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Wirtschaft

Steirische Industrie von Gas stark abhängig

Ein Großteil des Gasverbrauchs in der Steiermark geht in die Industrie: Die Stahl-, Zement-, aber etwa auch die Glasproduktion kommt ohne Gas derzeit nicht aus. Nun bereitet man sich auf mögliche Notfälle vor und warnt Europa vor einem Gasverzicht.

Ein Embargo in Form eines Verzichts auf russisches Gas würde die Industrie und die weitere Wertschöpfungskette zum Stillstand bringen, warnt voestalpine-Vorstand Franz Kainersdorfer: „In der Steiermark werden rund 80 Prozent des Erdgases von der Industrie verbraucht, wir haben hier wesentliche, energieintensive Industriesegmente wie die Papier-, Zellstoff- und Kartonherstellung, wie die Glasherstellung, wie die Zement-, aber auch die Stahlindustrie.“

Prozess aus Abhängigkeit „dauert Jahre“

Oberste Priorität müsse es daher sein, dass Gas weiter verfügbar bleibt: „Wir sollten aus Europa heraus keinerlei Aktivitäten starten, auf Erdgas zu verzichten, sondern wir können nur in einem Prozess Schritt für Schritt von der Abhängigkeit vom russischen Erdgas weg in andere Bezugsquellen kommen. Aber das ist kein Prozess, den wir innerhalb von ein oder zwei Jahren machen können – das wird Jahre dauern“, so Kainersdorfer.

Weststeirischer Glashersteller im Ungewissen

Besorgt zeigt man sich auch beim weststeirischen Glashersteller Stölzle Oberglas in Köflach – denn was es genau für das eigene Unternehmen bedeuten würde, wenn Russland den Gashahn zudreht, darauf wisse man keine Antwort, sagt Geschäftsführer Georg Feith. Vielmehr sei dann das Ministerium mit einer Verordnung am Zug, und wer dann wie viel Gas bekomme, das wisse man nicht.

Russisches Gas fließt weiter

Nach dem Stopp von russischem Gas für Polen und Bulgarien ist auch hierzulande die Sorge um die Gasversorgung weiter gestiegen. Die Umwelt- und Energieministerin beruhigt: Es fließe weiter russisches Gas nach Österreich und bis zum Winter sollen die Gasspeicher zu 80 Prozent gefüllt sein.

Was man wisse, sei, dass man ohne Gas die Produktion stoppen müsse, doch das gehe nicht von heute auf morgen: „Wir haben hier zwei Glaswannen in Betrieb, die jeweils mehrere hundert Tonnen fassen. Wir müssten dieses geschmolzene heiße Glas auslassen aus den Wannen und dann in Wasser abkühlen. Macht man das – zu Scherben verarbeiten dauert etwa zwei Tage –, dann braucht es einen Prozess von etwa zwei Wochen, dass man diese Wannen extra abkühlt, sonst würden sie kaputtgehen.“

Vorbereitungen auf Notfallszenario

Normalerweise mache man dieses Ablassen alle zehn Jahre und mit gemietetem Material und Personal, doch jetzt aus Sorge, dass dieses im Notfall wegen großer Nachfrage nicht verfügbar ist, habe man das Equipment selbst angekauft und eigenes Personal geschult.

Wenn die Wannen einmal leer sind, würde die Produktion für mehrere Monate stehen müssen, denn die sonst nötige Strommenge sei nicht verfügbar, und auch der Betrieb sei nicht darauf vorbereitet; auch Heizöl sei keine schnelle Alternative: „Wir könnten theoretisch auf Heizöl leicht als Brennstoff umsteigen, das müsste aber verfügbar sein. Ich nehme an, dass wir nicht die einzigen sein werden, die Erdgas durch Heizöl leicht ersetzen wollen, und dazu reichen die österreichischen Kapazitäten in den Raffinerien höchstwahrscheinlich nicht aus.“

OMV und Co. in der Zwickmühle

Der Wirtschaftskrieg zwischen Russland und der EU eskaliert derzeit beinahe unkontrolliert. Erst am Mittwoch drehte Russland wie angekündigt den Gashahn nach Polen und Bulgarien zu, damit müssen die ersten zwei EU-Staaten nun ohne russisches Gas auskommen. In Österreich hieß es, dass russisches Gas weiterhin fließe – mehr dazu in Russland liefert „ohne Unterbrechung“ (news.ORF.at) –, man plane aber weitere Reserven ein – mehr dazu in Regierung plant mehrere Milliarden Euro ein (news.ORF.at).

Die Gasversorger in der EU sind nicht zu beneiden. Sie müssen eine Antwort auf die Frage finden: Wie in Rubel bezahlen, ohne in Rubel zu zahlen – oder, wie Brüssel warnt, gar Moskau einen Kredit zu gewähren? Zwischen EU-Sanktionen und russischem Rubel-Dekret gefangen, sind sie der Politik ausgeliefert. Doch diese ist so „disruptiv“ wie seit Jahrzehnten nicht. Eine Auflösung des Dilemmas könnte freilich ganz anders aussehen – mehr dazu in Das Problem mit dem Rubel-Konto (news.ORF.at). In der Steiermark sei die Gasversorgung der Haushalte jedenfalls für zumindest ein Jahr gesichert, versicherte die Energie Steiermark – mehr dazu in Gas-Versorgung in der Steiermark gesichert.