Peter Filzmaier zu Gast im Wien heute Studio bei „Tratschen mit Budgen“
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Sonntagsgespräch

Filzmaier: „Föderalismus stößt an Grenzen“

Die politische Kommunikation in der Coronaviruskrise ist eine Geschichte von Widersprüchen und mangelnder Logik, sagt der Politwissenschaftler Peter Filzmaier im „Steiermark heute“-Interview. Der Experte erklärt auch, warum Politiker das Wort „Durchseuchung“ nicht verwenden wollen.

Die Neuinfektionszahlen in Österreich und auch in der Steiermark sind seit Tagen hoch. Zwischen 40.000 und 50.000 Fälle werden bundesweit pro Tag gezählt. Die Steiermark weist mit 3.720 von allen Bundesländern aktuell die höchste Sieben-Tages-Inzidenz auf – mehr dazu in Aktuelle Daten zum Coronavirus. Dass die Regierung das Virus „durchrauschen“ lässt, wie zuletzt oft zu hören war, nimmt auch der Politwissenschaftler Peter Filzmaier an.

Verantwortung für Tote übernehmen

„Das Wort Durchseuchung wurde im Jänner gebraucht. Es ist aber mit Tod, Not und Elend in Verbindung zu bringen. Deshalb vermeiden Politiker es seitdem, auch wenn die wahre Strategie tatsächlich eine Durchseuchungsstrategie sein mag. Spricht man es allzu deutlich aus, würde man für die täglichen Toten – manchmal bis zu einem Autobus voll – Verantwortung übernehmen. Und auch für die verschobenen Operationen“, so der Experte.

Filzmaier verweist darauf, dass Politiker unter großem Handlungsdruck stehen und eine große Verantwortung tragen – davor müsse man Respekt haben. Dennoch meint der Politwissenschaftler: „Die politische Kommunikation ist jetzt schon fast zwei Jahre lang eine Geschichte voller Widersprüche und mangelnder Logik. Beispielsweise die Öffnungsschritte bei steigenden Zahlen. Das führt dazu, dass immer weniger Menschen die Entscheidungen verstehen und wenn wir Maßnahmen dann brauchen, immer weniger diese befolgen.“

Die Rolle der Landeshauptleute

„Die Landeshauptleute reden mit und der Föderalismus, der sich in vielen Bereichen bewährt hat, stößt hier an seine Grenzen. Bei der Landeshauptleutekonferenz im November wurde gesagt, es darf nie wieder einen Fleckerlteppich mit unterschiedlichen Vorgaben geben. Natürlich gab es das weiter. Jetzt hat Wien andere Regeln als beispielsweise die Steiermark“, so Filzmaier.

Auch bei der Impfpflicht ortet der Experte ein Hin und Her: „Der steirische Landeshauptmann Schützenhöfer hat als Erster von der Impfpflicht gesprochen. Wollte dann das Wort nicht mehr in den Mund nehmen, dann ist er hin und her geschwankt wie alle anderen auch und das verwirrt.“