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Politik

UVP „auf Bestellung“: Staatsanwalt ermittelt

Es geht um Amtsmissbrauch und Bestechung: Zwei Spitzenbeamte des Landes sollen in den letzten Jahren die Verfahren zur Umweltverträglichkkeitsprüfung (UVP) nahezu aller großen Bauprojekte unrechtmäßig genehmigt haben. Der Staatsanwalt ermittelt.

Laut einem mittlerweile bestätigten Bericht der „Kronen Zeitung“ haben die Fahnder der Staatsanwaltschaft Graz und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorrangig zwei Beamte im Visier: die Abteilungsleiterin und den für die Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) zuständigen Referenten in der Landesabteilung für Umwelt und Raumordnung.

„UVP-Tourismus“

Laut den Vorwürfen sollen Bescheide in UVP-Verfahren teils von den projektwerbenden Parteien beziehungsweise deren Anwälten oder Planern verfasst worden sein – und nicht wie vom Gesetz vorgesehen von der zur Unabhängigkeit verpflichteten Behörde. Die fertigen, zugunsten des Projektwerbers ausgelegten Papiere sollen lediglich zur Unterschrift in die Amtsstube vorbeigebracht worden sein. Es soll sogar einen „UVP-Tourismus“ gegeben haben – für Projektanträge soll es eine nahezu 100-prozentige Erfolgsgarantie gegeben haben.

Alle Großprojekte passierten die UVP

Tatsächlich gab es in den letzten Jahren in der Steiermark kein einziges Großprojekt, das die UVP nicht passiert hätte – ein österreichweites Novum: In keinem anderen Bundesland findet man eine solche Quote. Positive UVP-Bescheide gab es unter anderem für die Windparkanlagen Handalm, Pretul-Stuhleck und Stubalpe und für das geplante – und umstrittene – Pumpspeicherkraftwerk auf der Koralm. Ob diese und andere Projekte rechtens genehmigt wurden, wird Ziel der Ermittlungen sein.

UVP „auf Bestellung“: Staatsanwalt ermittelt

Es geht um Amtsmissbrauch und Bestechung im großen Stil: Zwei Spitzenbeamte des Landes sollen in den letzten Jahren die Verfahren zur Umweltverträglichkkeitsprüfung (UVP) nahezu aller großen Bauprojekte unrechtmäßig genehmigt haben. Der Staatsanwalt ermittelt.

Strafrechtlich wiegen die Vorwürfe jedenfalls schwer: Wie Arnulf Rumpold, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, bestätigte, wird gegen die beiden Beamten der Abteilung 13 wegen Amtsmissbrauchs, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt.

Lackner: „Schwerwiegende Vorwürfe“

Die politisch Verantwortliche für die UVP-Behörde ist Umweltlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ). Sie spricht von schwerwiegenden Vorwürfen, die so rasch wie möglich aufgeklärt werden sollen. Das Land werde die Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung unterstützen, damit das Vertrauen in die Behörde wiederhergestellt werden könne: „Mir ist es wichtig, dass die Staatsanwaltschaft dabei gut unterstützt wird, dabei alle sobald als möglich ein klares Bild von der Sache haben und dass auch die Behörde wieder vollumfänglich arbeiten kann.“

Hauptsächlich ein Planungsbüro tätig

Als Beschuldigte geführt wird auch die Leiterin eines Grazer Planungsbüros: Es gelte zu klären, warum beinahe alle Projekte, die durch eine UVP laufen, über genau dieses Planungsbüro abgewickelt wurden. Ermittelt wird schließlich auch noch gegen einen vierten Beschuldigten: Ein Richter war in UVP-Berufungsverfahren involviert.

