Chronik

Test im Freien zieht immer weitere Kreise

Der Fall eines Voitsberger Volksschülers, der in der Vorwoche einen Test im Freien geschrieben hat, zieht immer weitere Kreise. Ein Wiener Kinderschutzverein lässt den Vorfall nun hinsichtlich Verletzung der Aufsichtspflicht prüfen.

In sozialen Netzwerken sorgte vergangene Woche der Fall eines neunjährigen Schülers einer Volksschule in Voitsberg für Aufregung: Er hatte seinen Sachunterrichtstest bei minus ein Grad Celsius im Freien vor dem Klassenraum geschrieben; auf dem Foto – das seine Eltern gemacht haben – sitzt der Bub nach vorne gebeugt in Winterkleidung am offenen Fenster vor der Klasse.

Das Foto
APA/zVg
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Der Bub, der den Test angeblich unbedingt absolvieren wollte, wurde am Testtag auch von einem Elternteil begleitet. Der Vater hatte der Prüfungssituation laut Bildungsdirektion zugestimmt; eine Verpflichtung zur Teilnahme am Test habe es nicht gegeben – vielmehr hätten die Erziehungsberechtigten darauf beharrt, so die Bildungsdirektion.

Nach dem Dienstgespräch mit der Schulleiterin und der Klassenlehrerin wurde „keinerlei dienstrechtliches Fehlverhalten“ der Direktorin und Klassenlehrerin festgestellt. Allerdings wurde bereits in der Vorwoche festgehalten, dass die Vorgangsweise, den Test im Freien vor dem Klassenzimmer schreiben zu lassen, „sehr unglücklich gewählt“ worden sei – mehr dazu in Test im Freien: „Instrumentalisierung“.

Verletzung der Aufsichtspflicht?

Damit will sich das „Wiener Bündnis Kinderschutz“ laut Medienmeldungen offenbar nicht zufriedengeben – zumindest der Direktorin wird Fehlverhalten vorgeworfen: „Wenn es ein Befreiungsattest gibt, dann ist es von der Schulleitung zu akzeptieren, um den Rest kann sich die Ärztekammer oder die Polizei kümmern“, konstatierte der Wiener Anwalt Nikolaus Rast im Gespräch mit der APA. Für den Schüler habe somit Aufsichtspflicht bestanden, die auch nicht von den – ebenfalls anwesenden – Eltern übernommen werden habe können. Die Aufsichtspflicht bestätige sich umso mehr, als der Test dann ja tatsächlich absolviert worden sei, so Rast.

Bildungsdirektion soll sich bei Anwalt melden

„Hier wird von der Bildungsdirektion krasses Fehlverhalten der Schulleiterin kaschiert“, sagte der Anwalt, der zugleich einräumte, dass er „mit der Prüfung des Aktes nur im Ansatz fertig“ und die bisherigen Informationen „sehr einseitig“ seien. Nun werde geprüft, „ob das rechtlich eine Thematik darstellt. Ich hätte dazu gerne die zweite Seite gehört“, erklärte der Anwalt, der laut eigenen Angaben aber noch nicht bei der Bildungsdirektion nachgefragt hat: „Ich habe es bis jetzt noch nicht probiert, es wäre schön, wenn sie sich bei mir melden“, wie Rast formulierte.

Das „Bündnis Kinderschutz Österreich“ wurde im Vorjahr nach deutschem Vorbild gegründet und setzt sich für die Rechte von Kindern ein. „Damit identifiziere ich mich“, so Rast. Obmann des gemeinnützigen Vereins, der unter anderem etliche Sportler zu seinen Unterstützern zählt, ist der Wiener Gastronom Roberto d’Atri – letzterer hat wiederum ein „Private Gym“ ins Leben gerufen, in dem in Kooperation mit dem Bündnis Kinder die Möglichkeit haben, ein „Training zu absolvieren, das sie sowohl körperlich, aber auch mental aufbaut“, wie der Homepage zu entnehmen ist.

Ähnlicher Fall in Niederösterreich – aber im Sommer

Einen ähnlichen Fall soll es laut Medienberichten vom Wochenende im vergangenen Sommer an einer Schule im niederösterreichischen Bezirk Neunkirchen gegeben haben – es sei jedoch in der warmen Jahreszeit eine übliche Vorgangsweise gewesen, den Unterricht, und damit auch Tests, nach Möglichkeit ins Freie zu verlagern, hatte die niederösterreichische Schulbehörde betont.