Zwar falle das Minus gegenüber dem Normaljahr 2019 mit 33 Prozent weniger Insolvenzen „massiv“ aus, dennoch zeige sich mit Blick auf die vergangenen Wochen deutlich, dass sich die Zahlen erstmals seit Ausbruch der CoV-Pandemie hin zu „Vor-Krisen-Niveau“ bewegen, sagte der Leiter der Region Süd des Kreditschutzverbandes (KSV), René Jonke.
„Zwischen Oktober und Dezember 2021 wurden 123 Firmenpleiten gezählt – das sind 34 Prozent aller diesjährigen Unternehmensinsolvenzen. Dieses Quartalsergebnis entspricht nicht nur etwa zwei Mal so vielen Fällen wie im Vorjahr, sondern es hat sich damit auch auf das „2019er-Niveau“ hinbewegt“, teilte der KSV am Mittwoch in einer Aussendung mit.
„Trendumkehr für 2022 richtungsweisend“
Dass die Anzahl der Firmenpleiten gegen Ende des Jahres ansteige, sei nicht ungewöhnlich, denn neben auslaufender Staatshilfen würden auch Gesundheitskassen und Finanzämter nun wieder Insolvenzanträge stellen, hieß es. Wichtig sei, die verschiedenen Branchen differenziert zu bewerten, denn selbst innerhalb einer Branche könne es zu deutlichen Unterschieden kommen: So findet sich laut KSV etwa auf Platz eins der Firmenpleiten die Baubranche mit 77 Fällen wieder, gefolgt von den unternehmensbezogenen Dienstleistungen (61 Fälle) und dem Gastgewerbe (37 Fälle).
Der KSV rechne auch im kommenden Jahr mit keinem plötzlich eintretenden Insolvenzausbruch, sondern einer „sukzessiven Fortsetzung“ der jüngsten Entwicklung, so Jonke: „Die im vierten Quartal eingesetzte Trendumkehr wird für die Zahl der Firmenpleiten im Jahr 2022 richtungsweisend sein. Es ist davon auszugehen, dass sich das aktuelle Niveau fortsetzen wird.“ Gleichzeitig sind die geschätzten Passiva um 40,9 Prozent auf 169 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Auch die Zahl der betroffenen Dienstnehmer (- 49 Prozent) ist rückläufig, wie der Aussendung zu entnehmen war.
Viel Optimismus in Geschäftsbranche
Grundsätzlich herrsche aber viel Optimismus in der Geschäftsbranche, wie eine aktuelle Umfrage des KSV zeigt: Demnach bewerten 58 Prozent der befragten steirischen Betriebe ihre eigene Geschäftslage – insbesondere im zweiten Halbjahr 2021 – als zunehmend positiv. "Im Vergleich zum Frühjahr schätzt ein Drittel der Unternehmen die eigene Geschäftssituation mit sehr gut oder gut ein. Ein Wert, der zuletzt im März 2020 noch vor der Pandemie erreicht wurde“, so Jonke.
Große Unterschiede in den Bundesländern
Österreichweit verhält sich die Insolvenzentwicklung bei den Unternehmen im Jahresverlauf sehr unterschiedlich: Während Vorarlberg einen Rückgang von 33,3 Prozent verzeichnet, gibt es im Vergleich zum Vorjahr in Wien (+ 14,1 Prozent) und Niederösterreich (+ 6,2 Prozent) mehr Unternehmen, die laut KSV in die Insolvenz geschlittert sind. Ebenfalls einen Rückgang verzeichnen Kärnten (- 27,2 Prozent), Salzburg (- 13,9 Prozent), das Burgenland (- 7,6 Prozent), Tirol (- 7,5 Prozent) sowie Oberösterreich und die Steiermark mit einem Minus von jeweils 7,4 Prozent.
Kräftiges Plus bei Privatinsolvenzen
Laut der aktuellen KSV-Insolvenzhochrechnung gab es in diesem Jahr in der Steiermark 892 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren – das entspricht einem Plus von 11,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig bedeutet das ein Minus von rund zwölf Prozent im Vergleich zum Jahr 2019.
Die Verbindlichkeiten sind ebenso deutlich gestiegen – und zwar um 66,4 Prozent auf 228 Mio. Euro. Das bedeutet laut KSV, dass sich die durchschnittliche Schuldenhöhe pro Schuldner in diesem Jahr auf rund 256.000,– Euro beläuft – im Jahr 2020 waren es rund 173.000 Euro.
Privatpersonen „krisenstabil“
Wenngleich die Steiermark doch ein deutliches Plus an Privatinsolvenzen aufzuweisen hat, so zeige das Ergebnis der jährlichen Erhebung der Zahlungsmoral eine generelle Krisenstabilität von Privatpersonen, hieß es seitens des KSV.
So sei etwa die Zahlungsmoral von Privaten auch heuer auf „hohem Niveau“ erhalten geblieben und im Vergleich zum Vorjahr seien auch deutlich weniger Zahlungsstörungen verzeichnet worden, so Jonke: „Die jüngsten Entwicklungen bestätigen unsere Einschätzung. Die Corona-Krise ist in den seltensten Fällen der Grund für nachhaltige Zahlungsschwierigkeiten oder gar einen Privatkonkurs. Die Menschen haben insbesondere während der Pandemie gelernt, mit ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten auszuhalten.“
Steiermark an zweiter Stelle nach Tirol
Auch bei den Privatinsolvenzen driften die Zahlen der Bundesländer auseinander: Während österreichweit Tirol mit 29,2 Prozent den massivsten Zuwachs verzeichnet, vermeldet das Bundesland Salzburg mit 24 Prozent das deutlichste Minus. Die Steiermark liegt mit einem Plus von 11,5 Prozent hinter Tirol an der zweiten Stelle.