Landesgericht Graz, Akten
APA/Erwin Scheriau
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Chronik

„Gammelfleisch“-Prozess: Zwei Jahre Haft

Zehn Jahre lang soll ein Schlachthofbetreiber genussuntaugliches Fleisch unter einwandfreie Ware gemischt haben. Der Südsteirer bestritt die Vorwürfe vor Gericht. Nun wurde er zu 24 Monaten Haft verurteilt, acht davon unbedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Vor dem Grazer Straflandesgericht versammelten sich Montagfrüh Tierschutzaktivisten des Vereins gegen Tierfabriken (VGT). Sie protestierten mit Transparenten gegen Tierleid und Billigfleisch. Im Großen Schwurgerichtssaal wurde am Vormittag der seit Februar laufende Prozess fortgesetzt und auf angebliche Vorgänge im betroffenen Schlachthof in der Südsteiermark eingegangen – mehr dazu in Prozess um „Gammelfleisch“ angelaufen (11.02.2021).

Betreiber bestreitet Vorwürfe

So sollen vom Tierarzt aussortierte Stücke in einen Container mit Knochenabfällen geworfen und dort dann laut Zeugen wieder herausgefischt worden sein. Der Prozess gegen den Schlachthofbetreiber zeigt einerseits, wie komplex die Materie ist, denn als „genussuntauglich“ eingestufte Teile werden in Kategorien eingeteilt und danach unterschiedlich entsorgt. Andererseits ist das Kontrollsystem bei der Entsorgung sehr löchrig.

Die Zuständigkeiten bei der Kontrolle seien oft nicht klar definiert. Keiner habe eine Ahnung, wie es richtig geht, meinte der Vorsitzende Richter am Montag bei der Befragung des Landesveterinärdirektors, der als Zeuge geladen war. Der Geschäftsführer des Schlachthofes erklärte sich vor Gericht großteils nicht schuldig. Einen Vorfall gab er zu, da habe die Waage nicht funktioniert, so der Angeklagte.

Durch Mikrosender aufgeflogen

Aufgeflogen war der Fall 2019, als drei Schweineteile, die für die Tierkörperverwertung (TKV) vorgesehen waren, unbemerkt mit Mikrosendern versehen wurden – mehr dazu in „Gammelfleisch“: Betriebsleiter verhaftet (23.10.2019). Dieses Fleisch tauchte plötzlich beim genusstauglichen Fleisch auf und sollten an Kunden weiterverkauft werden. „Es wurde nie etwas verkauft, das gesundheitsschädlich war“, verteidigte sich der Angeklagte vor Gericht.

„Wir mussten das verdorbene Fleisch abwaschen und zum normalen Fleisch dazugeben“, schilderte einer der Fleischhauer als Zeuge. Diese vom Tierarzt bereits als TKV-Schweine deklarierten Tiere wurden am selben Platz zerlegt wie die anderen, das Vermischen war somit kein Problem. Ein anderer Zeuge hatte im Zuge der Ermittlungen angegeben, er habe nie einen Betrieb gesehen, in dem so unhygienisch gearbeitet wurde.

Acht Monate unbedingte Haft

Der Schöffensenat war am Montag von der Schuld des Südsteirers überzeugt. Das Gericht verurteilte den Mann zu 24 Monaten Haft, acht davon unbedingt. Die Höhe der Strafe wurde auch mit einer Vorstrafe wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt begründet. Die Verteidigung kündigte Berufung an.