Landtagssitzung in Graz
APA/Erwin Scheriau
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Politik

Umstrittene Leerstandsabgabe beschlossen

Am Dienstag hat der Landtag die umstrittene Abgabe für Zweit- und Leerstandswohnungen mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen beschlossen. Das ebenso heiße Thema Pflege stand im Mittelpunkt einer Dringlichen Anfrage.

Die nun beschlossene Gesetzesnovelle zur Bau- und Raumordnung beinhaltet neue Vorgaben für Baulandwidmungen bis hin zu Maßnahmen bei der Geruchsbelästigung durch Schweine- und Hühnerställe und eben auch die Zweitwohnsitz- bzw. Leerstandsabgabe: Gemeinden können nun frei entscheiden, ob sie diese auch einheben – mehr dazu in Wohnungsleerstand: Erhebung noch unklar.

Bis zu zehn Euro pro Quadratmeter und Jahr

Bis zu zehn Euro pro Quadratmeter und Jahr soll man laut der Novelle künftig für Zweitwohnsitze und leerstehende Wohnungen bezahlen müssen – eine Abgabe, die wichtig und gerechtfertigt sei, sagte Erwin Dirnberger, Präsident des Gemeindebundes und ÖVP-Abgeordneter: „Das ursächliche Ziel dieser Abgabe ist, dass man bestehenden Wohnraum einer Nutzung zuführt, bevor neuer gebaut werden muss. Und sollte jemand sagen, o. k., ich leiste mir diesen Wohnraum, ich lasse ihn leer stehen oder doch als Zweitwohnsitz, dann glaube ich, dann ist es in dieser Höhe legitim, dass man die Bürgerinnen und Bürger verpflichtet, einen solidarischen Beitrag an die Gemeinde zu leisten.“

Auch Koalitionspartner SPÖ stimmte für die neue Abgabe – SPÖ-Chefverhandler Wolfgang Dolesch: „Wir wollen hier einerseits Anreize schaffen, um leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, und andererseits ganz klar zukünftige monetäre Anreize für einen Wohnungsleerstand hintanhalten.“

NEOS: „Husch-Pfusch-Aktion“

Heftige Kritik vor allem an der kurzen Begutachtungsfrist von nur zehn Tagen – mehr dazu in Bau- und Raumordnung: Kritik ebbt nicht ab (14.4.2022) – kam am Dienstag allerdings vom NEOS-Abgeordneten Niko Swatek: „ÖVP und SPÖ möchten hier in einer Husch-Pfusch-Aktion eine Leerstands- und eine Zweitwohnsitzabgabe durch den Landtag jagen, und das ohne eine Begutachtung, ohne Expertinnen und Experten oder auch Ministerien, um dieses Gesetz beurteilen zu lassen und Fehler aufdecken zu lassen.“

FPÖ: Kein erkennbarer Lenkungseffekt

Der FPÖ-Abgeordnete Gerald Deutschmann sagte zur Genese der Raumordnungsnovelle, „die erste Punktion wurde uns mehr oder weniger auf den Tisch geknallt. Erst hat man die Probleme mit der Raumordnung jahrelang ignoriert, und plötzlich konnte es nicht schnell genug gehen.“

Generell sprachen die Freiheitlichen dem Gesetz die nötige Wirkung ab: „Keine neuen Steuern und Abgaben ohne erkennbaren Lenkungseffekt – und da sind wir genau bei der Kritik an diesem Gesetz: 1.000 Euro Leerstandsabgabe oder Ferienwohnungsabgabe im Jahr für einen Großinvestor im Ennstal ist nichts, da kostet im Chalet der Kaminsessel mehr“, so Stefan Hermann (FPÖ).

Grüne: Zumindest Schritt in die richtige Richtung

Die Grünen stimmten für die Leerstandsabgabe. Die Novelle sei zwar kein großer Wurf, aber zumindest ein Lichtblick. Grünen-Abgeordneter Lambert Schönleitner sagte, es sei gar keine Frage, die Politik habe es „völlig verabsäumt, das Land in seiner ganzen Schönheit und vor Zersiedelung zu bewahren. Man müsse aber auch Dinge anerkennen, die in die richtige Richtung gehen.“ Das kleine Segment werde nicht alles lösen, aber die Leerstandabgabe sei wichtig; auch seien durchaus Initiativen von außen eingeflossen, etwa die Beweislastumkehr.

Die Grünen-Klubchefin Sandra Krautwaschl kündigte aber an, weiterhin am Thema dranzubleiben: „Wir schlagen heute mit dem ‚Reförmchen‘ sicher keinen Pflock ein, um den steirischen Boden besser zu schützen.“ Nach der Novelle sei daher vor der Novelle, man werde weiter für ein besseres Raumordnungsgesetz kämpfen.

