Siemens-Preis für Olga Neuwirth
ORF
ORF
Kultur

Ernst von Siemens-Musikpreis für Olga Neuwirth

Die steirische Komponistin Olga Neuwirth ist in München mit dem Ernst von Siemens-Musikpreis 2022 ausgezeichnet worden. Die renommierteste Ehrung für klassische Musik im deutschen Sprachraum ist mit 250.000 Euro dotiert.

Die Ernst von Siemens-Stiftung (EvS) unterstreicht in ihrer Würdigung, dass die 53-Jährige seit den späten 80ern feministische Anliegen mit einer multimedialen Praxis verbinde und in einer genreübergreifenden Klangsprache die schonungslose Offenheit gegenüber anderen Kunstformen wie Film oder Literatur pflege. Der verbindende Wesenskern all ihrer Arbeiten sei dabei die Auflösung vermeintlich binärer Kategorien wie virtuell/physisch, analog/digital und weiblich/männlich.

„Bewohnerin der Twilight Zone“

„Olga Neuwirth ist die Bewohnerin eines ‚Unortes‘, der Twilight Zone, dem einzigen Ort, den man einer weiblichen Pionierin zugesteht“, sagte dann am Donnerstag bei der Ehrung auch die Laudatorin, der Literaturshootingstar Raphaela Edelbauer.

„Vielseitig, unberechenbar und auch rau und scharf“

Besonders hervor hebt man die musiktheatralen Arbeiten der geborenen Grazerin, die seit dem Vorjahr auch eine Professur an der Universität für Musik und darstellende Kunst innehat. Diese erstrecken sich von der 2003 in ihrer Heimatstadt uraufgeführten Lynch-Adaption „Lost Highway“ mit einem Libretto von Elfriede Jelinek bis zu ihrem 2019 an der Wiener Staatsoper erstmals vorgestellten „Orlando“ nach Virginia Woolf, den sie selbst als ihr „Opus summum“ bezeichnete.

Die Klangsprache von Neuwirth ist vielseitig, unberechenbar und bisweilen auch rau und scharf, konstatiert die Stiftung. Das sei sowohl Ausdruck der Persönlichkeit der Komponistin wie ihres sozialen Engagements und trage entscheidend dazu bei, Neuwirth zu einer der eigenständigsten und aufregendsten Stimmen der Musikszene zu machen: „Mit Olga Neuwirth zeichnet die Ernst von Siemens-Musikstiftung eine Künstlerin aus, die mit ihrer Musik radikal neue Wege einschlägt, die der zeitgenössischen Musik ein neues Gesicht verleiht, die sich aber auch einmischt, Stellung bezieht und sich nicht scheut, Missstände anzusprechen.“

Zudem musste Olga Neuwirth auch darum kämpfen, als Komponistin in einer Männerdomäne erst genommen und anerkannt zu werden: „Dafür hat man wirklich jahrelang kämpfen müssen. Ich komme aus einer Generation, da gab es keine Vorbilder, und ja, vielleicht wird man dann selbst plötzlich zum Role Model, weil man nicht aufgegeben hat, das ist, glaube ich, das wichtigste, dass ich nicht aufgegeben habe“, sagt Neuwirth.

Mayer: „In vielerlei Hinsicht eine Ausnahmekünstlerin“

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) gratulierte Neuwirth, die „in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmekünstlerin“ sei. „Sie hat das Berufsbild der Komponierenden – über Jahrhunderte in der Öffentlichkeit ausschließlich männlich dominiert – nachhaltig verändert. Mittlerweile ist der Beruf der Komponistin klar in der Musikbranche verankert. Es bedarf mutiger, starker und innovativer Persönlichkeiten, wie Olga Neuwirth, um sich gegen Konventionen und Regeln durchzusetzen.“

Neuwirth habe sich nie gescheut, „Grenzen zu überschreiten“, so Mayer. „Künstlerische Exzellenz und eine unkonventionelle Persönlichkeit machen Olga Neuwirth zu einer herausragenden Komponistin und Künstlerin, die sich im internationalen Wettbewerb um den renommiertesten Preis für Klassische Musik im deutschen Sprachraum durchsetzen konnte.“

Mit 250.000 Euro dotiert

Der Ernst von Siemens-Musikpreis ist die renommierteste Ehrung für klassische Musik im deutschen Sprachraum und mit 250.000 Euro dotiert. Mit der Ehrung steht Neuwirth in einer Reihe mit Größen wie den Komponisten Olivier Messiaen und Hans Werner Henze, dem Cellogott Mstislav Rostropovich und Stargeigerin Anne-Sophie Mutter.