In Graz etwa erinnert das Lager Liebenau an die Verbrechen des Nationalsozialismus: „Das Lager Liebenau war eine Zwischenstation auf den Todesmärschen der ungarischen Juden im April 1945 ins KZ Mauthausen. Wir sprechen hier von dem Holocaust vor unserer eigenen Haustür“, sagt Stelzl-Marx, die auch Leiterin des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung ist.
Zeitzeugen werden weniger
Die Historikerin verweist auf die Bedeutung solcher Gedenkstätten, auch weil Zeitzeugen immer weniger werden: „Es gibt praktisch keinen wirklichen Ersatz für diese erlebte, erinnerte und erzählte Geschichte, das heißt, wir brauchen da immer andere Formen der Vermittlung, zum Beispiel Erinnerungsorte wie das Lager Liebenau – diese tragen zu einer Sichtbarmachung und auch zu einer Sensibilisierung bei.“
CoV: Vergleiche mit NS-Zeit „bestenfalls Verharmlosung“
Stelzl-Marx spricht in diesem Zusammenhang auch über zunehmenden Antisemitismus, etwa bei den Demonstrationen gegen die CoV-Maßnahmen, wo Demonstranten immer wieder Vergleiche mit der NS-Zeit ziehen: „So Aussprüche wie ‚Ich fühle mich wie Anne Frank, weil ich im Home Office bin‘, das ist im besten Fall eine Verharmlosung, aber das sind auch Sprüche und Einstellungen, die in Richtung Antisemitismus und neonazistische Bewegungen gehen.“
Laut der Historikerin ist jeder gefordert und jeder kann etwas dagegen tun: „Am ehesten in seinem eigenen Umfeld versuchen, wenn es da Menschen gibt, die anfällig wären für solche Überlegungen, mit denen zu reden und ihnen auch die Gefahren von solchen Entwicklungen aufzuzeigen. Es geht hier immer um eine Sensibilisierung und auch um eine Aufklärung, wenn es sich etwa um mangelndes Wissen um die tatsächlichen Hintergründe handelt“, so Stelzl-Marx.
Erinnerung an Opfer eingemahnt
Zum Internationalen Holocaust-Gedenktag anlässlich der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz haben am Donnerstag zahlreiche Politikerinnen und Politiker die Erinnerung an die Opfer eingemahnt. Man müsse dafür sorgen, „dass Menschenverachtung, Sündenbockdenken und Gewalt niemals wieder als politisches Instrument eingesetzt werden“, sagte etwa Bundespräsident Alexander Van der Bellen – mehr dazu in Mahnende Worte wider das Vergessen (news.ORF.at).