Elke Kahr
APA/ERWIN SCHERIAU
APA/ERWIN SCHERIAU
Politik

Elke Kahr ist neue Grazer Bürgermeisterin

Die neue Grazer Bürgermeisterin heißt Elke Kahr (KPÖ) – sie ist am Mittwoch in der konstituierenden Sitzung des neuen Grazer Gemeinderats mit 28 von 46 Stimmen gewählt worden. Bei der Wahl der Vizebürgermeisterin gab es eine Überraschung.

Schon am Samstag präsentierten KPÖ, Grüne und SPÖ ihr Programm mit dem Titel „Gemeinsam für ein neues Graz. Sozial. Klimafreundlich. Demokratisch.“ – mehr dazu in Graz: Dunkelrot-Grün-Rot steht –, nun folgen die institutionellen Schritte. Zunächst eröffnete der 72-jährige ÖVP-Gemeinderat Peter Piffl-Percevic als Vorsitzender die Gemeinderatssitzung. Nachdem der bisherige Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) nicht an der Sitzung teilnahm, war automatisch das älteste Mitglied im Gemeinderat der Vorsitzende.

Eine Oppositionsstimme für Kahr

Nach der Angelobung der übrigen Gemeinderäte stand die Wahl der Bürgermeisterin auf dem Programm – und diese Wahl ging glatt über die Bühne: 46 Stimmen wurden abgegeben (zwei Mandatare waren entschuldigt), 18 waren ungültig – dabei dürfte es sich um die Stimmen von ÖVP und FPÖ handeln –, 28 waren gültig; damit erhielt Kahr auch eine Stimme der Opposition.

Kahr: „Wir alle sind Graz“

Kahr sagte in ihrer Rede, heute sei ein besonderer Tag für Graz, „das spüren wahrscheinlich wir alle in diesem Saal“. Zur Demokratie gehöre auch der Wechsel, die Gewinner sollten immer daran denken, dass ihre Arbeit am Ende der Funktionsperiode überprüft wird. „Siegfried Nagl hat in seinem 18 Jahren viel für die Stadt geleistet, dafür möchte ich mich ganz, ganz herzlich bei ihm bedanken. Nach der Amokfahrt war sein Beitrag für die Beruhigung der Lage sehr wichtig gewesen“, so Kahr.

Kahr dankte auch ihrem Mentor Ernest Kaltenegger, Altbürgermeister Alfred Stingl (SPÖ) und den Mitarbeitern des Magistrats und aller Beteiligungen für deren Arbeit. Über sich selbst sagte sie: „Wer hätte gedacht, dass die Tochter eines Schlossers, eine Kommunistin, Bürgermeisterin wird. Politik hat speziell in Corona-Zeiten alle Menschen mitzunehmen und niemanden auszugrenzen. Wir alle sind Graz.“

„Alle an einem Strang ziehen“

Viele Fragen stellten sich, zu Klima, Teuerung, Friedenssicherung, man versuche, Antworten mit einem Blick von unten, nicht von oben, zu finden. „Graz ist Stadt der Wissenschaft, Kultur, der Wirtschaft und des Gewerbes. Das sind Stärken, die wir ausbauen und schützen wollen. Aber wir wollen auch dem profitgetriebenen Bauen Einhalt gebieten, die Flächenwidmung überarbeiten, das Gespräch wird mit allen gesucht", so die neue Bürgermeisterin. Es gehe um Vielfalt, Solidarität und Zusammenhalt. In Fragen wie einer Pandemie müssen alle an einem Strang ziehen“, so Kahr. Sie gehe ihre bisher größte Herausforderung mit Optimismus an. „Unsere Stadt muss immer für alle Menschen eine gute Heimat sein, dafür werde ich meine ganze Kraft einbringen.“

Elke Kahr (KPÖ) zur Grazer Bürgermeisterin gewählt

In Graz brechen neue Zeiten an: Heute tritt der neu gewählte Grazer Gemeinderat zu seiner ersten Sitzung zusammen und wird dabei mit Elke Kahr erstmals eine Frau und Kommunistin zur Bürgermeisterin machen.

Krotzer: „Grazer haben sich nicht ‚verwählt‘“

Pflegestadtrat Robert Krotzer (KPÖ) hatte zuvor den Wahlvorschlag für Kahr eingebracht, zitierte einige Bürgerreaktionen auf ihr Wirken und hob unter anderem die rund 5.300 Vorzugsstimmen für sie bei der Wahl am 26. September hervor: „Mit ihr wird eine Frau, eine Kommunistin und eine Arbeitertochter aus der Triestersiedlung Bürgermeisterin. Sie hielt sich nie für etwas Besseres und hat stets das Gespräch und den Kontakt zum Bürger gesucht“, so Krotzer. Die Mehrheit der Grazer habe sich trotz aller Verteufelungen Kahrs nicht „verwählt“, sondern eine klare Entscheidung getroffen.

Hohensinner: „Reicht nicht für Gesamtverantwortung“

ÖVP-Stadtrat Kurt Hohensinner sprach vom 26. September als einschneidendem Tag für die ÖVP und Graz. Er bedankte sich bei Ex-Bürgermeister Nagl für dessen langjährige leidenschaftliche Arbeit, man blicke ohne Groll auf den Wahltag zurück, es gehe nur um die Zukunft der Stadt. Man werde ein Gegengewicht zu einer linkslinken Koalition sein, sagte Hohensinner, bevor er sich direkt an die KPÖ-Chefin wandte: „Liebe Elke, ich schätze dich als Mensch und dein soziales Engagement, aber was ich in den vergangenen Jahren erlebt habe, reicht nicht für die Gesamtverantwortung.“ Nichtsdestoweniger wünsche er Kahr alles Gute.

