Schon auf den ersten Blick merkt man: Das ist keine normale Obstplantage. In der Landesversuchsanstalt für Obst- und Weinbau in Haidegg stehen auf einer 5.000 Quadratmeter großen Anlage blühende Obstbäume unter Photovoltaikpaneelen.
Stromlieferant und Hagelschutz
Das hat gleich mehrere Vorteile, erklärt Leonhard Steinbauer: „Wir haben einen wirklichen Doppelnutzen: die Stromerzeugung und den Schutz der Obstanlage. Die Paneele schützen die darunter stehenden Bäume vor Regen, Hagel und vor leichtem Frost, wie es etwa ein Carport bei Autos macht, da sind die Scheiben in der Früh auch nicht eisig“.
Weiters hilft die Agri-PV-Anlage laut Steinbauer dabei, chemische Pflanzenschutzmaßnahmen einzusparen: „Wenn die Bäume darunter nicht nass werden, haben Pilzkrankheiten keine Chance, den Baum zu befallen“. Direkt daneben steht die gleiche Anzahl an Obstbäumen ohne Photovoltaik-Überdachung – das ist die Vergleichsfläche.

Direkt daneben steht die gleiche Anzahl an Obstbäumen ohne Photovoltaik-Überdachung, das ist die Vergleichsfläche – der Stromobstgarten in Haidegg ist derzeit nämlich noch eine Versuchsanlage.
„Leuchtturmprojekt“
Die Spezialpaneele liefern 300 Watt Energie pro Modul, obwohl sie die Hälfte des Lichtes wegen der Pflanzen darunter durchlassen müssen, betont Franz Grießer von der Abteilung für Land- und Forstwirtschaft des Landes Steiermark: „Dieses Projekt ist ein Leuchtturmprojekt, hat einen Umfang von rund einer dreiviertel Million Euro und soll vor allem Daten bereitstellen für die Praxis der Landwirte. Wir wollen uns ansehen, wie das in der Praxis mit den Produktion- und Energieerträgen und den Zeitverläufen funktioniert, wie sich so eine Anlage entwickelt“.
Auch für Christian Metschina, den Energieexperten der Landwirtschaftskammer, könnten die Bäuerinnen und Bauern bald eine wichtige Rolle in der Stromversorgung spielen: „In einem ersten Schritt müssen wir wirklich die Dachflächen nutzen. Wir haben in der Steiermark fünf Millionen Quadratmeter landwirtschaftliche Dachflächen, wo wir sofort eine Photovoltaikanlage installieren könnten.“
Geflügelbranche setzt verstärkt auf Photovoltaik
Genau in diese Richtung will die heimische Gefllügelbranche gehen, sagt der Energieexperte der Landwirtschafskammer Steiermark: „Wir haben uns das durchgerechnet, wenn wir zehn Prozent der Geflügelweiden in Österreich mit Photovoltaikflächen bestücken, dann kann die Geflügelbranche stromautark werden“.
Ein erster derartige Versuchsbetrieb steht in der Nähe von Gnas, im Bezirk Südoststeiermark: Vom Hühnerstall weg führen drei Photovoltaikpaneele wie ein Baldachin mitten hinein in die große, mit Gras bewachsene Auslauffläche – mehr dazu in Eierbauern wollen autark werden (8.4.2022).

Kaum gehen die Tore des Stalls auf, flitzen die Hühner unter die Paneele, sagt Hühnerfachmann Anton Koller: „Ein Huhn braucht von Natur aus eine Deckung nach oben. Hühner haben Angst vor Beutegreifern – ob das ein Marder ist, ob das Fuchs ist oder aus der Luft ein Habicht". Hat man einen Strauch, einen Baum oder ein technisches Element wie eine Photovoltaikanlage, dann hat das Huhn eine Deckung und traut sich hinaus. Außerdem mögen Hühner keine direkte Sonneneinstrahlung. Hühner nutzen eher die Morgen- und die Abendstunden, sie haben also gerne Schatten und einen Schutz von oben“.
Wiese wäre sonst Brachland
Solche Photovoltaikprojekte stehen auch nicht in Konkurrenz zu Flächen für die Nahrungsmittelproduktion, sagt Anton Koller: „Für uns ist das Brachland. Wir können da auch nichts anderes machen als eine Wiese, das Huhn frisst das Gras nicht – und da dann auf diesen Hühnerweiden grünen Strom zu erzeugen, das ist super“.
Christian Metschina, Energieexperte der Landwirtschaftskammer ergänzt: „Wir sagen, Hände weg von den besten Flächen, aber wir haben Flächen, wo es Sinn macht. Aus unserer Sicht ist das eine perfekte Möglichkeit, Wertschöpfung in der Region zu lassen und die Energieabhängigkeit zu minimieren“.