„In meinem Lebensbuch gibt es noch viele Kapitel, so Gott will, aber das größte und schönste war es, für unsere Stadt zu arbeiten“, meinte Nagl. Er blicke gerne zurück, er sei gerne in die Politik gegangen, als Sprecher der Grazer Kaufleute, weil er sich gedacht habe, dass man viel machen könne. „Nicht nur ins Rathaus pilgern und Ideen vorstellen, sondern selbst anpacken“, beschrieb es Nagl. 2003, als er Bürgermeister wurde, sei es gleich das forderndste Jahr gewesen: „Im Jänner noch Wahlkampf, dann das EU-Kulturhauptstadtjahr, Budgeterstellung“, erinnerte sich Nagl.
„Fünf Mal angetreten – nur einmal knapp Zweiter“
Es sei ihm jedenfalls eine Ehre und eine Auszeichnung gewesen, einer von rund 300.000 Grazer Bürgern gewesen zu sein, der die Stadt ins 21. Jahrhundert begleiten durfte: „Es war schön, so lange von den Grazern Zeit bekommen zu haben. Ich bin fünf Mal angetreten, um einen Sportvergleich zu bemühen, und nur einmal knapp Zweiter geworden“, sprach Nagl die Wahlniederlage von 26. September an, als die KPÖ die ÖVP überholte.
Stolz auf Ausbau
Graz habe sich in seiner Zeit als Bürgermeister massiv verändert – als Beispiele nannte Nagl die Offensive beim Ausbau von Kindergärten, Schulen, Fachhochschulen und Universitäten oder den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel mit der Verlängerung des Straßenbahnnetzes bis in den neuen Stadtteil Reininghaus.
Dass ihm der Weiterbau an dieser Stadt als Bürgermeister nicht mehr möglich sei, müsse er akzeptieren, auch wenn der Abschied aus dem Rathaus schwer falle, so Nagl: „Ich bin 24 Jahre fast jeden Morgen ins Rathaus gegangen, und es gibt im Moment noch nichts, was ich lieber tun würde als das, was ich 24 Jahre lang getan habe.“
„Es braucht Persönlichkeiten“
Mit den politischen Mitbewerbern gab sich Nagl am Montag versöhnlich: Er wünsche dem neuen ÖVP-Team alles Gute, aber nun seien andere dran. „Ihnen wünsche ich alles Gute, dass sie im Stadtsenat und im Gemeinderat und auf Bezirksebene eine gute Hand haben und miteinander im Gespräch bleiben. Und den Mut haben, etwas zu entscheiden, das nicht sofort Applaus bringt.“ Zum Glück gebe es in Graz ein anderes Klima als im Bund, aber dennoch habe er Sorge, dass sich nicht mehr viele Menschen den Weg in die Politik antun würden. „Es braucht aber Persönlichkeiten, die sich das antun.“
Nagl zieht Abschlussbilanz
Bis kommenden Mittwoch ist Siegfried Nagl noch Grazer Bürgermeister. Am Montag hat er ein letztes Mal Bilanz gezogen.
Seiner wahrscheinlichen Nachfolgerin Elke Kahr gab er am Montag einen Ratschlag mit: „Die wesentlichste Aufgabe eines Bürgermeisters ist es vielleicht auch, die Stadt in der Gesamtheit zu sehen. Nicht nur ein Ressort, für das du besonders brennst, sondern die Aufgabe des Bürgermeisters ist es letzten Endes, für die ganze Stadt da zu sein, für alle Menschen und niemanden auszuschließen. Im Heute niemanden zu übersehen, das Morgen zu gestalten und das Übermorgen schon im Blick zu haben.“

Persönlich werde er nun einige Zeit brauchen, er fühle sich nun wieder wie mit 34, sagte der 59-Jährige, ihm stünden nun wieder einige Wege offen. „Was bleibt von einem selbst, das muss ich herausfinden, auch was in mir brennt.“ Noch wisse er nicht, wohin ihn sein Weg führen wird, daher werde er die nächsten Wochen und Monate nutzen, um in sich zu gehen und über seine berufliche Zukunft nachzudenken.