Impfpflicht – Bescheinigung
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Coronavirus

Schützenhöfer offenbar für bundesweite Impfpflicht

Eine viel diskutierte allgemeine Impfpflicht kann die aktuelle vierte CoV-Welle nicht brechen – sie könnte aber weitere Wellen verhindern. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer macht sich nun offenbar dafür stark. Auch die Ärztekammer fordert eine Impfpflicht.

Nach Informationen der „Kleinen Zeitung“ soll Schützenhöfer in internen Vorgesprächen zur Landeshauptleutekonferenz am Freitag in Tirol auf eine bundesweite Impfpflicht gedrängt haben – Wirtschafts- und Tourismuslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) bestätigte dies am Donnerstag am Rande einer Veranstaltung in Graz.

Schützenhöfer habe ins Treffen geführt, dass Österreich andernfalls „nie aus der Lockdown-Spirale“ komme. Während am Donnerstag für Salzburg und Oberösterreich ein Lockdown angekündigt wurde – mehr dazu in Lockdown für OÖ und Salzburg fix (news.ORF.at) –, halte sich beim steirischen Landeschef die Begeisterung für einen bundesweiten Lockdownaber eher in Grenzen, hieß es.

Experten: Impfpflicht verfassungsrechtlich möglich

Rückendeckung für seine Forderung bekommt Schützenhöfer von Rechtsexperten. Eine allgemeine Impfpflicht sei aus verfassungsrechtlicher Sicht möglich, die Frage sei lediglich, ob sie im konkreten Fall verhältnismäßig ist. Die Verhältnismäßigkeit sah etwa Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk im Ö1-„Mittagsjournal“ als gegeben an: So wie die Entwicklung der Dinge laufe, sei die „Schwelle der Verhältnismäßigkeit“ erreicht, so Funk.

„Das letzte Mittel“

Auch Karl Stöger von der Uni Wien – er lehrte auch lange an der Uni Graz – sieht „gute Chancen“, dass eine derartige Pflicht vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) halte: „Verfassungsrechtlich ist sie gewissermaßen das letzte Mittel, wenn andere Alternativen nicht mehr genügen, um die Pandemie zu überwinden und das Gesundheitssystem langfristig zu entlasten.“

Die aktuelle Welle sei mit Impfungen nicht mehr zu brechen, dafür sei es zu spät. „Wenn uns nachher weitere Wellen drohen – sei es im Frühjahr oder im nächsten Herbst, dann haben wir wahrscheinlich keine anderen Möglichkeiten mehr, es sei denn, dass bis dahin Medikamente am Markt sind, die dermaßen schnell wirken, dass die Menschen gar nicht ins Spital kommen. Solange das aber nicht der Fall ist, ist die Impfung das Mittel, das verhindert, dass Menschen in großer Zahl und schwer erkranken“, so Stöger.

Kein körperlicher Zwang

Weil alle Geimpften registriert sind, wäre eine Impfpflicht dem Medizinrechtsexperten auch gut kontrollier- und strafbar: „Körperlichen Zwang gibt es natürlich nicht. Was es aber schon gibt, sind Verwaltungsstrafen, sodass man gewissermaßen für die Verweigerung zur Kassa gebeten wird.“

Ärztekammer fordert Impfpflicht und Lockdown

In der Steiermark spricht sich die Ärztekammer für eine Vollbremsung aus, deren Präsident Herwig Lindner sagt: „Wir sind in einer Situation in der zu erwarten ist, dass bei uns die Zahlen ähnlich wie in Oberösterreich und Salzburg in der vergangenen Woche ansteigen werden. Die Erfahrungen haben uns gezeigt, dass ein genereller Lockdown die effektivste Maßnahme ist.“

Und auch eine Impfpflicht sei notwendig, sagt Lindner: „Wir können uns in der jetzigen Situation nicht mehr auf die Solidarität der Ungeimpften und der Impfverweigerer verlassen. Deshalb ist es aus medizinischer Sicht Gebot der Stunde, für die generelle Impfpflicht in Österreich einzutreten.“

Gab es bereits

Eine allgemeine Impfpflicht gab es in Österreich in der Nachkriegszeit nur einmal: Das Bundesgesetz über die Schutzimpfung gegen die Pocken wurde 1948 beschlossen und war nicht nur in Österreich erfolgreich – 1980 verkündete die Weltgesundheitsorganisation die Ausrottung der Pocken.