Pascuttini: „Wenig erfreulich“

FPÖ-Klubchef Alexis Pascuttini bezeichnete die Situation als „wenig erfreulich“. Kahr sei lächelnd freundlich, aber kratze man an der Oberfläche, komme bei der KPÖ grauslich Kommunistisches zum Vorschein: „Stalin, Tito …“, sagte Pascuttini. Das Regierungsprogramm sei die 17 Seiten nicht wert, auf die es geschrieben sei, es gebe viele Schlagwörter und Worthülsen, zum Beispiel fehle der versprochene S-Bahn-Ring. Man sei zur Zusammenarbeit bereit, aber linkslinke Unsinnigkeiten mache man nicht mit.

Pointner: „Keine politischen Blankoschecks“

NEOS-Chef Philip Pointner kündigte an: „Eine Opposition der Unverfrorenheit werden wir nicht machen, ich grenze mich von meinem Vorredner ab“, spielte Pointner auf die zuletzt aufgekommenen Berichte über finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der FPÖ an. Er sei leidenschaftlicher Europäer und wolle seinen Beitrag für unter anderem das transparente, unternehmerische Graz leisten, als einzige wahre Oppositionskraft stelle man aber keine politischen Blankoschecks aus.

Elke Kahr ist neue Grazer Bürgermeisterin

Die neue Grazer Bürgermeisterin heißt Elke Kahr (KPÖ). Sie ist am Mittwoch in der konstituierenden Sitzung des neuen Grazer Gemeinderats mit 28 von 46 Stimmen gewählt worden.

Wutte: „Historischer Moment“

Die grüne Gemeinderätin Manuela Wutte sprach von einem historischen Moment: Noch nie gab es zwei Frauen als Bürgermeisterin und Stellvertreterin, spielte sie auf Grünen-Chefin Judith Schwentner an. Sie könne Hohensinner beruhigen, diese Koalition verlasse den Weg der Mitte nicht und wolle alle im Gemeinderat einbinden – die Koalition sei Vorschlägen der Opposition aufgeschlossen.

Ehmann: „Wertekompass der Sozialdemokratie“

SPÖ-Klubobmann Michael Ehmann, mit seiner Partei das Zünglein an der Waage der Koalition, bedankte sich ebenfalls für Nagls Leistungen: „Freundlich, oft hart in der Sache.“ Die SPÖ wähle Kahr für ihren Zugang zu Lösungskompetenzen, wegen ihrer Persönlichkeit, wegen der Schnittmengen im Programm. In der Koalition könne man nun auch mit den vier Gemeinderäten mitgestalten, als Basis gelte der Wertekompass der Sozialdemokratie, dieser sei auch Inhalt der Präambel des Koalitionsvertrags.

Schützenhöfer: „Wünsche ihr eine gute Hand“

Angelobt wurde Kahr durch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Dieser sagt über die neue Grazer Bürgermeisterin: „Ich wünsche ihr eine gute Hand für die Stadt Graz, sie hat eine interessante, für mich durchaus überraschende Koalition, aber die Wählerinnen und Wähler haben recht, sie ist nicht durch Putsch in den Gemeinderat gekommen, sondern bei freien Wahlen, das ist Demokratie.“

Hermann Schützenhöfer und Elke Kahr
APA/ERWIN SCHERIAU
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und Elke Kahr

Nach der Angelobung durch Schützenhöfer (ÖVP) übernahm Kahr den Vorsitz. Beim nächsten Punkt der Tagesordnung, der Wahl des Vizebürgermeisters oder der Vizebürgermeisterin, kam es zu einer Überraschung. Hier hatte die ÖVP als zweitstärkste Partei das Vorschlagsrecht und nominierte Hohensinner – dieser bekam aber im ersten Wahlgang keine Mehrheit.

Überraschung bei der Wahl der Vizebürgermeisterin

Für den zweiten Wahlgang wurde von der Volkspartei dann aber Schwentner von den Grünen nominiert. Hohensinner begründete den Schwenk folgendermaßen: Man habe die KPÖ herausfordern, sprich an Kahrs Versprechen erinnern wollen; nun schlage man als ÖVP Schwentner als Vize vor, der man alles Gute wünsche.

Judith Schwentner und Elke Kahr
APA/ERWIN SCHERIAU
Judith Schwentner und Elke Kahr

Schwentner selbst hatte vor Beginn der Sitzung gar nicht mit einer Wahl am Mittwoch, sondern erst nach der erwarteten Vertagung auf Donnerstag gerechnet. Schließlich wurde sie auf Anhieb mit 42 gültigen und vier ungültigen Stimmen – deutlicher als Kahr – gewählt. Sie nahm die Wahl an, damit hat Graz erstmals eine weibliche Doppelspitze.

Stadträte mit großer Mehrheit gewählt

Im Anschluss an die Wahl Schwentners wurden die neuen Stadträte mit großer Mehrheit gewählt: Aufgrund des Proporzes ergibt sich dabei die doch eher ungewöhnliche Situation, dass die SPÖ als Koalitionspartner keinen Sitz hat, die bisherigen Regierungsparteien ÖVP (zwei) und FPÖ (einen) jedoch schon. Die Ressortverteilung steht schon seit einigen Tagen fest – mehr dazu in Graz: Ressortverteilung fixiert (9.11.2021).