Demonstration Voitsberg
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Chronik

Test im Freien: Demo vor Volksschule

Der Fall eines Volksschülers, der in Voitsberg einen Test im Freien geschrieben hat, hat Dienstagfrüh für lautstarke Demonstrationen vor der Schule gesorgt. Die Bilanz: Einige Anzeigen, ein Polizist wurde von einem Hund gebissen.

Nach dem Dienstgespräch mit der Schulleiterin und der Klassenlehrerin wurde „keinerlei dienstrechtliches Fehlverhalten“ der Direktorin und Klassenlehrerin festgestellt. Allerdings wurde bereits in der Vorwoche festgehalten, dass die Vorgangsweise, den Test im Freien vor dem Klassenzimmer schreiben zu lassen, „sehr unglücklich gewählt“ worden sei – mehr dazu in Test im Freien zieht immer weitere Kreise und in Test im Freien: „Instrumentalisierung“.

Eltern wollen gehört werden, Vater distanziert sich

Am Dienstag wurde nun demonstriert – in unmittelbarer Nähe zu jener Volksschule, vor der der Bub im Freien einen Test schrieb. Die Demonstranten – sind der Überzeugung, in Schulen werde nicht mehr kindgerecht agiert, so Gottfried Hermann, der die Demonstration angemeldet hat – es gehe hier auch um Maßnahmen in Zusammenhang mit der CoV-Pandemie, das wolle man sachlich in den Mittelpunkt rücken, in der Hoffnung, dass das so auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde. Der Vater des Neunjährigen, der den Test im Freien geschrieben hatte, distanzierte sich bereits im Vorfeld von dieser Demo, wie er gegenüber dem ORF Steiermark sagte.

Auch Polizei und Impfgegner bei Demo

Die Demo, bei der unter anderem Eltern zu Wort kamen und von ihren Erfahrungen erzählten, stand unter dem Motto: „Schützt unsere Kinder“. „So geht es nicht mehr weiter“ hieß es etwa zum Start Dienstagfrüh gegen 7.00 Uhr. Rund 80 größtenteils unmaskierte Teilnehmer brachten ihren Unmut zum Ausdruck, während die Polizei das Schulgebäude abschirmte. Neben lautstarken Ansprachen über Lautsprecher auf einem Transporter-Fahrzeug waren auch diverse Maßnahmen-kritische Transparente zu sehen. Nicht alles drehte sich bei der Demo daher um den aktuellen Fall – kritisiert wurde auch die Impfpflicht, so wurden bei der Demo etwa auch Menschen mit Anti-Impfwesten gesehen.

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Demonstration Schule Voitsberg
APA/Erwin Scheriau
Demonstration Schule Voitsberg
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Demonstration Voitsberg
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Die Polizei wies die Versammlungsteilnehmer via Lautsprecherdurchsagen mehrfach auf die Einhaltung der Covid-Schutzmaßnahmen hin. Nach etwa zwei Stunden löste sich die Versammlung wieder auf.

Erste Unterrichtsstunde „nicht möglich“

Bereits im Vorfeld der Demonstration hatten Eltern die Sorge geäußert, dass ihre Kinder am Schulweg mit der Demonstration konfrontiert seien, bestätigte der Voitsberger Bezirkshauptmann Hannes Peißl. Man habe daher Absperrgitter aufgebaut und die Zufahrt geändert, so Peißl. Tatsächlich ging die Demonstration nicht ganz spurlos an den Kindern vorüber: „Es waren schreiende Stimmen hörbar, die Kinder waren verstört“, berichtete Hermann Zoller, Leiter des Bereichs Pädagogischer Dienst der Bildungsdirektion Steiermark.

