Landesgericht Graz
ORF.at/Roland Winkler
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Gericht

Betrug im Bordell: Gäste abgezockt?

Ein ehemaliger Bordellbesitzer, eine Kellnerin und zwei weitere Männer sind am Mittwoch in Graz wegen schweren Betrugs vor Gericht gestanden: Sie sollen einem Gast zu hohe Preise verrechnet haben – es geht dabei um eine Summe von über 800.000 Euro.

Laut Anklage sollen die vier einem Gast im Animierlokal weit überhöhte Preise verrechnet haben und dann zur Absicherung einen Eintrag in Grundbücher von Liegenschaften verlangt haben. Die Beschuldigten streiten das ab, es habe sich um Darlehen „unter Freunden“ gehandelt – es war „fast eine Puff-Familie“, meinte ein Verteidiger.

Auf Immobilien gesetzt

Die Geschichte ist sehr kompliziert und wird von Anklage und Verteidigung kontrovers dargestellt. Die Staatsanwältin ist der Überzeugung, dass der Bordellbesitzer und seine mutmaßlichen Komplizen auf die Häuser eines Landwirts, der Stammgast war, ein Auge geworfen hatten – also erlaubten sie ihm, im Lokal anschreiben zu lassen. Plötzlich standen auf der Rechnung 870.000 Euro. Konsumationen in dieser Höhe könne er nie und nimmer ausgegeben haben, ist der Gast überzeugt.

Eine Kellnerin und ein ehemaliger Kellner, die beide ebenfalls auf der Anklagebank sitzen, sollen mitgespielt haben. Das Opfer unterschrieb seine angeblichen Konsumationen auch, aber das reichte dem Bordellchef nicht: Er wollte „zur Absicherung“ ins Grundbuch dreier Liegenschaften gehen – der Mann willigte ein.

Auch Gesellschaft Teil des Deals

Schließlich verkaufte der Lokalchef dem Gast auch noch die Gesellschaft, die das Bordell betrieb, aber keineswegs das Haus und das Grundstück, wie der gutgläubige Landwirt annahm. Für eine GmbH im Wert von 29.000 Euro musste der Käufer 800.000 Euro zahlen – in Form eines Pfandrechts, das wieder im Grundbuch eingetragen wurde. Bei einem zweiten Gast soll etwas Ähnliches gelaufen sein, auch bei ihm ging der Bordellbesitzer ins Grundbuch, die Wohnung des mittlerweile Verstorbenen bekam schließlich der vierte Angeklagte.

Großteils Schuld von sich gewiesen

Die Beschuldigten leugneten diese Taten großteils – das sei alles nur vom Landwirt erfunden: Er soll sich vom Bordellbesitzer Geld geborgt haben, das dieser seinerseits vom Viertangeklagten holte. „Sie werden sehen, die Grenzen verschwimmen, wer Freund und wer Feind ist“, bemerkte einer der Verteidiger sehr treffend in Richtung Schöffen. Die Konsumationsschulden habe es nie gegeben, das seien alles Darlehen gewesen.

Heftig kritisiert wurden seitens der Verteidigung die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des Sachverständigen, den alle vier Anwälte ablehnten. „Schauen Sie sich das genau an, so kann man in die Fänge der Justiz geraten. Was da geschehen ist, weiß ich nicht“, meinte eine Verteidigerin.

Der Bordellbesitzer ist jedenfalls seit 2018 wegen dieser Geschichte arbeitsunfähig: „Ich bin mit den Nerven ziemlich fertig“, schilderte er. Die Richterin will nun in weiteren Verhandlungstagen dem wahren Sachverhalt auf die Spur kommen, ein Urteil wird für Ende November erwartet.