People are seen outside the cordoned off area around the remains of a shell in a street in Kyiv on February 24, 2022. – Russian President Vladimir Putin announced a military operation in Ukraine on Thursday with explosions heard soon after across the country and its foreign minister warning a „full-scale invasion“ was underway.
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Politik

Ukraine: „Landkarte Europas wird neu gezeichnet“

In der Nacht auf Donnerstag hat Russland von mehreren Seiten einen Angriff auf die Ukraine begonnen. Als Ziel sehen steirische Experten einen raschen Regimewechsel in Kiew. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) verurteilte den Einmarsch.

Bereits in der Früh meldete der ukrainische Grenzschutz, dass russische Bodentruppen die Grenzen im Osten, Nordosten und Norden der Ukraine überschritten hätten, der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sprach von einem „großangelegten Krieg gegen die Ukraine“. Aus mehreren Orten wurden Explosionen gemeldet. Präsident Wolodymyr Selenski verhängte das Kriegsrecht – mehr dazu in Ukraine: Zivilisten bei russischem Angriff getötet (news.ORF.at).

„Re-Etablierung des Eisernen Vorhangs“

„Ab heute (Donnerstag, Anm.) wird die Landkarte Europas neu gezeichnet werden, da bin ich überzeugt davon. Die Ukraine wird in der einen oder anderen Form von Russland so angegriffen werden, dass sie vermutlich stärker an Russland herangeführt wird“, sagt Stefan Karner, Co-Vorsitzender der österreichisch-russischen Historikerkommission und Kenner der Ukraine.

Exil-Ukrainer über den Krieg

Die Hoffnungen auf eine friedliche Lösung in der Ukraine haben sich nicht erfüllt. Alle diplomatischen Bemühungen sind bislang gescheitert. In der Steiermark lebende Ukrainer beobachten die Lage mit großer Betroffenheit.

Dass sich der Krieg auf Europa wie ein Flächenbrand ausweite, glaubt er aber nicht – es werde seiner Ansicht nach keine Militäraktion der NATO geben. Das sieht auch Franz-Stefan Gady so – der Steirer ist Politikberater und Analyst beim Institut für internationale Strategiestudien in London. „Ich vermute, dass zumindest für die nächste Zeit dieser Konflikt nicht erweitert wird, ich glaube nicht, dass er langfristig die NATO militärisch involvieren wird. Ich glaube aber trotzdem, was wir jetzt erleben, ist vielleicht die Re-Etablierung eines neuen Eisernen Vorhanges in Europa“, so Gady, der meint, dass Europa bei Putin zu lange nur auf Diplomatie gesetzt habe.

„Sanktionen können Konflikte auch beschleunigen“

Der Analyst sieht künftig eine militarisiertere Außenpolitik in Europa: „Sanktionen können Konflikte nicht nur abschrecken – ich glaube, und das ist vielleicht eine Lektion dieses Konflikts, Sanktionen können auch den Ausbruch von Konflikten beschleunigen“, so Gady.

Analyse zum Ukraine-Krieg

Professor Benedikt Harzl von der Univeristät Graz forscht zu Recht und Politik im post-sowjetischen Raum. In „Steiermark heute“ gibt er seine Einschätzung zu den jüngsten Entwicklungen.

Die Ukraine sei uns nicht nur geografisch mit rund 600 Kilometern Entfernung recht nahe, analysiert wiederum Stefan Karner, sondern auch historisch: So gehörten Teile der Westukraine zur Habsburger-Monarchie. Besonders schlimm sei der Krieg für die ukrainische Bevölkerung, ist der Historiker besorgt: „Für Österreich stellt sich in dieser Situation ganz klar die Aufgabe einer humanitären Hilfe in erster Linie für Flüchtlinge, die zu erwarten sind.“ Die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine wurde von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auch schon zugesagt – mehr dazu in Eisige Reaktionen auf Russlands Angriff (news.ORF.at).

Schützenhöfer: „Niemand will Krieg mitten in Europa“

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) ließ via Facebook wissen: „Dieser Angriff ist klar zu verurteilen. Denn es geht hier nicht nur um die territoriale Souveränität eines Landes, sondern vor allem um das Leben von Millionen Menschen in der Ukraine. Deshalb ist es nun wichtiger denn je, deeskalierend zu agieren und weiterhin das Gespräch zu suchen. Niemand will Krieg mitten in Europa.“

Kahr: „Krieg darf nie eine Option sein“

Nach ihrer Forderung nach Rückzug von Truppen beider Seiten vom Mittwoch – mehr dazu in Ukraine-Konflikt: Sorgen und Friedensappelle – verurteilte die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) am Donnerstag die russische Invasion in der Ukraine deutlich: „Russland hat heute (Donnerstag, Anm.) mit dem Einmarsch in die Ukraine begonnen. Mit dieser Aggression hat Putin schweres Unrecht begangen und Fakten geschaffen, die nicht mehr umkehrbar sind. Alle Beteuerungen haben sich als leere Worte erwiesen.“

Leidtragende seien die Menschen in der Ukraine, die in diesem Krieg ihr Hab und Gut, ihre Heimat und ihr Leben verlören, sagte Kahr weiters. „Dieser Krieg wird Auswirkungen weit über die Ukraine hinaus haben. Die Drohungen und Einschüchterungsversuche Putins gegenüber anderen Staaten sind inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen“, betonte die KPÖ-Politikerin. „Krieg darf nie eine Option sein. Das sollten die Machthaber aufgrund der Erfahrungen aus der Geschichte gelernt haben.“