Der europaweit bekannte deutsche Extremismusexperte Peter Neumann, der am Londoner Kings College unterrichtet und unter anderem mit seinem Buch „Die neuen Dschihadisten“ für Aufsehen gesorgt hat, war am Dienstag zu Gast in Graz: Als Experte für das Thema „Hass im Netz“ und Radikalisierung sprach er bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Extremismus-Präventionsstelle Steiermark und des Oberlandesgerichts.
Leugner entwickeln Widerstandsnarrative
Im Vorfeld sprach Neumann mit dem ORF Steiermark darüber, wie sich die Pandemie auf die Entwicklung der Hass-Postings im Internet ausgewirkt hat. Neumann zufolge habe sich im Laufe der vergangenen eineinhalb Jahre deutlich ein „harter Kern“ an Coronavirus-Leugnern herausgebildet: „Leute, die Verschwörungstheorien im Internet teilen und die jetzt – und das finde ich ganz gefährlich – in den letzten Monaten angefangen haben, Widerstandsnarrative zu entwickeln – die sind tatsächlich davon überzeugt, dass die Regierung mit ihren Maßnahmen ein Plan hat, um eine totalitäre Diktatur einzuführen.“
Interview mit Peter Neumann
Extremismus-Experte Peter Neumann im Gespräch mit Gernot Frischenschlager über die durch die Coronavirus-Krise bedingten Entwicklungen.
Mehr Gewaltakte aus Szene zu erwarten
Laut Neumann komme hier auch immer mehr Gewalt ins Spiel, so dass es in Zukunft wahrscheinlich auch mehr Gewaltakte aus dieser Szene geben werde. Um der zunehmenden Spaltung in der Bevölkerung entgegenzuwirken, rät Neumann: „Es ist schon wichtig, mit den meisten Leuten im Gespräch zu bleiben, bei allen extremistischen Bewegungen. Denn es ist so, in dem Moment, wo kein moderater Einfluss mehr da ist, wo die Familie wegbricht, die Freunde wegbrechen, wo du nur noch mit anderen Extremisten zusammen ist – da entsteht die Echokammer, und dann wird es immer schlimmer.“