KPÖ: Investoren und Kleinbesitzer trennen

KPÖ-Mandatar Werner Murgg meinte unter anderem, der Pfusch sei, dass Leerstände in Graz und Zweitwohnsitze anderswo in einem Gesetz behandelt werden, das gehöre auseinander dividiert. Ausländische Anlegerfonds im Ennstal werde man damit nicht bekämpfen, es werde ein Bundesgesetz brauchen, das die Höhe der Abgaben in deutlich andere Sphären hebe.

Wiederverwertung bereits bebauter Flächen

Mit dem neuen Raumordnungsgesetz müssen auch bereits bebaute Flächen wiederverwertet und Leerstände vermieden werden. Ortskerne dürfen demnach nur von innen nach außen verbaut werden, außerdem dürfen beispielsweise bestehende Wohngebäude im Freiland um bis zu 250 Quadratmetern und maximal zwei Wohnungen erweitert werden.

Bei gewidmetem, aber unbebautem Bauland ab 1.000 Quadratmeter muss demnach binnen fünf Jahren gebaut werden – die Grenze lag bisher bei 3.000 Quadratmetern bzw. zehn Jahren. Wenn es keine Nutzung gibt, ist eine Raumordnungsabgabe von zwei Prozent je Quadratmeter zu leisten. Eine entschädigungslose Rückführung in Freiland ist möglich.

Im Falle der Geruchsbeeinträchtigungen durch landwirtschaftliche Betriebe – etwa in der Hühner- oder Schweinezucht – werden sogenannte Jahresgeruchsstunden schlagend, und im Handel müssen beispielsweise Verkaufsflächen ab 400 Quadratmetern mindestens zweigeschoßig sein.

In Kraft treten wird das neue Bau- und Raumordnungsgesetz voraussichtlich Ende Juni 2022, das Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetz mit 1. Oktober 2022. Gemeinden können, müssen aber keine Maßnahmen setzen.

Dringliche Anfrage zur Pflege

Ein weiteres Thema am Dienstag im Landtag war die Pflege: Die FPÖ nahm die für den Pflegebereich zuständige Landesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) in einer Dringlichen Anfrage in die Pflicht. Anlass dafür gab der Bericht des Rechnungshofes in der Vorwoche, der besagt, dass die Maßnahmen des Landes im Pflegebereich nicht ausreichend bis ungeeignet seien und dass kaum konkrete Zahlen zum Personalstand oder den Ausbildungsplätzen in der Pflege vorliegen würden – mehr dazu in Rechnungshof: Pflegemisere teils hausgemacht (19.4.2022).

Die FPÖ Steiermark spricht von einem verheerenden Prüfbericht: Klubobmann Mario Kunasek forderte von Bogner-Strauß daher nachhaltige Lösungen statt Ausreden und Ankündigungen. Die Landesrätin sei in vielen Bereichen säumig, so Kunasek.

Sandra Krautwaschl von den Grünen sieht sich in der Kritik des Rechungshofes bestätigt, denn die Grünen hätten die Problematik bereits seit Jahren immer wieder thematisiert. Auch Claudia Klimt Weithaler von der KPÖ spricht von einem deja Vu, seit vielen Jahren würde immer wieder über Probleme in der Pflege geredet- aber getan worden sei zu wenig.

Bogner-Strauß: „Ausbildungsplätze massiv erhöht“

Die zuständige Landesrätin, Juliane Bogner Strauß, selbst sprach davon, dass die Personalproblematik im Bereich Pflege europaweit groß sei und dass die Kritik und Vorschläge des Rechnungshofes genau geprüft würden. Bogner-Strauß konzentrierte sich in der Beantwortung der Fragen dann aber vor allem auf das, was bereits getan wurde, und weniger auf die Versäumnisse, die der Rechnungshof kritisierte. So habe die Steiermark die Ausbildungsmöglichkeiten etwa stark ausgeweitet: „In der Steiermark haben wir die Ausbildungsstandorte seit 2020 verdoppelt – von sieben auf 14 – und damit auch die Lücke der 14- bis 17-jährigen geschlossen. So darf man insgesamt guten Gewissens festhalten, dass das Land Steiermark die Ausbildungsplätze in sämtlichen Ausbildungsschienen massiv erhöht hat.“

Personalbedarfsstudie bereits in Auftrag

Auch eine Pflegepersonalbedarfsprognosestudie sei laut Bogner-Strauß bereits im Herbst in Auftrag gegeben worden – die Ergebnisse werden im Sommer erwartet, danach wolle man an einem neuen Pflegebedarfsplan arbeiten. Ab Mai gehe außerdem das Programm „STAMP“ online. Damit werden laut Landesrätin die monatliche Erfassung Bewohner, Mitarbeiter und der freien Betten sämtlicher Pflegeheime in der Steiermark in das Landesdatennetz integriert.