Demonstration Voitsberg
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Bernhard Just, stellvertetender Direktor der Bildungsdirektion, betonte aber, dass man alles zum Schutz der Kinder getan habe: „Ich habe gesehen und auch mit Lehrerinnen darüber gesprochen: Die Kinder sind gut angekommen, sind auch von der Schule in die Obhut genommen worden. Wir haben viele SchulpsychologInnen und SchulsozialarbeiterInnen vor Ort, die jetzt in dieser ersten Stunde – in der ich davon ausgehe, dass Unterricht nicht möglich ist, weil die Lautsprecher auf die Schule gerichtet sind – mit den Kindern arbeiten, darüber sprechen, wie es ihnen damit geht, und welche Fragen sie dazu haben.“

Demo „nicht geeignete Form“

Für die Behörden bedeute die Demonstration jedenfalls einiges an Arbeit, sagte Peißl: „An und für sich hat die Behörde bei Demonstrationen für die Sicherheit der Teilnehmer der Demo zu sorgen. In diesem Fall fühlen sich natürlich auch die Lehrerinnen bedroht.“ Die steirische Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner stellte im Vorfeld der Demonstration klar, dass ein konfrontatives Austragen und Zuschaustellen von Meinungsverschiedenheiten vor dem Schulareal nicht die geeignete Form sei, um mit der Schulgemeinschaft in Dialog zu treten. Die Schule sei ein „geschützter Ort“, den es zu respektieren gelte.

Bildungsdirektion zieht Konsequenzen

Die Bildungsdirektion sieht den Fall an sich für geklärt an, zieht aber dennoch Konsequenzen für die Zukunft daraus, sagt Hermann Zoller: „Wir werden in den Schulleitertagungen, die anstehen, wieder darauf hinweisen, dass besondere Sensibiltät im Rahmen dieses Pandemiegeschehens einfach angebracht ist und hier eine integrierende Pädagogik den Vorrang hat.“

Der Fall des Buben dürfte aber auch noch politisch für Diskussionen sorgen. Die Freiheitlichen richten dazu am Dienstag im Landtag Fragen an Gesundheitslandesrätin Bogner-Strauß (ÖVP) – mehr dazu in Impfpflicht Thema im Landtag.

Acht Anzeigen und ein Hundebiss

Auch die Polizei zog nach der Demonstration Bilanz. Die Versammlung sei grundsätzlich friedlich verlaufen, insgesamt gab es aber acht Anzeigen. Vor allem bei der Kontrolle der FFP2-Maskenpflicht seien mehrere Verwaltungsübertretungen festgestellt worden, teils wurden Maskenbefreiungs-Atteste vorgezeigt. Bei der Kontrolle eines Teilnehmers, zeigte sich ein Mann unkooperativ. Polizisten brachten ihn zur weiteren Identitätsfeststellung auf eine Polizeiinspektion. Ein Polizist wurde im Rahmen der Kontrollen vom Hund eines Demo-Teilnehmers gebissen und leicht verletzt. Der Hundebesitzer wird angezeigt. Auch gegen den Versammlungsleiter wird eine Anzeige nach dem Versammlungsgesetz erstattet.

Außerdem wurde nach Drohungen gegen die Schule eine eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe unter Einbindung von IT-Ermittlern eingerichtet. Aktuell seien laut Polizei rund 1.000 einschlägiger Nachrichten sowie unzählige Reaktionen in sozialen Netzwerken bekannt. Ermittelt wird wegen gefährlicher Drohung und Nötigung – vorerst gegen noch unbekannte Täter.

Schülerschaft streikt wegen Matura

Auch die Schülerschaft streikte am Dienstag an mehr als 100 Schulen, allerdings in Zusammenhang mit der Matura – mehr dazu in Schulstreik: Erleichterungen für Matura gefordert (ooe.ORF.at) und in Oberstufen-Schüler streiken am Dienstag (vorarlberg.ORF.at) sowie in Schülerinnen und Schüler streiken (wien.ORF.at). ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek hatte ja angekündigt, dass die mündliche Matura heuer wieder Pflicht sein soll – mehr dazu in Weiter Diskussion über verpflichtende mündliche Matura(news.ORF.at; 13.1.2022). In der Steiermark wird erst für Donnerstag ein Streik an mehreren Schulen vorbereitet.