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Auf den Spuren seltener Erkrankungen

Tobias wird immer müder, die Muskeln schwächer – Ärzte der Grazer Kinderklinik fanden schließlich mit der Humangenetik-Ambulanz der Med-Uni Graz die Ursache: Myasthenie. Eine von vielen seltenen Erkrankungen, denen die Forscher auf den Grund gehen.

Zumeist sind seltene Erkrankungen genetisch bedingt und zeigen sich schon im Kindesalter, doch sie sind schwer zu diagnostizieren. Ärzte und Ärztinnen der Kinderklinik am Universitätsklinikum Graz arbeiten daher eng mit dem Wissenschaftsteam der Humangenetik-Ambulanz der Med-Uni Graz zusammen: Sie versuchen, die Gene zu finden, die einen mögliche Fehler in der Erbinformation zeigen – und können so zu Diagnosen kommen.

Tobias mit seiner Ärztin
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Ein fester Händedruck – der ist für den elfjährigen Tobias jetzt wieder möglich

Dank ihrer Hilfe kann der elfjährige Tobias Sorger seine Muskelkraft wieder mit einem festen Händedruck unter Beweis stellen – und die hat den letzten Monaten stetig zugenommen. Das war nicht immer so: „Beim Sport war ich immer der, der am schnellsten die Luft verloren hat und nicht mehr konnte, und da haben wir schon gemerkt: Da ist irgendwas und das haben wir dann prüfen lassen und dann sind wir draufgekommen, dass ich eine Muskelschwäche habe“, erklärt der Schüler.

Sechs Jahre bis zur Entdeckung der Ursache

Mehr als sechs Jahre lang wurde die Ursache für sein rasches Ermüden nicht erkannt. Erst an der Ambulanz für Humangenetik der Med-Uni Graz gab es eine Diagnose: Myasthenie, eine seltene genetisch bedingte neurologische Erkrankung.

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Mithilfe von Sequenzierern kamen die Forscher der Erkankung auf die Spur

Mithilfe sogenannter Sequenzierer – modernster Laborgeräte – gelang es, im gesamten genetischen Bauplan von Tobias genau das eine defekte Gen zu finden: „Wir haben früher eine Verdachtsdiagnose gehabt, dann haben wir ein Gen ganz gezielt angeschaut. Und wenn das nicht die Ursache war, dann wurde das nächste Gen angeschaut. Heute ist es möglich diese 22.000 Gene gleichzeitig zu analysieren, da gewinnen wir an Zeit und man kommt auf Diagnosen, an die wir klinisch gar nie gekommen wären“, so Sarah Verheyen von der Med-Uni Graz.

Tag der seltenen Erkrankungen:

Am 28. Februar wird der internationale Tag der seltenen Krankheiten begangen. Man spricht von einer seltenen Erkrankung, wenn weniger als fünf von 10.000 Personen betroffen sind.

„Ein Lottosechser“

Ein enormer Fortschritt – wenngleich noch lange nicht alle genetisch bedingten seltenen Erkrankungen auch erkannt werden: „Diese modernen Techniken liefern uns in ca. 40 bis 50 Prozent der Fälle, die wir bislang nicht verstanden haben, eine Antwort was die Ursache der Erkrankung ist. Und auch wenn man nicht in allen Fällen eine Behandlung ableiten kann, ist das Verständnis woher das kommt, warum mein Kind diese Probleme hat, eine ganz wichtige Frage, die man mit den Eltern dann viel konkreter weiter bearbeiten kann“, so Kinderneurologin Barbara Plecko.

Tobias und seine Eltern hatten Glück: Herkömmliche Medikamente und viel Sport helfen ihm heute: Eine große Erleichterung nach Jahren der Unsicherheit: „Dass man eine Diagnose hat ist sehr wichtig. Und eine Muskelerkrankung, die Gott sei Dank therapierbar ist, das ist ein Lottosechser“, findet Mutter Alexandra Sorger.