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Patient starb: Herzchirurg fühlt sich nicht schuldig

Ein Herzchirurg musste sich am Dienstag in Graz wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung vor Gericht verantworten. Er soll einen Patienten aus der Spitalspflege entlassen haben, obwohl dieser offenbar dringend eine OP benötigt hätte – der Patient starb.

Knapp drei Jahre vergingen seit dem Tod des 70-Jährigen, der an einem schweren Herzklappenfehler gelitten hatte – jetzt kommt es zum Prozess.

Entlassungsgrund war ein Zahn

Angeklagt wegen fahrlässiger Tötung ist ein Herzchirurg, der im Jänner 2019 als diensthabender Oberarzt an der Abteilung Herzchirurgie des Uni-Klinikums Graz den 70-Jährigen entlassen hatte, obwohl dieser laut Anklage zuvor mit „dringlicher Operationsindikation“ von der Abteilung Kardiologie auf die Herzchirurgie verlegt worden war. Entlassungsgrund war offenbar ein beherdeter Zahn, der bei weiteren Untersuchungen entdeckt wurde und der bei einer Operation ein Risiko darstellen hätte können.

Die Witwe des Patienten erinnerte sich im März 2019 im Interview mit dem ORF Steiermark: „Mein Mann hat dann auf der Station gebeten, dass man sofort die Zahnklinik um einen Termin bittet, um den Zahn zu ziehen. Leider hat man das belächelt und gesagt, er muss nach Hause gehen, er wird entlassen, und er soll das bei einem niedergelassenen Zahnarzt sanieren lassen.“

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Tod der Patientenombudsschaft gemeldet

Doch dazu kam es nicht mehr: Vier Tage nach der Entlassung starb der 70-Jährige – an „akutem Herzversagen“, wie es die Staatsanwaltschaft Graz in ihrem Strafantrag formulierte. Die Witwe meldete den tragischen Tod ihres Mannes der Patientenombudsschaft, die die Staatsanwaltschaft einschaltete. Diese ermittelte dann auch gegen den ehemaligen Leiter der Herzchirurgie; auf der Anklagebank sitzt am Dienstag aber jener Facharzt, der die Entlassung des Patienten veranlasst hatte.

„Das ist der plötzliche Tod auf Warteliste“

Dieser stritt das vor Gericht auch gar nicht ab, erklärte dabei aber auch, dass er sich für nicht schuldig hält, den Tod des 70-Jährigen grob fahrlässig verursacht zu haben; er sprach aber auch sofort sein Bedauern für den – wie er sagt – tragischen Verlauf aus. Was nach der Entlassung passierte, könne er nicht sagen: „Das ist der plötzliche Tod auf der Warteliste – so leid es mir tut.“

Es sei auch, wie von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, im Vorfeld kein Herz-OP-Termin vergeben worden, außerdem habe es keine Hinweise auf eine gefährliche Verschlechterung des Patienten gegeben: Der Patient sei stabil gewesen. Er sei seiner Pflicht als Arzt nachgekommen, so der Angeklagte.

Der Sachverständige schätzte vor Gericht die Operationsdringlichkeit anders ein als der Angeklagte: Die Laborwerte seien katastrophal gewesen. Im Anschluss folgte eine Fachdiskussion mit dem Angeklagten über das Risiko der Zahnentzündung. Die Verhandlung wurde auf Februar vertagt.