Naturschutzbund: „Irgendwann musste es auffliegen“

Wenig überrascht zeigte sich der Präsident des steirischen Naturschutzbundes, Johannes Gepp – irgendwann habe es ja auffliegen müssen, sagte er: „Die Umweltverträglichkeitsprüfungen sind spätestens seit dem Grazer Murkraftwerk aus der Sicht der NGOs eine Verhöhnung von unserer Seite. Weil die Betreiber, die suchen sich ja die Sachverständigen aus und sind mit den Beamten oft in einer Clique, die sich wohlwollend verhält, verbunden – und wir sind die Außenseiter.“

Ob es vornherein Absprachen gegeben habe, könne er nicht sagen, so Gepp, aber „wir haben es so wahrgenommen, dass bei der Beurteilung der Projekte von vorneherein jede Absicht bestand, diese Projekte durchzuziehen – egal, welche Einwendungen von unserer Seite gekommen sind“.

Anonymer Hinweis brachte Ermittlungen ins Rollen

Schon 2017 wurde der ehemalige Leiter einer anderen Landesabteilung auf derartige Praktiken von einer Anwaltskanzlei angesprochen – er wies daraufhin seine Mitarbeiter an, die Hände von solchen Angeboten zu lassen. Da damals eine Überprüfung zu keinem Ergebnis geführt habe, zog die Anwaltskanzlei die Vorwürfe zurück.

Zu den aktuellen Ermittlungen führte laut Rumpold ein anonymer Hinweis auf der Whistleblower-Homepage des Bundes. Alle in dem „Krone“-Bericht genannten Vorwürfe stammen aus einer Sachverhaltsdarstellung, die im Juli an die WKStA erging: Aufgrund dieses Schreibens sowie angehängter Beweismittel wurden die Staatsanwälte jetzt tätig. Für alle Tatverdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.

Was das nun alles für laufende Verfahren heißt, dazu meinte Lackner: „Laufende Verfahren gibt es in der Behörde immer. Im Zuge der Vorwürfe, die hier erhoben worden sind, wird man natürlich entscheiden müssen, in welcher Form laufende Verfahren jetzt weitergeführt werden, Verhandlungen durchgeführt werden etc. Die oberste Behörde, nämlich das Bundesverwaltungsgericht, hat aber immer in einem unglaublich hohen Ausmaß die Bescheide der Behörde des Landes Steiermark unterstützt und ihnen auch recht gegeben.“

Opposition fordert „Antworten“ und Aufklärung

Die Ermittlungen „lassen viele Entscheidungen des Landes in den letzten Jahren in einem anderen Licht erscheinen“, so die grüne Landtagsklubobfrau Sandra Krautwaschl. Sie werde in der kommenden Landtagssitzung am Dienstag kommender Woche eine Dringliche Anfrage an die zuständige Landesrätin Lackner einbringen, „denn bekanntlich rumort es in der Abteilung schon länger: Lackner wird Antworten liefern müssen.“

Auch der KPÖ-Abgeordnete Werner Murgg wird am kommenden Dienstag eine Anfrage an die Umweltlandesrätin richten: Die KPÖ fordert, dass die Landesrätin eine Liste sämtlicher UVP-Verfahren, an denen die nun der Korruption, Bestechlichkeit und des Amtsmissbrauchs verdächtigte Beamtin und der verdächtigte Beamte beteiligt waren, vorlegt.

Die Freiheitlichen forderten ebenfalls eine rasche Aufklärung: „Die Vorwürfe in Bezug auf diverse Abläufe in der Abteilung 13 des Landes Steiermark wiegen schwer. Die Landesregierung ist aufgefordert, hier ehestmöglich für eine lückenlose Aufklärung zu sorgen. Darüber hinaus gilt es, interne Abläufe neu zu bewerten sowie Prüfungsmechanismen zu evaluieren“, so FPÖ-Raumordnungssprecher Gerald Deutschmann.

Auch NEOS-Umweltsprecher Robert Reif reagierte empört: „Die Vorwürfe rund um Amtsmissbrauch, Bestechung und Bestechlichkeit müssen umgehend aufgeklärt werden. Landesrätin Lackner muss umgehend für Ordnung im eigenen Haus sorgen“, so Reif, der eine sofortige Aufklärung durch die Justiz fordert.