Zur Wintersonnenwende gibt es – wenn man nach Minuten und nicht nach Sekunden rechnet – zwei „längste Nächte“ mit gleicher Länge – die von 20. auf 21. Dezember und auch die folgende. Weiters kaum bekannt: Schon seit Donnerstag letzter Woche (16. Dezember) haben wir an den Abenden schon wieder längeres Tageslicht. Aber: Erst ab 6. Jänner bekommen wir auch wieder früher Licht am Morgen.
Flugbild: Gerald Lehner
Flugbild: Gerald Lehner
Wissenschaft

Algorithmus für bevorstehende Sonnenwärme

Der Grazer Telematiker Viktor Unterberger hat einen selbstlernenden Algorithmus entwickelt, der die Sonnenwärme bestimmen kann. Anhand von Messdaten, der Wettervorhersage und früheren Erträgen sagt er die hereinkommende Sonnenenergie stündlich vorher.

Wärme aus der Sonneneinstrahlung wird etwa für Fernwärme und in der Industrie als klimaneutrale Energiequelle genutzt, ist aber für viele Systeme eine „Störgröße“, weil ihr Ertrag je nach dem aktuellen Wetter steigt und fällt, erklärte der Grazer Telematiker Viktor Unterberger. Er entwickelte den selbstlernenden Algorithmus.

Parameter und Selbstkritik

Zunächst bestimmt das System aufgrund der Messdaten der vergangenen Tage, mit welchen Vorgabewerten (Parametern) es die nutzbare Energie der nächsten Stunde am besten berechnet. In diese „algebraische Gleichung“ setzt es anschließend die von Wetterdiensten bereitgestellten Sonneneinstrahlungs- und Temperaturprognosen ein. Damit wird ausgerechnet, wie viel Solarenergie in jener Stunde zu erwarten ist, so Unterberger, der am Bioenergy and Sustainable Technologies (BEST) Kompetenzzentrum in Graz forscht.

Schließlich folgt eine Phase der Selbstkritik: Das System vergleicht seine Vorhersage mit den tatsächlichen Werten, führt kleine Korrekturen durch, und lernt damit quasi für die Zukunft.

Für „alle handelsüblichen Steuerungen“

„Diese Methode kann in alle handelsüblichen Steuerungen implementiert werden“, sagte er. Man bräuchte sich dann kaum mehr um das System kümmern, denn es lernt von selbst. „Wenn man etwa das Sonnenkollektorenfeld vergrößert, merkt es, dass der Ertrag bei einer gewissen Einstrahlung auf einmal mehr ist, und passt sich selbstständig an“, erklärte Unterberger: „Genauso lernt das System mit, wenn ein neues Gebäude oder ein Baum die Fläche auf einmal beschattet, und der Ertrag dadurch kleiner wird“.

Kosten und Überhitzung vermeidbar

Durch diese Methode könnte man die „Störgröße“ Sonnenwärme bei Energiemanagement-Systemen etwa für die Fernwärme oder in der Industrie besser abschätzen. „Vor allem bei industriellen Prozessen stellt es oft ein Problem dar, wenn man nicht vorhersagen kann, mit welchem Energieertrag in den nächsten Stunden zu rechnen ist“, so das Forscherteam um Unterberger in einer Aussendung: „Dies verursacht Kosten, zum anderen besteht die Gefahr der Überhitzung in der Solaranlage.“ Das wäre mit probaten Vorhersagen vermeidbar, sagte Unterberger. Wenn wenig Solarwärme angesagt ist, könne man etwa zusätzliche, besser steuerbare Energiesysteme wie Biomasseanlagen stärker aufdrehen. Ist mehr Sonnenwärme im Anmarsch, als gebraucht wird, könne man die thermischen Speicher vorab leeren.

Einsätze in Graz

Durch solch eine schlaue Steuerung könnte diese emissionsfreie und günstige Energie vermehrt genutzt werden, meint der Forscher. Derzeit würde die Methode, die er mit Kollegen im internationalen Forschungsprojekt „Ship2Fair"entwickelte, bereits für Fernwärme und Gebäuderegelung in Graz eingesetzt, sowie für industrielle Fertigungsprozesse in Spanien, Frankreich, Italien und Portugal.