Kalender mit Aufschrift „Impfen“
APA/Barbara Gindl
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Coronavirus

Experten in Impfpflicht-Debatte uneins

Die Aufregung rund um die Impfpflicht und deren Umsetzung reißt nicht ab: Vor allem die Verhältnismäßigkeit wird immer häufiger in Frage gestellt – von rechtlichen, aber auch medizinischen Experten.

Neben dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) äußerten mittlerweile auch der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) Bedenken an der Impfpflicht – mehr dazu in Kritik aus Ländern wird lauter (news.ORF.at).

Schützenhöfer steht weiter zur Impfpflicht

Nach Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer betonten sowohl Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) als auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), an der Impfpflicht-Agenda festhalten zu wollen – mehr dazu in Regierung hält an Zeitplan fest (news.ORF.at) –, und auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) steht zur Impfpflicht, auch wenn sie seiner Ansicht nach fast zwei Jahre zu spät kommt – mehr dazu in „Impfpflicht kommt zweifellos zu spät“.

Steirische Experten sind sich uneins

Der Gesundheitsexperte Martin Sprenger von der Med-Uni Graz – zu Beginn Pandemie-Berater der Bundesregierung – sieht dagegen keine Grundlage mehr für die Impfpflicht: „Der letzte GECKO-Bericht besagt, dass die Gesamtimmunität in der Bevölkerung schon bei 93 Prozent liegt – Impfungen plus Infektion. Allein das macht eine Impfpflicht nicht mehr notwendig. Und die größte Gefahr ist, dass das rückwirkend vom Verfassungsgerichtshof als unverhältnismäßig und auch nicht legitim beurteilt wird. Das zerstört unglaublich viel Vertrauen – auch für andere Impfungen.“

Auch der steirische Infektiologe Klaus Vander sieht die Impfpflicht mittlerweile auf wackeligen Beinen: „Omikron in Kombination mit einer inzwischen recht soliden Immunisierungsrate der Bevölkerung und der damit einhergehenden geringeren Krankheitslast führt natürlich schon dazu, dass es weniger Druck und Verhältnismäßigkeit gibt.“ Dennoch hält es Vander für sinnvoll, an der Impfpflicht festzuhalten: „Weil wenn wir jetzt alles in einem gewissen Frühlingsrausch schleifen lassen, werden wir die Zeche dafür zahlen – im Herbst und Winter.“

Rein präventive Gesetze „problematisch“

Denn laut Vander sei nicht ausschließen, dass kommende Varianten anders verlaufen wie Omikron – auch das sieht Martin Sprenger anders: „Da stellt sich für mich schon die Frage: Wollen wir jetzt präventiv Gesetze, die ja auch mit Amtshandlungen verbunden sind, gegen zukünftige Gesundheitsrisiken, die abstrakt sind, beschließen? Also das halte ich für unglaublich problematisch.“

Auch rechtlich eine Frage der Verhältnismäßigkeit

Bei der Impfpflicht geht es vor allem um die Frage der Verhältnismäßigkeit – sie stellt einen schweren Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit dar, wird aber mit dem Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung begründet.

Das Argument, dass Omikron nicht mehr zu einer solchen Überlastung führe, könnte zu kurz greifen, meint wiederum der steirische Gesundheitsrechtsexperte Karl Stöger: „Auch der Verfassungsgerichtshof wird verlangen, dass ihm das alles medizinisch dokumentiert wird – und es ist darauf hinzuweisen: Es geht um eine Impfpflicht gegen das Coronavirus und nicht allein gegen Omikron. Mit anderen Worten – eine Verhältnismäßigkeit könnte dann noch gegeben sein, wenn man zu dem Ergebnis kommt: Ich impfe gewissermaßen deswegen, weil die Pandemie noch einen weiteren Verlauf nehmen wird können, der zu einer Überlastung führt. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nicht mehr gegeben ist, dann ist die Impfpflicht nicht erforderlich, und dann sind natürlich auch keine Strafen zu verhängen.“

Die Entscheidung darüber treffe – laut Verordnung – der Gesundheitsminister. „Das Gesetz sieht aber ein Gremium mit zumindest Medizinern und Juristen vor, das entsprechende Empfehlungen geben kann. Die Entscheidung muss aber der Minister treffen, auch entscheiden, ob – und wie weit – Bestimmungen ausgesetzt werden“, so Stöger. Auch rund um dieses Gremium gab es zuletzt Diskussionen, denn noch ist diese unabhängige Kommission nicht gebildet worden.

Details zu Ausnahmeansuchen am Montag

Fest steht jedenfalls, dass das Impfpflichtgesetz auch Ausnahmen vorsehen wird – und zwar für Unter 18-Jährige, Schwangere, Genesene und Personen, die nicht ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft werden können oder bei denen keine entsprechende Immunisierung erreicht werden kann.

Ausnahmen von der Impfpflicht
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Personen, die unter diese Ausnahmen fallen und nicht geimpft werden wollen, müssen ein Ansuchen um Impfausnahme stellen. Die Präsentation des dafür nötigen Online-Formulars kündigte das Land Steiermark für Montag an; erst ab diesem Tag können dann auch die entsprechenden Anträge gestellt werden – mehr dazu in Impfbefreiung: Anmeldung nicht vor 14. Februar.