Arzt hält ein Stethoskop
APA/HELMUT FOHRINGER
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Politik

Kritik an Mediziner-Stipendien für Wiener Privatuni

Die Med Uni Graz und die steirische Ärztekammer haben für die vom Land Steiermark am Donnerstag präsentierte Zusammenarbeit mit der Wiener Sigmund Freud-Universität – Stipendien für Jungmediziner – wenig Verständnis.

Die von Land, KAGes und dem steirischen Gesundheitsfond am Donnerstag angekündigte Ausbildungsoffensive soll dem Ärztemangel in der Steiermark entgegenwirken: Demnach übernimmt das Land die Studiengebühr für 60 Studierende an der privaten Sigmund Freud-Universität in Wien, jeweils 150.000 Euro; die Empfänger verpflichten sich dafür, zehn Jahre für die KAGes zu arbeiten – mehr dazu in Ärztemangel: Land kündigt Ausbildungsoffensive an.

Spitalsärzte dringend gesucht

In der Steiermark gibt es einen massiven Mangel an Ärzten, Kassenstellen für niedergelassene Ärzte können teilweise nicht besetzt werden. Auch in den Spitälern fehlen Mediziner. Allein bei der KAGES sind derzeit 150 entsprechende Stellen nicht besetzt.

Med Uni Graz: „Zu keiner Zeit eingebunden“

Wenig Freude damit hat der Rektor der Med Uni Graz, Hellmut Samonigg: „Die Medizinische Universität Graz war zu keiner Zeit in die bekannt gemachte Ausbildungsoffensive des Landes Steiermark mit der Sigmund Freud-Privatuniversität bzw. deren inhaltliche Ausgestaltung eingebunden. Die bekannt gegebenen Inhalte dieser sogenannten ‚Ausbildungsoffensive‘ werfen aus Sicht der Med Uni Graz mehrere bisher unbeantwortete Fragen auf. Vonseiten der Med Uni Graz werden auch weiterhin bisher von der Landesregierung nicht aufgegriffene Vorschläge ergehen, dem ‚Ärztemangel‘ zukunftsorientiert, effektiv und konstruktiv (und kostenschonend) zu begegnen.“

Ärztekammer: „Schildbürgerstreich“

Der steirische Ärztekammer-Präsident Herwig Lindner spricht von einem „Schildbürgerstreich“, durch mehr Studierende werde das Grundproblem nicht gelöst: „Bei den Arbeitsbedingungen gehört angesetzt, damit die Ärzte auch in der Steiermark bleiben – die sind zumeist schlechter als in anderen Bundesländern. Das gilt für Landeskrankenhäuser genauso wie für die Niederlassung. Wenn schon Stipendien, sollte unbedingt eine Kooperation mit der steirischen Medizinischen Universität gesucht werden. Dass steirisches Geld nach Wien geht, statt in der Steiermark zu bleiben, ist ein Schildbürgerstreich.“

Land: „Win-Win-Situation“

Das Land Steiermark präsentierte die dreijährige Kooperation als Win-win-Situation: „Nicht nur die Studierenden werden davon profitieren, sondern auch die heimischen Patientinnen und Patienten. Zudem erhält die KAGes zusätzliche Ärztinnen und Ärzte“, so Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) in einer Aussendung.

FPÖ: „Erster Schritt in die richtige Richtung“

Für die steirische FPÖ sei das Kooperationsmodell ein „erster Schritt in die richtige Richtung“: „Angesichts des grassierenden Ärztemangels im niedergelassenen Bereich wäre eine Ausweitung derartiger Stipendiensysteme – wie von der FPÖ seit Jahren gefordert – jedoch eine Notwendigkeit.“ Es brauche ein ähnliches Modell auf öffentlichen Universitäten für jene angehenden Mediziner, die sich nach dem Studium für eine Tätigkeit im regionalen Versorgungssystem – etwa als Landarzt oder Amtsarzt – verpflichten. „Schließlich bilden die heimischen Hochschulen – finanziert von der öffentlichen Hand – prinzipiell eine durchaus angemessene Anzahl an Medizinern aus, von denen jedoch anschließend viele nicht in Österreich einer Tätigkeit als Arzt nachgehen“, so FPÖ-Gesundheitssprecher Marco Triller.

Grüne: „Zwei-Klassen-Medizin wird weiter gefördert“

Die steirischen Grünen zeigten sich irritiert. Gesundheitssprecher Georg Schwarzl fragte die Landesrätin via Aussendung, warum die Grazer Med-Uni nicht eingebunden wurde. „Mit der Unterstützung von Privatuniversitäten wird nur die Zwei-Klassen-Medizin weiter gefördert“, sagte er weiter und warnte davor, im medizinischen Bereich den gleichen Fehler zu machen wie im Pflegebereich, wo auch zu viel in den Privatbereich „abfließen“ würde. „Um neun Millionen Euro, die die Privatuniversität so vom Land Steiermark bekommen soll, könnte man im Gesundheitsbereich viele notwendige Verbesserungen, die eine nachhaltige Lösung sicherstellen, vorantreiben.“

KPÖ: „Fatales Signal“

Die KPÖ Steiermark deutete die Stipendien als „fatales Signal“: „Es kann nicht die Aufgabe des Landes Steiermark sein, Privatunis zu subventionieren – schon gar nicht in Wien. Warum die Gesundheitslandesrätin die Medizinische Universität Graz nicht einmal in die Ausbildungsoffensive miteingebunden hat, ist mir unerklärlich. Mehr Medizin-Studienplätze natürlich, aber bitte an öffentlichen Universitäten, nicht sündhaft teuren Privatunis“, sagte KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler. „Die neun Millionen Euro Steuergeld wären in besseren Arbeitsbedingungen bei der KAGes besser angelegt gewesen.“