Wissenschaft

Gene sagen kaum etwas über Bildungserfolg aus

Im Erbgut von über drei Mio. Menschen hat ein Forscherteam mit Beteiligung aus Graz nach Gen-Orten gesucht, die mit dem Bildungserfolg zusammenhängen – mit dem Ergebnis, dass die Gene kaum etwas über Bildungserfolg aussagen.

Die laut Autoren größte Studie ihrer Art hat 3.952 Erbgut-Stellen identifiziert, die einen Zusammenhang mit erfolgreich im Bildungssystem absolvierten Jahren haben – zusammen erklären sie aber nur zwölf bis 16 Prozent des Erfolges, heißt es im Fachblatt „Nature Genetics“.

Viele Daten aus vorherigen Untersuchungen einbezogen

In die Analyse gingen Daten aus vorherigen Untersuchungen sowie eine Vielzahl neuer genetischer Informationen ein. In derartigen sogenannten genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) wird das Erbgut möglichst vieler Menschen auf einen Zusammenhang mit einem bestimmten Merkmal, etwa einer Erkrankung oder in der aktuellen Studie mit dem Bildungserfolg, gescreent – damit will man vor allem Stellen im Genom finden, die entweder für sich alleine oder im Zusammenspiel mit anderen Gen-Orten ein lohnendes Ziel für tiefergehende Analysen abgeben.

Zahlreiche soziale und andere Umweltfaktoren

Im Fall der Studie des weitverzweigten Teams um Aysu Okbay von der Vrije Universiteit Amsterdam (Niederlande), an der auch mehrere Forscher von der Med-Uni Graz beteiligt waren, suchten die Wissenschaftler Zusammenhänge von Erbgut-Stellen und dem Bildungserfolg, den sie an der Anzahl der erfolgreich absolvierten Jahre in Bildungseinrichtungen festmachten. Die Gestaltung von Bildungskarrieren sei natürlich vor allem von zahlreichen sozialen und anderen Umweltfaktoren abhängig – allerdings spielen hier auch tausende genetische Faktoren mit, erklärten die Autoren vom Social Science Genetic Association Consortium (SSGAC) in Zusatzinformationen zu der Arbeit.

Gene erklären nur zwölf bis 16 Prozent des Erfolges

In einer umfassenden vorhergehenden Studie des Konsortiums wurden 1.271 damit potenziell im Zusammenhang stehende Gen-Varianten gefunden, nun erhöhte sich deren Anzahl auf fast 4.000. All diese Erbgutinformationen fassten die Wissenschaftler in einen Gesamtindex (PGI) zusammen. Der neue PGI erhöht aber die statistische Aussagekraft für Unterschiede im Bildungserfolg lediglich von bisher elf bis 13 auf nun zwölf bis 16 Prozent, heißt es in der Arbeit.

Trotzdem berge ein höherer genetischer Indexwert im Schnitt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass eine Person beispielsweise einen höheren Bildungsabschluss erreicht – auch wenn die Genauigkeit gering sei, wie die Forscher einräumen. Zusätzlich fand das Team 57 Varianten auf dem Geschlechtschromosom „X“, die ebenfalls einen Zusammenhang mit der Bildung haben könnten.

Mehr den Umgebungsfaktoren widmen

Die Wissenschaftler betonen, dass man bei den gefundenen Gen-Orten nicht von „den verantwortlichen Genen für Bildungserfolg“ sprechen könne. Sie sehen in ihrer Arbeit vor allem auch einen Beitrag dazu, sich verstärkt dem Einfluss der Umgebungsfaktoren zu widmen, die mit dem Bildungserfolg nachweislich im Zusammenhang stehen. Letztlich zeigt die Studie nämlich, dass die Gene zwar eine Rolle spielen, diese aber auch nicht überbewertet werden sollte.