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Coronavirus

Grazer Didaktiker orten mangelndes Virus-Wissen

Das Coronavirus beschäftigt die Welt seit zwei Jahren intensiv. Doch was wissen junge Menschen über Viren? Zwei große Befragungen der Uni Graz machten nun nach wie vor große Wissenslücken bei Schülern über 14 Jahren sichtbar.

Abstandhalten, Maskentragen, Händewaschen, Tests, Impfen: Viel ist über den Sinn einzelner Maßnahmen im Kampf gegen Viren und insbesondere SARS-CoV-2 diskutiert und gestritten worden. Doch wie verbreitet und fundiert ist das Wissen über Covid-19, aber auch über die Virologie im Allgemeinen überhaupt? Uwe Simon vom Fachdidaktikzentrum für Biologie und Umweltkunde der Uni Graz und Marc Bracko haben das in zwei Umfragen unter 1.027 Erwachsenen (Studie A) und 1.728 Schülerinnen und Schüler über 14 Jahre (Studie B) erhoben.

Gutes Wissen, was Übertragung und Testen angeht

Die gute Nachricht zuerst: In beiden Studien wusste die große Mehrheit, wie man auf Covid-19 testet. Von den Erwachsenen verwiesen rund 90 Prozent auf Nasen- und Rachenabstrich, 23,7 wählten auch die Blutanalyse; unter den Schülerinnen und Schülern waren die Zahlen mit knapp unter 90 Prozent und 19,4 Prozent nur geringfügig niedriger, so Uwe Simon.

Hinsichtlich der Übertragung des Virus glaubte in beiden Studien eine große Mehrheit zu Recht, dass das Coronavirus durch Tröpfchen übertragen wird (Erwachsene: 89,6 Prozent, Schüler: 78,7 Prozent), während sämtliche richtige Optionen (Tröpfchen, Aerosole und kontaminierte Oberflächen) nur noch von knapp 42 Prozent der Erwachsenen und 15,6 Prozent der Schulbesucher erkannt wurden.

Darüber hinaus gaben rund 57 Prozent korrekt an, dass der wissenschaftliche Name des Virus SARS-CoV-2 ist. Unter den Schülern war die Unsicherheit größer: Hier kannten nur 33 Prozent den wissenschaftlichen Namen. 0,5 Prozent aus Studie A glaubten aber auch, dass es das SARS-CoV-2-Virus gar nicht gäbe, unter den Schülern waren es 1,7 Prozent.

Wissenslücken bei Impfungen und deren Wirkung

In beiden Studien waren sich weiters die meisten Teilnehmer sicher, dass die Impfung vor Viruserkrankungen schützt (rund 91 Prozent Erwachsene und 80 Prozent der Schüler). Obwohl viele in Österreich empfohlene Impfungen Schutz vor bakteriellen Erregern von Tetanus, Diphtherie oder Keuchhusten bieten, waren jedoch nur 43,6 in Studie A und 40,7 Prozent in Studie B überzeugt, dass Impfen auch in diesem Fall hilft. Knapp jeder Zehnte glaubte allerdings fälschlich, dass Antibiotika in Impfstoffen enthalten wären; unter den Schülern glaubten gar 15,3 Prozent, dass Antibiotika Teil eines Impfstoffes sein könnten, wie Simon betonte.

Die Anzahl an Impfschäden in Österreich sei „drastisch“ überschätzt worden. In Hinblick auf die Herdenimmunität – etwa bei Masern – gab nur ein sehr kleiner Teil der Teilnehmer in beiden Studien die richtige Antwort – dass etwa 95 Prozent einer Bevölkerung geimpft werden müssen: Rund 13 Prozent der Erwachsenen und etwa 7 Prozent in Studie B kreuzten die richtige Zahl an.

Große Missverständnisse bei allgemeinem Viren-Wissen

Generell zeigten viele Teilnehmende beider Studien gravierende Missverständnisse im Bezug auf virologisches Wissen jenseits von Covid-19: 27,5 Prozent der Erwachsenen meinten fälschlicherweise, dass Viren Einzeller seien, zehn Prozent charakterisierten sie als Bakterien; rund sechs Prozent meinten, man könne sie mit Antibiotika bekämpfen und nicht einmal ein Viertel klassifizierte Viren korrekterweise als leblose Teilchen. „Bei den Jugendlichen fielen diese Zahlen noch einmal signifikant schlechter aus“, schilderte der Biologe.

In beiden Studien erkannte weniger als die Hälfte aller Befragten die Zeichnung eines Virus richtig, nicht wenige hätten sogar eine pflanzliche oder tierische Zelle für ein Virus gehalten. Unter den Schülern fühlten sich rund 43 Prozent durch ihre Lehrer „gut informiert“, knapp zehn Prozent sogar „sehr gut informiert“ über Viren. 33,3 Prozent stuften ihr Virenwissen in der Schule hingegen als „mittelmäßig“ ein.

„Schulbildung muss stark verbessert werden“

Die Ergebnisse würden laut Simon insgesamt zeigen, dass das virusbezogene Wissen der Allgemeinbevölkerung jedenfalls signifikant besser ist als das von Schülern der Sekundarstufe. „Wir empfehlen dringend, dass die virusbezogene Schulbildung stark verbessert werden muss, damit die Bevölkerung gesundheitsbezogene Informationen richtig einschätzen, Fake News entgegenwirken und wissenschaftlich fundierte Entscheidungen treffen kann“, so der Grazer Fachdidaktiker.

Wie gut die Jugendlichen informiert waren, habe vor allem mit der Art der Ausbildung, Schulstufe und -typ zu tun: Insbesondere Schüler der Mittelschule hätten große Wissenslücken gezeigt – hier bestehe laut Simon großer Aufholbedarf, da ein Großteil dieser Schulbesucher keine weiterführenden Schulen besucht. „Offenkundig müssen wir in den Schulen noch viel stärker die Unterschiede zwischen Viren und Bakterien herausarbeiten“, schloss Simon.