Flüchtlingslager Borici im bosnischen Bihac
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Chronik

Caritas erwartet neuerliche Flüchtlingswelle

Nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine bereiten sich Hilfsorganisationen auf eine neuerliche Flüchtlingswelle vor. Tausende warten aber bereits seit langem an den Toren Europas auf Einlass. So etwa in Bosnien-Herzegowina, wo die Caritas unterstützt.

Seit vier Jahren ist Bosnien-Herzegowina Zwischenziel für tausende Flüchtlinge. Vor über zwei Jahren wurden in der bosnischen Stadt Bihac die ersten Flüchtlinge im Lager Borici untergebracht. Zu diesem Zeitpunkt finanzierte die die steirische Caritas gemeinsam mit der Caritas der Diözese Seckau eine Wäscherei, die auch heute noch in Betrieb ist.

Eine halbe Stunde entfernt in den Bergen liegt das Lager Lipa, das vor rund einem Jahr von Flüchtlingen angezündet wurde. Die Bilder gingen damals um die Welt, es herrschten verheerende Zustände. Mittlerweile ist ein neues Lager mit Containern errichtet worden, auch hier unterstützt die Caritas, sagt Nikica Prskalo von der Caritas Banja Luka: „Wir haben Hallen für Ausspeisung, für soziale Aktivitäten und für anderes, die Bedingungen sind jetzt sehr gut.“

Flüchtlingslager Borici im bosnischen Bihac
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Das neu errichtete Flüchtlingslager Lipa

„Ich träume davon, nach Europa zu gehen“

Dennoch ist hier für die Flüchtlinge Endstation: Sie wollen nach Westeuropa, werden aber beim Versuch über die grüne Grenze nach Kroatien zu kommen immer wieder zurückgewiesen. Täglich verschwinden einige, um es wieder zu probieren, andere kommen zurück, um hier zu Essen, Wäsche zu waschen und die Freizeit zu verbringen. „Irgendwann wird es schon funktionieren“, sagt ein Flüchtling, der schon seit Monaten hier im Lager ist. „Ich träume davon, nach Europa zu gehen“, sagt ein anderer.

Flüchtlingslager in Bosnien

Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass bis zu vier Millionen Menschen aus der Ukraine flüchten werden. Schon jetzt warten tausende Flüchtlinge aus anderen Ländern darauf, nach Europa zu kommen. Etwa an der EU-Außengrenze in Bosnien-Herzegowina.

Manche hausen sogar im Wald und versuchen von dort aus einen Fluchtversuch. „To go on Game“ nennen es die Flüchtlinge, auf ein Spiel gehen. Immer wieder zu versuchen, ob man es nicht doch über die Grenze schafft. Amin im Lager Borici hat es erst vor Kurzen wieder versucht, schildert er. Seit sieben Jahren ist er auf der Flucht. „Ich will nur ein normales Leben führen, das ist nicht viel, ich bin müde“ sagt Borici.

Fokus auf Kinder, Familien und Jugendliche

Der Schwerpunkt der Caritas-Projekte im Raum Bihac liegt bei der Hilfe für Kinder, Jugendliche und Familien. So wurde etwa organisiert, dass ein Schulbus Flüchtlingskinder in die Schule bringt und auch arme Familien der lokalen Bevölkerung werden unterstützt.

Mehrere Schulen werden zudem mit Schulbüchern und Lernmaterialien ausgestattet, für eine Schule wurden neue Tische und Bänke angeschafft. Es gehe darum, Kinder der lokalen armen Bevölkerung zu einem Schulabschluss zu bringen und Flüchtlingskindern wenigstens einen Schulbesuch zu ermöglichen, sagt Brigitte Kroutil-Krenn von der Auslandshilfe der Caritas Steiermark: „Zukunft für Kinder geht einfach nur über Bildung, Bildungsmöglichkeiten und Bildungszugang.“

Flüchtlingslager Borici im bosnischen Bihac
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An vielen Häusern in Bihac sind noch heute Einschusslöcher aus der Zeit des Jugoslawienkriegs sichtbar

Hilfe, die bitter nötig ist, denn rund 40 Prozent der Bevölkerung Bosniens haben keine Arbeit, jeder Fünfte lebt unter der Armutsgrenze. Hinzu kommt die ungelöste Flüchtlingsproblematik – und jetzt der Krieg in der Ukraine.

Bereits rund 2.000 Flüchtlinge in Rumänien

Bei der steirischen Caritas, die in ganz Osteuropa, auch in der Ukraine, Projekte unterstützt, laufen Vorbereitungen, bestätigt Kroutil-Krenn: „Natürlich bereitet man sich mit den Partnern vor auf mögliche Flüchtlingsbewegungen innerhalb des Landes, aber wir haben schon die letzte Information, dass es in Rumänien schon 2.000 Flüchtlinge aus der Ukraine gibt, also im Grenzgebiet, und wir werden natürlich als steirische Caritas unseren Partnern in Rumänien oder in der Slowakei, sollten sie Unterstützung bei der Flüchtlingsversorgung brauchen, beistehen.“ Auch in Bihac fürchten viele mögliche Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und neues Leid sowie auch neue Flüchtlingswellen. Die Zukunft bleibt weitgehend ungewiss.