Das Atomkraftwerk Krsko im Vordergrund ein Acker
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Wirtschaft

Krsko-Verlängerung in Graz detailliert erörtert

An der TU Graz hat am Donnerstag die öffentliche Anhörung zur geplanten Laufzeitverlängerung des slowenischen AKW Krsko stattgefunden. Dabei versuchte eine slowenische Delegation mit detaillierten Schilderungen Ängste zu nehmen.

Das slowenische Atomkraftwerk Krsko soll weitere 20 Jahre betrieben und sogar ausgebaut werden, so die Pläne der Eigentümer, die derzeit in einem Umweltverträglichkeitsverfahren geprüft werden – mehr dazu in Internationale UVP für AKW Krsko erreicht (kaernten.orf.at, 10.3.2021). Doch Krsko liegt in einer ausgewiesenen Erdbebenzone, womit von diesem Kernkraftwerk für das nahe Österreich und speziell für die Steiermark generell eine erhebliche Gefahr ausgeht – mehr dazu in Nach Erdbeben: Sorge um AKW Krsko wächst (29.12.2020).

Viele nutzten Livestream

Slowenien hatte freiwillig die Möglichkeit der öffentliche Anhörung bzw. Erörterung angeboten – sie wurde in Abstimmung mit dem Klimaschutzministerium und slowenischen Behördenvertretern unter Organisation der Länder Steiermark und Kärnten im Rahmen des Espoo-Verfahrens durchgeführt. Der für 400 Personen ausgelegte Hörsaal an der TU Graz war allerdings ganz und gar nicht voll – nur ein paar Dutzend Zuhörerinnen und Zuhörer waren gekommen; viele nutzen allerdings die Möglichkeit des Zuhörens via Livestream, den Sie hier nachsehen können:

Öffentliche Anhörung zur Laufzeitverlängerung Krsko – Teil 1

Das slowenische Atomkraftwerk Krsko soll weitere 20 Jahre betrieben und sogar ausgebaut werden, so die Pläne der Eigentümer, die derzeit in einem Umweltverträglichkeitsverfahren geprüft werden. An der TU Graz findet dazu die öffentliche Anhörung zur geplanten Laufzeitverlängerung statt.

Teil 2

Teil 3

Teil 4

„Robust gebaut und schon viele Stresstests absolviert“

Die 20-köpfige slowenische Delegation beteuerte bis in die Nacht hinein, das Kraftwerk sei sicher, es laufe alles, wie es müsse. Janko Cerjak von der Betreibergesellschaft des Kraftwerks schilderte, dass derartige Laufzeitverlängerungen schon bei mehr als 100 Reaktoren weltweit gewährt wurden und diese kein Einzelfall sei – man unterliege strengen Überprüfungen und Gesetzen. Der in Krško verwendete Druckwasserreaktor sei weltweit am meisten verbreitet und habe sich bewährt.

Beim Thema Erdbebensicherheit versicherte er ebenso wie Vesna Kolar Planinsic vom slowenischen Umweltministerium, dass das Kraftwerk robust gebaut wurde und bereits viele Stresstests durchgeführt wurden; auch der Klimawandel sei bereits mitkalkuliert worden.

Erdbebengefahr: „Unseriöse Einschätzung“

Das großteils fachkundige Publikum stellte nach den Schilderungen Fragen, die sich beispielsweise auf die Erdbebengefahr bezogen oder warum teilweise 18 Jahre alte Daten in den Unterlagen herangezogen wurden. Ein Vertreter von Global 2000 meinte außerdem, es sei „unseriös, wenn man Zwischenergebnisse nimmt und nicht auf Endergebnisse wartet“ und bezog sich dabei auf vorgelegte Dokumente.

Erdbebenkarte
EFEHR
Erdbeben-Gefährungskarte von EFEHR 2021

Es fehle das Bemühen, wirklich Sicherheit zu erreichen, kritisierte Patrizia Lorenz von Global 2000: „Es ist eine ungeschickte Beschwichtigungspolitik. Es gibt keine Überlegungen, wie man Empfehlungen umsetzt, sondern es gibt die Durchsage von nicht einmal fertigen Studien, und da kommt eh nur raus, dass alles passt.“

Auch der Strahlenschutzbeauftragte des Landes Steiermark, Ewald Plantosar, äußerte Zweifel, dass die Steiermark im Falle eines Super-GAUs sicher sei: „Aufgrund der vorliegenden Situation sind schwere Unfälle nicht auszuschließen. Bei entsprechenden Wettersituationen, wo Radioaktivität austritt, kann ein Fallout auch die Steiermark betreffen.“ Eine andere Zuhörerin wiederum brachte die noch ungelöste Frage des Endlagers für den Atommüll ins Spiel.

