Bier-Prozess, Gerichtsakten
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Gericht

Bierprozess: „Zählen täglich die Produkte“

Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag der Prozess um einen groß angelegten Bierdiebstahl in der Brauerei Puntigam fortgesetzt worden. Als Zeuge befragt wurde der Logistik-Chef der Brauunion, der angibt, dass nun genauer kontrolliert werde.

Den mittlerweile noch 18 Angeklagten – - vom Kellermeister über Staplerfahrer, bis hin zu Hallenchefs – wird vorgeworfen, von 2009 bis 2017 einwandfreies Bier als Bruchware deklariert und unter der Hand verkauft zu haben. Über acht Jahre hinweg entstand so ein Schaden von 1,7 Millionen Euro – mehr dazu in Grazer Bierprozess angelaufen (30.4.2022). Bei der letzten Verhandlung zeigte sich einer der Angeklagten, ein ehemaliger Kellermeister, zumindest teilweise geständig – mehr dazu in Bierprozess: Ex-Kellermeister teils geständig (3.5.2022).

Logistikchef im Zeugenstand

Nachdem zunächst die Angeklagten befragt worden waren, kam am Dienstag einer der Logistik-Verantwortlichen als Zeuge zu Wort. Er gab an, für 350 Mitarbeiter verantwortlich zu sein. „Was uns brennend interessiert, sind die Bruchzahlen“, meinte der Richter gleich zu Beginn. „Wenn Bruch entsteht, werden die Scherben entsorgt, dann geht die Meldung an den Kellermeister, der trägt die Menge, das Material und welches Leergebinde es war in eine Liste ein“, beschrieb der Zeuge. „Theoretisch“, warf der Richter trocken ein. „Nein, auch in der Praxis“, wehrte der Logistik-Chef ab. „Wenn die Mitarbeiter das aber nicht so machen, kommen Sie nie drauf!“, konnte sich der Vorsitzende nicht verkneifen.

Statt 880 nur noch 154 Kisten mit Bruchware

Wenn alles seinen rechten Weg geht, kommt die Bruchware auf den Bruchplatz in einer Halle und wird von einer externen Firma entsorgt, wird das genaue Vorgehen bei der Verhandlung erläutert. Diese Firma entleert dann die noch gefüllten, aber beschädigten Flaschen in den „Bierkanal“ und informiert die Finanz. Der Zeuge gab zu bedenken, dass pro Monat allein 469.000 Kisten Puntigamer Märzen bewegt werden, also verkauft und leer zurückgebracht. Im Zusammenhang mit diesen Dimensionen sei die Bruchware zu sehen, die sich seit dem Auffliegen der Malversationen von 880 Kisten auf 154 im Monat reduziert habe.

„Selbstbedienung“ trotz Kontrolle

„Wie konnte verkaufsfähige Ware als Bruchware deklariert werden?“, wollte der Richter wissen. „Sie reden von einem Unternehmen im Unternehmen. In beiden Hallen haben die Kellermeister Buchungen fingiert, die Hallenverantwortlichen machten mit, die Mitarbeiter im Selbstbedienungsshop auch“, schilderte der Befragte. Dabei sei der „Selbstbedienungs-Shop“, von dem aus die Ware abtransportiert wurde, drei Mal wöchentlich kontrolliert worden.

Strengere Regeln und tägliche Zählung

Einer der Angeklagten soll sich dort auch aus der Kassa bedient haben: „Diese Beträge musste er auch bei den Waren glätten, für das Unternehmen stimmte der Betrag“. Die Handhabung in der Brauerei sei aber schärfer geworden. Man habe nun ein Sechs-Augen-Prinzip eingeführt und „wir zählen bestimmte Produkte jetzt täglich“, meinte der Zeuge. „Das war ein teures Lehrgeld“, resümierte der Richter.

Zeuge: „Saufgelage“ in der Garage

Der Nachbar eines Angeklagte gab als Zeuge bei der Polizei an, in der Garage des Brauerei-Mitarbeiters hätten „extreme Saufgelage“ stattgefunden. Er habe auch beobachtet, wie immer wieder Bier angeliefert worden sei. „Was hat der Angeklagte mit den Kisten gemacht?“, fragte der Richter. „Weggeräumt, hineingetragen, aufgeladen, ich kann es nicht mehr so genau sagen“, wollte er vor Gericht nicht ins Detail gehen.

Der Prozess wird laufend fortgesetzt, ein Urteil wird für Ende Mai erwartet.