Politik

Politologe zweifelt an Neustart der Regierung

Korruptionsvorwürfe gegen den Ex-Kanzler, umstrittene Auftritte des neuen Kanzlers und Bruchlinien in der Koalition: Der Politologe und gebürtige Steirer Thomas Hofer sieht unüberwindbare Gräben und glaubt daher nur bedingt an einen „Neustart“ der Bundesregierung.

Die Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag machte deutlich, dass die Situation zwischen den beiden Regierungspartnern ÖVP und den Grünen nach den schweren Korruptionsvorwürfen gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) weiter angespannt ist. Dafür sorgte unter anderem der neue Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), indem er bekräftigte, den Kurs seines Vorgängers und nunmehrigen ÖVP-Parteichefs halten zu wollen – mehr dazu in Schallenberg will Kurz-Kurs halten (news.ORF.at).

Neuer Kanzler braucht „eigenes Profil“

Die Haltbarkeit von Kanzler Alexander Schallenberg könnte damit ein baldiges Ablaufdatum haben, ist der in Judenburg geborene Politologe Thomas Hofer überzeugt. Was er brauche, sei ein eigenes Profil: „Das gelingt so natürlich nicht, also dieses Diktum des ‚Schattenkanzlers Kurz‘ und der ‚Marionette Schallenberg‘ gefährdet er mit solchen Aussagen natürlich schon auch.“

Umgang mit Justizakten „nicht Kanzler-like“

Noch eine weitere Szene aus dem Nationalrat am Dienstag lässt tief blicken. Als nämlich NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger die 104 starke Arnordnung der ÖVP-Hausdurchsuchung an Schallenberg übergab, warf dieser die Akten mitten im Parlament auf den Boden.

Empörung über Szene im Nationalrat

Kanzler Alexander Schallenberg und sein umstrittener Umgang mit Justizakten.

Schallenberg selbst entschuldigte sich kurz darauf zwar in den sozialen Medien dafür – mehr dazu in Schallenberg entschuldigt sich für das „Weglegen“ von Akten – (news.ORF.at) – ein solcher Umgang mit Justizakten sei eines Kanzlers aber dennoch nicht würdig, sagt Hofer: „Das ist natürlich eine Geste gewesen die heftig für Wellen sorgt, das ist nicht unbedingt Kanzler-like. Diese doch eher despektierliche Geste wirkt da gleich zu Beginn seiner Amtszeit stilbildend und insofern glaube ich auch hier, dass der Umgang sehr rasch aus meiner Sicht ein souveränerer werden muss. Denn die Causa wegwischen, das geht nicht, man muss sich der Symbolik solcher abschätzigen Gesten dann auch bewusst sein.“

Elefanten im „türkis-grünen Porzellanladen“

Hofer zweifelt daher an einem echten Neustart der Bundesregierung. Zwar könnten die personellen Veränderungen innerhalb der ÖVP durchaus als solcher gewertet werden, nicht aber, „was die Bruchlinien angeht die da in der Koalition weiter verlaufen. Sie dürfen nicht vergessen, dass da ganz, ganz viel zerbrochen ist, da kann man nicht von Neustart reden, da sind ein paar Elefanten – und das waren keine Babyelefanten – durch den türkis-grünen Porzellanladen marschiert.“

Regierungsgebilde „fragil“

Das ganze türkis-grüne Regierungsgebilde hält der Experte Thomas Hofer für wörtlich sehr fragil, deshalb gebe es eine große Wahrscheinlichkeit in Richtung baldiger Neuwahlen, sagt Hofer. Innerhalb der ÖVP stelle sich damit aber immer dringender die Frage: „Wer soll denn tatsächlich die ÖVP – und das hat auch der steirische Landeshauptmann (Anm. Hermann Schützenhöfer) angetönt – in eine nächste Wahl führen?“, so Hofer, der auf diese Frage allerdings auch keine Antwort geben kann.