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Nach Messerattacke: Haft und Einweisung

In Graz wurde am Mittwoch eine 33-Jährige nicht rechtskräftig wegen versuchter schwerer Nötigung zu einer Haftstrafe verurteilt, weil sie im Herbst mit einem Messer auf ihren im Bett liegenden Ex-Freund losgegangen ist.

„Sie ist gefährlich und unberechenbar“, beschrieb der Staatsanwalt, der ursprünglich auch den Tatbestand des versuchten Mordes angeklagt hatte, die Grazerin. Bereits vier Tage, nachdem sie ihre letzte Gefängnisstrafe verbüßt hatte, kam es zu dem Vorfall mit dem Messer: Die Frau stand in der Nacht vor der Türe ihres Ex-Freundes und wollte bei ihm übernachten. Als er schon im Bett lag, stand sie laut Ankläger plötzlich vor ihm und wollte mit einem Küchenmesser auf ihn losgehen. Er konnte den Angriff abwehren, doch sie zwang ihn, sich auf einen Sessel zu setzten und wollte ihn quälen. Schließlich konnte der Mann fliehen und die Polizei rufen. „Das Opfer ist glaubwürdig“, so der Staatsanwalt.

Verteidigerin: „Hätte Mann jederzeit töten können“

Die Verteidigerin bot eine andere Sicht auf den Vorfall: „Es finden sich auf der Decke keine Spuren von Beschädigungen durch ein Messer.“ Außerdem hätte die Grazerin den Mann jederzeit töten können, wenn sie es wirklich gewollt hätte. Aus Sicht der Verteidigung sei es auch nicht nachvollziehbar, warum das Opfer geblieben war, während die Frau mit ihrem Verlobten telefonierte. Der Mann war bei dem Vorfall unverletzt geblieben.

„Ich schäme mich sehr“

„Es tut mir sehr leid, und ich schäme mich sehr“, sagte die Angeklagte gleich zu Beginn, was den Mordversuch angeht, fühle sie sich aber nicht schuldig. Dann schilderte sie, dass sie mit dem späteren Opfer ein paar Monate liiert war und in der Beziehung sehr gelitten hatte. „Er war pornosüchtig und wollte jeden Tag stundenlang Sex haben, er hat mich auch vergewaltigt und geschlagen“, erzählte sie. Angezeigt hatte sie die Übergriffe aber nie: „Aus Angst, dass er abgeschoben wird“.

Jahrelang mit Cousin des Ex-Freundes verlobt

Nachdem sie ihn verlassen hatte, kam sie mit dessen Cousin zusammen, mit dem sie dann fast drei Jahre verlobt war. Sie hatte ihn nie getroffen, nur telefoniert, aber „es war meine erste schöne Beziehung ohne Gewalt“, erzählte sie. Trotzdem suchte sie immer wieder den Kontakt zum späteren Opfer. „Ich habe ihn immer geliebt“, doch nach einem einmaligen Treffen sei alles „wieder schnell beendet“ gewesen.

Gutachter empfiehlt Einweisung

Der psychiatrische Sachverständige Manfred Walzl bescheinigte der 33-Jährigen eine seelisch-geistige Abartigkeit höheren Grades, sie sei zum Zeitpunkt der Tat aber zurechnungsfähig gewesen. Mit „großer Wahrscheinlichkeit“ sei davon auszugehen, dass die Frau unter dem Einfluss ihrer Erkrankung weiter schwere Taten bis hin zum Mord begehen könnte, stellte der Psychiater eine düstere Zukunftsprognose und empfahl eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Kein Mord, aber versuchte schwere Nötigung

Am Nachmittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück – die Laienrichter sahen keinen Mordversuch gegeben, befanden die Frau aber der versuchten schweren Nötigung für schuldig, das Urteil lautet dreieinhalb Jahre Haft und ist nicht rechtskräftig. Die 33-Jährige wird gemäß der Empfehlung des Psychiaters außerdem in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingeliefert.