Führerschein Sujet
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Chronik

Prüflinge manipulierten Führerscheinprüfung

Zahlreiche Personen stehen im Verdacht, mit Hilfe von professioneller Spionageausrüstung theoretische Führerscheinprüfungen manipuliert zu haben. Mittlerweile gibt es laut Polizei 68 Verdachtsfälle und 90 Beschuldigte.

Die Führerscheinprüflinge sollen – ausgestattet mit Minikameras, versteckt in kleinen Hemdknöpfen, Mobiltelefonen zur Bildübertragung, mobilen WLAN-Routern, Power Banks sowie zwei Millimeter großen Kopfhörern im Ohr, die teils verkabelt, teils mit Klebebändern am Körper oder der Innenseite der Bekleidung der Prüflinge befestigt waren – die theoretische Führerscheinprüfung absolviert haben, teilte die Landespolizeidirektion Steiermark in einer Aussendung mit.

Lösungen in Echtzeit eingesagt

Ein Jahr lang wurde auf diese Art und Weise in Graz bei Führerscheinprüfungen geschummelt, erklärte Heimo Kohlbacher von der Landespolizeidirektion Steiermark: „Diese Kameras haben dann am Prüfungsmonitor diese Fragen abgefilmt oder fotografiert. Das Datenmaterial ist dann wiederum an zwei Personen übermittelt worden, die sich meistens in Wohnungen aufgehalten haben. Diese haben dann die Prüfungsfragen für die Prüflinge beantwortet bzw. insofern richtig weitergegeben, dass die Führerscheinprüflinge vor Ort nur noch die richtige Antwort ankreuzen mussten.“

Fotostrecke mit 3 Bildern

Miniatur-Ohrhörer im Größenvergleich zu Schreibstift
LPD Steiermark
Miniaturkopfhörer im Größenvergleich zu Schreibstift
Miniatur-Kamera an einem T-Shirt (Pfeil)
LPD Steiermark
Miniaturkamera an einem T-Shirt (Pfeil)
Sichergestelltes IT-Equipment bei manipulierten Führerscheinprüfungen in Graz
LPD Steiermark
Sichergestelltes IT-Equipment, das teilweise mit Klebeband direkt am Köper befestigt war

Manipulation durch Hinweise aufgeflogen

Aufgeflogen seien die manipulierten Prüfungen einerseits durch anonyme Hinweise, „aber auch von Hinweisen aus der Prüfungskommission, dass hier gewisse Führerscheinanwärter bzw. Prüflinge annähernd 100 Prozent richtige Prüfungsergebnisse erzielt haben, jedoch kaum der deutschen Sprache mächtig waren“, so Kohlbacher.

Neben den Verdachtsfällen und Beschuldigten gab es laut Polizei bereits auch erste Verurteilungen – es werde aber im Rahmen der „Operation Focus“ weiter ermittelt, sagte Kohlbacher: „Wir können schon erwähnen, dass einer der Hauptverdächtigen ein 34 Jahre alter Syrer ist, dieser soll in Wien wohnhaft sein, er befindet sich auch wegen anderer strafbarer Handlungen in Haft.“

„Einsager“ kassierten bis zu 2.000 Euro pro Prüfung

Mehrere Personen stehen im Verdacht, in zahlreichen Fällen die richtigen Antworten eingesagt zu haben, in der Wohnung eines Grazer Paares wurde etwa umfangreiche IT-Ausrüstung sichergestellt. Die Verdächtigen, die die technische Ausrüstung den Führerscheinprüflingen zur Verfügung stellten bzw. die richtigen Antworten einsagten, kassierten dafür pro Fall bis zu 2.000 Euro von den Führerscheinanwärtern. Den Prüflingen wurden bzw. werden die positiven Prüfungsergebnisse aberkannt, und auch die Lenkerberechtigung wurde bzw. wird ihnen entzogen.