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Steirische Industrie durch Gas-Poker alarmiert

Westliche Staaten müssen nach russischer Darstellung seit Freitag Konten bei der Gazprombank eröffnen, um weiter Gas zu erhalten. In Österreich ist man um Beruhigung bemüht, trotzdem ist vor allem die Industrie in der Steiermark alarmiert.

Werde nicht in Rubel bezahlt, würden die Lieferungen an die auf einer Liste „unfreundlicher Länder“ aufgeführten Staaten eingestellt, hatte der russische Präsident Wladimir Putin angekündigt. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verwies am Freitag in Berlin auf bestehende Verträge: „Was liegt, das pickt.“ Gazprom lieferte indes weiter bestelltes Gas – mehr dazu in Nehammer zu Rubel für Gas: „Was liegt, das pickt“ (news.ORF.at, 1.4.2022).

Industrien brauchen Gas

Russisches Gas fließt in großen Mengen in die Steiermark, 80 Prozent davon – und damit im EU-Vergleich überdurchschnittlich viel – in die Industrie, die in der Steiermark besonders energieintensiv ist. „Wir haben typische Industrien, die Gas brauchen. In der Zement- und Glasindustrie, der Stahlindustrie: Da kommt man ohne Gas nicht aus. Die Papierindustrie, die ist gerade umgestiegen, aus der Kohle raus“, so Stefan Stolitzka, Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark.

Papierindustrie
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Noch sind die Speicher in Österreich zu 13 Prozent gefüllt – bei Engpässen würden aber zuerst die privaten Haushalte versorgt werden. Die heimischen Betriebe sind daher alarmiert und erstellen Notfallpläne: „Wer nur Gas zum Beispiel verwendet für den Prozess, da kann man abdrehen. Wenn Gas einen Teilbereich ausmacht, dann kann man runterfahren und bestimmte Bereiche weiterführen“, so Stolitzka.

„Wir brauchen die Rohstoffe“

Beim Papiererzeuger Sappi in Gratkorn würde ohne Gas kein Papier erzeugt werden können, und auch die Bauwirtschaft würde im schlimmsten denkbaren Szenario über kurz oder lang stillstehen, wenn Baustoffe wie Ziegel, Zement oder Stahl nicht mehr produziert werden könnten: „Momentan haben wir ein Preisproblem, das könnte sich ausweiten zu einem Rohstoffproblem. Wir brauchen das Produkt, um weiterarbeiten zu können. Da kann ein Riesenproblem entstehen“, so Josef Paul Gasser von der Wirtschaftskammer.

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Keine kurzfristige Alternative

Eine kurzfristige Alternative zu russischem Gas ist nicht vorhanden. Eine Möglichkeit für die Zukunft könnten klimaneutrale synthetische Kraftstoffe – sogenannte e-fuels – sein, wie sie derzeit in einem Pilotprojekt von AVL in Graz erzeugt werden: „Wir hoffen, bis zum Ende des Jahrzehnts Mengen zu bringen, um entsprechend viele Warenflüsse aus Russland zu ersetzen“, so Jürgen Roth, Sprecher des österreichischen Energiehandels.

Auch wenn es ein schwacher Trost ist: Den Gashahn von heute auf morgen zudrehen könnte Russland nicht – das sei technisch nicht so leicht umsetzbar und würde laut OMV Wochen dauern.