratulieren, und er dankte den rund 30.000 ÖVP-Wählern – mehr dazu in KPÖ gewann von fast allen.

Bei seinem Vorgänger Nagl bedankte sich Hohensinner – gefolgt von langem Applaus seiner Parteikolleginnen und -kollegen: „Es freut mich, dass Nagl mich als Nachfolger vorgeschlagen hat, und ich bedanke mich beim Stadtparteivorstand für die volle Unterstützung. Ich kann jetzt schon sagen, dass wir uns sicher nicht wegducken werden. Wir haben nach wie vor viele Wähler hinter uns, und die ÖVP zeichnet sich dadurch aus, dass wir Verantwortung übernehmen. Aber Elke Kahr hat nun erstmalig Gesamtverantwortung zu übernehmen. Ich fordere von ihr ein, eine stabile Koalition auf die Beine zu stellen. Gerade in Zeiten wie diesen können wir uns nicht leisten, dass das freie Spiel der Kräfte Schwierigkeiten mit sich bringt.“

Hohensinner wird Nagls Nachfolger

Siegfried Nagl (ÖVP) ist nach dem für die ÖVP erschütternden Ergebnis der Gemeinderatswahl zurückgetreten. Die ÖVP hat 12,5 Prozent verloren. Sein Nachfolger als Chef der Grazer ÖVP könnte der Bildungs- und Sportstadtrat Kurt Hohensinner sein.

„Kantige, konstruktive Opposition“

Zunächst gelte es aber die Wahl zu analysieren, „welche nicht gesetzten Themen dazu geführt haben, dass wir eine Niederlage einstecken mussten“, so Hohensinner. Die Gesprächsbasis mit den anderen Fraktionen ist laut dem neuen ÖVP-Obmann mit allen eine gute. Zu sachlichen Gesprächen mit der KPÖ stehe er auch, „aber inhaltlich und ideologisch trennen uns Welten“, daher werde es mit der KPÖ wohl keine Koalition geben. Sollte Wahlsiegerin Elke Kahr (KPÖ) eine links-linke Koalition auf die Beine stellen, und davon gehe er aus, will die ÖVP eine „kantige, konstruktive Opposition sein“.

Mit zwei Stadträten

Anzumerken ist allerdings, dass im Stadtsenat das Proporz-System gilt: Die Volkspartei wird daher zwei der sieben Sitze im Stadtsenat bekommen – mehr dazu in Wahlkarten ändern nichts: KPÖ auf Platz eins. Welche Ressorts das sind, wird erst nach den Koalitionsverhandlungen klar sein: „Am liebsten würde ich gar keinen Bereich hergeben“, meinte Hohensinner, der zuletzt für Bildung, Sport, Jugend und Soziales zuständig war. Den zweiten ÖVP-Sitz könnte wieder der bisherige Kultur- und Finanzstadtrat Günter Riegler erhalten, sofern die zugeteilten Bereiche ihm zusagen, so Hohensinner.

Kurt Hohensinner
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Kurz Hohensinner

„Erst einmal Hausaufgaben machen“

Kurt Hohensinner ist seit Jahren treuer Weggefährte von Siegfried Nagl und nun die Zukunftshoffnung in der Grazer Volkspartei. Als Stadtrat war er schon bisher im medialen Rampenlicht und versuchte sich, dabei möglichst smart und engagiert zu zeigen – kurzum: ein jüngerer Nagl. Persönlich ist der Schritt in die erste Reihe für Hohensinner aber ein großer: „Ich bedanke mich bei meiner Frau, dass sie mich unterstützt, denn das ist ganz wichtig: Wenn die Frau das nicht unterstützt, wird man in dieser Funktion zerrieben.“ Er habe daher am Sonntag Noch-Bürgermeister Nagl zwar „ganz schnell“ eine Rückmeldung gegeben, davor führte Hohensinner aber auch noch ein Gespräch mit Frau Andrea.

Auf die Frage, ob er persönlich gezögert habe, die Aufgabe zu übernehmen, meinte er: „Ich bin jetzt schon längere Zeit in der Partei und für mich war es wichtig, auch in dieser schlechteren Zeit für die Partei da zu sein. Als Grundvoraussetzung habe ich immer gesagt, wenn ich die volle Unterstützung habe, mache ich das. Wenn es Zweifel gegeben hätte, hätte ich es nicht gemacht.“

Dass er selbst einmal Bürgermeister werden möchte, schloss der neue Mann an der Spitze der Grazer ÖVP nicht aus: „Wir müssen aber zuerst einmal unsere Hausaufgaben machen und uns das Vertrauen der Menschen in der Stärke wie nach der letzten Wahl zurückgewinnen. Dann kann man solche Pläne wieder schmieden.“

Früher Start in die Politik

Kurt Hohensinner wurde am 16. Mai 1978 in Graz geboren und hat zunächst eine Ausbildung zum diplomierten Pädagogen für Menschen mit Behinderung absolviert – zwischen 2000 bis 2007 arbeitete er auch in diesem Bereich.

Schon früh nahm er seine politische Laufbahn in Angriff: Nachdem er schon als Schüler Stadtobmann der ÖVP-nahen Grazer Schülerunion war, stieg er zum Landesobmann auf und wurde 2005 dann Obmann der Grazer JVP. Bei Nagls erstem Wahltriumph 2003 zog er als Gemeinderat in das Grazer Stadtparlament ein.

Nagl war es auch, der ihn seither förderte: So wurde Hohensinner auch zum Klubobmann der Grazer Volkspartei, bis er 2014 erstmals als Stadtrat in Regierungsverantwortung kam. Bis 2017 war er für Bildung, Integration und Sport zuständig, nach der Wahl 2017 erhielt er auch noch das Sozialressort, Jugend und Familie dazu – spätestens mit diesen umfassenden Agenden war klar, dass Nagl ihn als Nachfolger aufbaut.

Sportlich und agil

An der Seite des Bürgermeisters erledigte Hohensinner seine Aufgaben, ohne dabei mit negativen Schlagzeilen oder Ausrutschern aufzufallen oder dem Bürgermeister medial Konkurrenz gemacht zu haben. Immer wieder versuchte er auch mit seinen Hobbys zu glänzen: Hohensinner ist begeisterter Läufer, fährt oft mit dem Rad und schwimmt gerne. Bei vielen Grazer Läufen – vom Silvesterlauf bis hin zum Marathon oder Triathlon in der Staffel – zeigte sich der künftige Grazer ÖVP-Chef sportlich und agil – ähnlich wie Nagl vor knapp zwei Jahrzehnten.

„Ein absoluter Familienmensch“

Privat ist Hohensinner seit 2013 verheiratet und hat zwei Kinder. Er gilt laut langjährigen Freunden als sehr sozialer Mensch: „Wenn man etwas von ihm braucht, dann ist er immer da und hilft.“ Er soll privat zuvorkommend und stets freundlich sein – ein „absoluter Familienmensch“.