Grazer Rathaus, Hauptplatz
ORF.at/Roland Winkler
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Politik

Graz: KPÖ will Dunkelrot-Grün-Rot

Die Grazer Gemeinderatswahl hat überraschend der KPÖ Platz eins gebracht – und geht es nach dem Willen der Kommunisten, soll die steirische Landeshauptstadt künftig von einer Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ regiert werden.

„Wir haben in den Gesprächen immer gesagt, dass es nicht verwunderlich ist, dass wir die größten Überschneidungen und Schnittmengen mit der grünen Partei und Stadträtin Judith Schwentner und mit der Sozialdemokratischen Partei und Klubobmann Michael Ehmann sehen. Dienstagabend haben wir bei uns intern in der Partei noch eine Leitungssitzung gehabt, die uns dann ganz konkret den Auftrag gegeben hat, in vertiefende Sondierungsgespräche mit den Grünen und der SPÖ zu gehen. Warum wir uns so entschieden haben? Weil wir genau bei diesen Fragen, unter anderem dass wir eine neue Kultur pflegen möchten, mit diesen Parteien am meisten Übereinstimmung gefunden haben, und das ist für uns ganz wichtig und entscheidend gewesen“, so die Grazer KPÖ-Chefin Elke Kahr am Mittwoch.

Judith Schwentner (Grüne Graz), Elke Kahr (KPÖ) und Michael Ehmann (SPÖ Graz)
APA/ERWIN SCHERIAU
Judith Schwentner (Grüne Graz), Elke Kahr (KPÖ) und Michael Ehmann (SPÖ Graz)

Auch Ehmann ließ das Vorhaben absegnen: „Ich habe mit Anton Lang in der Früh gesprochen. Er ist eingebunden“, versicherte der Grazer SPÖ-Chef die Zustimmung seines Landesparteivorsitzenden. Bei den Grünen habe es auch „kein Veto“ gegeben, so Schwentner.

Die Sozialdemokraten werden mit ihren vier Mandaten der KPÖ und den Grünen zu einer mit 28 Sitzen abgesicherten Mehrheit im 48-köpfigen Gemeinderat verhelfen, aber in der nach Proporz geregelten Stadtregierung wird Ehmann nicht vertreten sein – dafür reichten die Stimmen des Wahlabends nicht. Im siebenköpfigen Senat haben allerdings die KPÖ und die Grünen mit gemeinsam vier Sitzen eine Mehrheit.

„Verantwortung wahrnehmen“

Für Ehmann gehe es darum, „Verantwortung für Graz wahrzunehmen“. An seiner Ansage, sich als SPÖ-Klubchef zurückzuziehen, wenn er den Einzug in den Senat nicht schafft, hält er fest – allerdings werde das geordnet erfolgen, und „der nächste ordentliche Stadtparteitag ist im November 2023“.

„Gespräche auf Augenhöhe“

Schwentner zufolge werden die Schwerpunkte der angestrebten Koalition auf eine Stärkung von Sozialem und Klimaschutz abzielen – die Grüne will jedenfalls eine „verbindliche Koalition“. Die kommenden zehn Tage sollen zeigen, ob man sich auch in den vertiefenden Gesprächen weiter einigt. Für Ehmann sind die Gespräche „ergebnisoffen“, doch die Stimmung in der Dreierrunde war bei dem Pressegespräch am Mittwoch ausgesprochen gut, und die Wortmeldungen deuteten auf Ausgewogenheit hin: „Die Gespräche sind auf Augenhöhe“, unterstrich Schwentner.

Graz: Erste Koalitionsgespräche gestartet

Die Grazer Gemeinderatswahl hat überraschend der KPÖ Platz eins gebracht. Zweieinhalb Wochen nach der Grazer Gemeinderatswahl ist eine Vorentscheidung gefallen. Alles deutet auf eine dunkelrot-grün-rote Regierungskoalition hin.