Lackner: „Atomkraft ist nicht die Zukunft“

Umweltlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ) gab sich in der Begrüßung der slowenischen Delegation gegenüber verbindend und neutral, doch ihre Kritik ist bekannt: „Das Kraftwerk ist veraltet, war auf eine Betriebszeit von 40 Jahren ausgelegt – diese nun auszuweiten, ist gefährlich. Darüber hinaus steht das Kernkraftwerk in einem erdbebengefährdeten Gebiet, und ein Unglück in Krško kann sich aufgrund der Nähe verheerend auf Österreich auswirken.“

Persönlich bleibe sie dabei: „Atomkraft ist nicht die Zukunft, sondern gefährlich und unfair unseren Kindern und Enkeln gegenüber, die sich noch in Jahrzehnten mit den negativen Folgen herumschlagen müssen. Sie in Zukunft als grüne Energiequelle zu deklarieren, wie das die EU macht, ist ein Schritt in die völlig falsche Richtung.“ CO2-freien Strom könne man viel billiger aus Sonne, Wind und Wasser gewinnen.

Schaar: Noch viele offene Fragen

Lackners Kärntner Amtskollegin Sara Schaar (SPÖ) lobte in ihren Begrüßungsworten, dass eine solche Erörterung und Begegnung „nicht selbstverständlich“ sei. Sie sprach von noch vielen offenen Fragen. In puncto Ausbau erneuerbarer Energien wolle man aus Österreich die Hände in Richtung Slowenien strecken und helfen.

FPÖ: „Massive Gefahr für Süden Österreichs“

Die Grazer FPÖ-Gemeinderätin Astrid Schleicher erteilte auch den Plänen zur Errichtung eines zweiten Reaktors eine Absage: „Für uns ist klar, dass weder eine Laufzeitverlängerung bis in die Mitte des Jahrhunderts noch die Errichtung eines zweiten Reaktors akzeptabel sind.“ FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch schlug in dieselbe Kerbe: „Das AKW Krško stellt eine massive Gefahr für den Süden Österreichs dar.“

Waitz: „Warnungen im eigenen Bericht ernst nehmen“

Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen, kritisierte in einer Aussendung die Pläne ebenfalls: „Eine Laufzeitverlängerung bis 2043 sollte nicht möglich sein, wenn Slowenien die Warnungen in ihrem eigenen Bericht ernst nehmen würde. Die Klimakrise hat direkte Auswirkungen auf die Kühlung der Atomkraftwerke in Europa. Der Bericht beschwichtigt, anstatt ernsthafte Lösungen aufzuweisen. Die Erdbebensicherheit der Kraftwerkes ist weiterhin ungeklärt, die Daten im Bericht sind unvollständig und die Sicherheitskonzepte veraltet. Nach den heutigen internationalen Vorschriften wäre der Standort nicht mal in Erwägung gezogen worden. Slowenien und Kroatien stecken den Kopf in den Sand, statt den Tatsachen ins Auge zu sehen, dass das Atomkraftwerk abgedreht werden muss.“

Ähnliche Argumente brachte auch Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen und Spitzenkandidatin für die kommenden Landtagswahlen in Kärnten vor: „Ich bin mehr als beunruhigt. Ich fürchte, dass die slowenischen Betreiber das Erdbebenrisiko womöglich deutlich unterschätzen, da es noch keine aktualisierten Daten dazu gibt.“

Fachtagung am Freitag

Am Freitag findet noch eine Fachtagung statt, bei der die österreichischen und slowenischen Expertinnen und Experten das Projekt noch tiefergehend besprechen werden – die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen in den abschließenden Konsultationsbericht einfließen. Danach wird das slowenische Ministerium für Umwelt und Raumordnung alle eingelangten Stellungnahmen prüfen und letztlich über das Vorhaben entscheiden.

Die slowenische Umweltbehörde war ursprünglich der Meinung gewesen, dass für eine Laufzeitverlängerung keine UVP nötig sei – diverse slowenische Umweltorganisationen hatten aber gegen diese Entscheidung berufen und vor dem Verwaltungsgericht recht bekommen. Das Verfahren wurde Ende Mai 2021 offiziell eröffnet. Österreich nimmt daran teil, wobei die direkte Teilnahme über das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) läuft.