Ruckerlberg in Graz
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Wirtschaft

Villenverfall am Grazer Ruckerlberg: Die Uhr tickt

Graz wächst von Tag zu Tag, Wohnraum ist knapp, die Immobilienpreise sind hoch wie nie zuvor – beste Voraussetzungen für Bauträger. Deshalb müssen alte Gebäude immer öfter weichen – so auch viele Villen am Grazer Ruckerlberg.

Wer am Grazer Ruckerlberg spazieren geht, kann auf Schritt und Tritt wunderschönen alten Villen begegnen – einige von ihnen sind mittlerweile aber dem Verfall Preis gegeben. Karin Steffen vom Schutzverein Ruckerlberg will diese Häuser retten: „Meine Motivation ist, dass wir ohne unsere Wurzeln nicht leben können und nicht gut in die Zukunft schauen können. Gerade das historische Bauerbe ist ganz besonders wichtig, dass wir von unseren Ahnen auch lernen können – es gibt vieles, was sonst vergessen wird und was wir mitnehmen sollen.“

Nachfolgeprojekte oft mit bis zu vier Stockwerken

Für mehrere Villen des Grazer Nobelviertels gibt es bereits konkrete Nachfolgeprojekte – teils mit bis zu vier Stockwerken. „Natürlich sind die Geschmäcker verschieden, das stimmt schon, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man irgendwann in der Zukunft durch Straßen geht, wo rechts und links diese Würfelhäuser hingestellt werden“, so Steffen.

Ruckerlbergvillen – Die Uhr tickt

In Graz sind die Immobilienpreise, so wie in fast allen großen Städten Österreichs in den letzten Jahren ziemlich stark gestiegen. Bei Einfamilienhäusern liegt das hauptsächlich am Trend zum verdichteten Wohnbau: kurz gesagt, dort wo früher eine Familie in einem Haus gewohnt hat, kommt jetzt oft ein Wohnblock mit 15 – 20 Wohnungen hin. Das treibt natürlich die Gewinnmöglichkeiten für Bauträger in die Höhe, und damit auch die Preise, die sie bereit sind zu zahlen. Am Ruckerlberg in der steirischen Hauptstadt verfallen derzeit aus diesem Grund besonders viele alte Villen gleichzeitig.

Bernhard Inninger, der Leiter des Grazer Stadtplanungsamtes, sagt dazu: „Was vielen so gut am Ruckerlberg gefällt, das sind die alten Villen – die sind entstanden in einer Zeit, wo die Arbeitszeit sehr billig, das Material jedoch sehr teuer war. Da sind extrem arbeitsaufwendige Bautechniken angewendet worden, und es war kein Problem, wenn es ein paar Tage länger gedauert hat. Es wäre aber sehr teuer gewesen, ein Stockwerk mehr zu errichten. Was heute errichtet wird, muss aus unserer Sicht kompromisslos Ausdruck der heutigen Baukultur sein, da kann man die höchsten Maßstäbe anlegen, aber es muss zeitgenössisch sein.“

„Exempel“ gefordert

Einige der reich verzierten alten Villen am Ruckerlberg sind schon verschwunden, ihre „Nachfolger“ zeigen, wie sich der Charakter der Umgebung ändert. „Ein Politiker, der wirklich etwas ändern will, und wenigstens im Einzelfall einmal ein Exempel statuieren will, der braucht einfach Mut“, sagt Steffen.

Gesetzliche Möglichkeit bereits geschaffen

Eine Möglichkeit, die alten Häuser zu erhalten, wurde bereits geschaffen, so Stadtplaner Inninger: „Das Land Steiermark hat eine neue Schutzzone erlassen, sodass für einen Teil des Ruckerlbergs nun sehr wohl auch diese Möglichkeit besteht – nämlich den Abbruch von bestehenden Gebäuden zu untersagen.“ Ein paar Dachziegel gelockert, ein paar Fensterscheiben eingeschlagen, dem Verfall preisgegeben – in der Praxis wurden allerdings bereits Möglichkeiten gegen solche Regelungen gefunden.