Die Zeichen deuten nun also auf Kahr als Bürgermeisterin und Schwentner als Vizebürgermeisterin hin, obwohl die KPÖ-Chefin vor der Wahl stets gemeint hatte, dass der zweitstärksten Partei das Vizebürgermeisteramt zustehe. Das gelte zwar noch immer, sagte sie auf Nachfrage, aber ein entsprechender Wunsch sei bei ÖVP-Chef Kurt Hohensinner in den Gesprächen „nicht erkennbar gewesen“. Daher sei es nun gut, wie es nun sei, so Kahr: Sie würde sich freuen, wenn Schwentner Vizebürgermeisterin wird.

Bisherige Regierungsparteien in Opposition

Damit steht aber auch fest, dass die bisherige Bürgermeister-Partei ÖVP in Opposition geht. Hohensinner hatte der KPÖ noch letzte Woche einen Katalog mit 30 Fragen übermittelt – am Dienstag lieferten die Kommunisten die Antworten und sprachen dabei von einem „unüblichen Schritt“ des Wahlverlierers – mehr dazu in 30 ÖVP-Fragen an KPÖ (7.10.2021) und in Nach Graz-Wahl: Sondierungsrunde im Finale.

Die Grazer ÖVP sei für Kahr trotz der Turbulenzen in Wien noch eine vertrauenswürdige Partei: „Die Stadtpolitik hat die Arbeit in ihren Bereichen gut gemacht“, so die Kommunistin, darum will man auch keine Partei im Stadtsenat beschneiden, das zähle auch zur angestrebten neuen Kultur, daher seien auch Bereichsübereinkünfte mit der ÖVP nicht ausgeschlossen. Kahr zufolge sollen auch alle Parteien im Senat Posten in den Aufsichtsgremien der stadteigenen Unternehmen erhalten.

Hohensinner „erstaunt“

ÖVP-Chef Kurt Hohensinner zeigte sich nach der Pressekonferenz überrascht: „Wir sind erstaunt, dass wir am Dienstag noch drei Stunden mit der KPÖ verhandelt und einen vertiefenden Folgetermin vereinbart haben, und nun die Ankündigung über konkrete Verhandlungen einer (dunkel-, Anm.)rot-rot-grünen Koalition aus den Medien erfahren müssen. Wir nehmen aber die Entscheidung zur Kenntnis, dass nun versucht wird, eine Koalition weit links der Mitte zu bilden.“

Eustacchio: „Inländerfeindlichkeit und Verbotspolitik“

Ebenso in der Oppositionsrolle findet sich künftig auch der bisherige Koalitionspartner der Volkspartei, die FPÖ, wieder, die bisher den Vizebürgermeister gestellt hatte. Eben jener, FPÖ-Obmann Mario Eustacchio, der seine Oppositionsarbeit noch am Wahlabend begonnen hatte, kommentierte die dunkelrot-grün-roten Pläne mit den Worten: „Erste inhaltliche Ankündigungen zeigen, wohin die Reise geht: Inländerfeindlichkeit und eine grüne Verbotspolitik werden unserer Heimatstadt schweren Schaden zufügen.“

„Freundlicher, sozialer, ökologischer“

Um bis zur konstituierenden Sitzung des Gemeinderats am 17. November eine stabile Koalition auszuverhandeln, müssen sich Kahr, Schwentner und Ehmann aber sputen. Der Tenor der drei Parteien lautet: Graz muss freundlicher, sozialer und ökologischer werden.

Für ein reguläres Budget, das eigentlich im Dezember im Gemeinderat abgesegnet werden soll, wird die Zeit aber wohl nicht mehr reichen: „Das ist schwer vorstellbar“, so Kahr. Man müsse erst einmal einen Kassensturz machen, unterstrich Ehmann, außerdem würde ein enges Zeitkorsett auch die Finanzdirektion in Bedrängnis bringen. Vieles deutet daher auf ein Budget-Provisorium hin.