Einkaufen am Sonntag
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Wirtschaft

Kein „Shopping-Rausch“ am Sonntag

Ein großes Einkaufswochenende samt Sonntagspremiere sollte dem Handel in Österreich das heurige Weihnachtsgeschäfts retten. Zumindest in der Steiermark wurde am Sonntag zwar gekauft, es gab aber keinen „Shopping-Rausch“.

Der Samstag spülte österreichweit noch geschätzte 380 Mio. Euro in die nach dem Lockdown leeren Kassen. Am ausnahmsweise verkaufsoffenen Sonntag dürften die Umsätze aber doch deutlich dahinter zurückgeblieben sein – mehr dazu in Durchwachsene Bilanz für Weihnachtsgeschäft (news.ORF.at).

„Wunschlisten ans Christkind werden abgearbeitet“

Im Grazer Innenstadtkaufhaus Kastner & Öhler – der klassische Frequenzbringer für die City – war am Sonntag zwar einiges los, von Gedränge an Kassen oder in den Gängen konnte aber keine Rede sein. Auch im Shopping Center West im Grazer Süden herrschte kein Ansturm, Parkplätze waren zu Mittag teils direkt vor den Eingängen verfügbar.

Edith Münzer vom Grazer Murpark war jedoch „auch nicht unzufrieden. Es ist ähnlich wie bei einem 8. Dezember.“ Aus ihrer Sicht gebe es auch klare Gewinner: „Vor allem der Buchhandel ist bei uns sehr voll.“ Danach kämen die Elektrogeschäfte, gefolgt von den Schuhläden. „Heuer gibt es ja wieder einen richtigen Winter und anscheinend dementsprechend Nachholbedarf.“ Auch bei ihr gebe es in der Tendenz mehr Besucher mit Kaufabsichten, wenige Bummler: „Hier werden wohl hauptsächlich noch Wunschlisten ans Christkindl abgearbeitet.“

Kein „Shopping-Rausch“ am Sonntag

Ein großes Einkaufswochenende samt Sonntagspremiere sollte dem Handel in Österreich das heurige Weihnachtsgeschäfts retten. Zumindest in der Steiermark wurde am Sonntag zwar gekauft, es gab aber keinen „Shopping-Rausch“.

Im ELI Einkaufszentrum in Liezen bemerkte Centermanagerin Maria Prims entspannte Kundschaft: „Überwiegend wurden natürlich Geschenke gekauft, gut besucht war auch unsere Gastronomie. Kurzum kann man sagen: Viele haben diesen zusätzlichen Einkaufstag genützt und haben ihn auch sehr genossen.“

Die Hoffnung, dass man Verluste aufholen wird können, hat Maria Lienhart aus dem WEZ Bärnbach nicht: „Die Verluste der vergangenen Samstage sind mit diesem Sonntag nicht wett zu machen. Es ist ein Statement an unsere Kunden, in der Region zu kaufen und die Wertschöpfung in der Region zu erhalten.“

Gewerkschaft „sprang über ihren Schatten“

Im Vorfeld rechneten die Handelsforscher mit einem Zusatzumsatz von rund 150 Mio. Euro – mehr dazu in Ausnahmesonntag soll Umsatz retten (news.ORF.at). Ermöglicht hat das eine Einigung aller Sozialpartner, erklärt Gewerkschafter Christian Jammerbund: „Wir als GPA sind da sicherlich über unseren Schatten gesprungen. Amazon und Co. machen heuer sicher Rekordumsätze und das zum Teil bei widrigsten Arbeitsbedingungen – und da muss es schon einmal möglich sein, für die heimischen Geschäfte nur vor Weihnachten einmal eine Ausnahme zu machen.“ – mehr dazu in Geschäfte erstmals an einem Sonntag offen (30.11.2021) und in Steirischer Handel begrüßt Sonntagsöffnung (1.12.2021).

Nicht alle, die durften, sperrten auch auf

Aber nicht alle nutzten die Möglichkeit zu öffnen: Die Gewerkschaft rechnete mit rund einem Drittel aller Geschäfte. Für die betroffenen 25.000 Angestellten gilt ein Sonder-Kollektivvertrag, sagt Jammerbund: Ausverhandelt wurde „dass es für Überstunden an diesem Sonntag einen Zuschlag von 100 Prozent gibt. Für diese Arbeit am Sonntag gibt es einen zusätzlichen freien Tag, und niemand darf gezwungen werden zum Arbeiten. Lehrlinge dürfen nicht beschäftigt werden, und falls Kosten für Kinderbetreuung anfallen, müssen diese vom Arbeitgeber getragen werden.“

Sonntagsöffnung: Fronten verhärtet

Es ist eine einmalige Sache – zumindest wenn es nach Gewerkschaftern geht: Am Sonntag, dem 18. Dezember, dürfen jene Geschäfte, die im letzten Lockdown geschlossen hatten, aufsperren. Damit sollen die Verluste – zumindest ansatzweise – ausgeglichen werden. Die Meinungen zu diesem Einkaufssonntag gehen dabei weit auseinander.

Das Modehaus Roth mit seinen 14 Filialen in der Südoststeiermark blieb am Sonntag zu, die 150 Mitarbeiter hatten wie gewohnt frei. Die Kauflust am Land sei sonntags gering, die Zuschläge dafür sehr hoch, schilderte Geschäftsführer Rainer Rauch: „Wirtschaftlich ist das eine schwere Rechnung – das kostet das Unternehmen sehr viel. Aber der Hauptpunkt waren immer unsere Mitarbeiter: Wir sind ein Familienbetrieb, und gerade das ist uns wichtig, diese familiäre Gemeinsamkeit. Der Sonntag ist ein besonderer Tag, und der muss auch frei bleiben.“

Kirche: Wirtschaftlich verständlich, aber Tabu

Dass Geschäfte am letzten Sonntag vor Weihnachten öffnen, passierte übrigens nicht zum ersten Mal: Der letzte sogenannte goldene Sonntag in Österreich fand 1960 statt. Wirtschaftlich verständlich, aber aus kirchlicher Sicht weiterhin ein Tabu bleibt die Sonntagsöffnung für den steirischen Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl: Er sagt, Leben sei mehr als nur einkaufen.