Geflüchtete aus der Ukraine
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Ukraine-Krise

Kritik an Unterstützung für Vertriebene

Rund 70.000 Ukraine-Vertriebene sind aktuell in Österreich gemeldet. Immer mehr freiwillige Flüchtlingshelfer in der Steiermark klagen, dass die staatlichen Unterstützungsleistungen zu spät und nicht in ausreichender Höhe fließen.

Wegen der russischen Invasion ist mittlerweile rund ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung auf der Flucht. Laut UNO-Flüchtlingshochkommissariat sind acht Millionen Menschen innerhalb der Ukraine geflüchtet und sechseinhalb Millionen ins Ausland. Rund 70.000 Ukraine-Vertriebene sind in Österreich gemeldet.

Leistungen in der Steiermark geringer

In der Steiermark erhalten bedürftige Ukraine-Vertriebene noch weniger Unterstützung als bundesweit vorgesehen: 200 Euro monatlich für Verpflegung pro Erwachsenem statt 215, und pro Kind 90 Euro monatlich statt 100, wundert sich die Ausseer Flüchtlingshelferin Karin Marl. Die Lebenshaltungskosten in der Steiermark seien niedriger als etwa in Wien – das sei das Argument, heißt es von der Caritas, die vom Land mit der Auszahlung beauftragt wurde.

Das bestätigt auch das Büro der steirischen Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) – im Zuge neuer Vereinbarungen werde allerdings eine Anpassung erfolgen: „Vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags werden dann rückwirkend ab 1. März 2022 für Verpflegung pro Erwachsenem und Monat 245 Euro (Kind 135 Euro) und als Mietkostenersatz für Einzelpersonen 135 Euro (für eine Familie 270 Euro) bezahlt“, heißt es.

Auszahlung oft schwierig

Flüchtlingshelferin Marl ärgert sich auch, dass die Ukraine-Flüchtlinge nicht vorab erfahren, ob und um welche Uhrzeit jeweils am Dienstag ein Caritas-Mitarbeiter zur Bar-Auszahlung zu ihrer Unterkunft kommt: „Wir haben vor Kurzem erlebt, dass ein Caritas-Vertreter gekommen ist und die Familie, die bereits arbeitet, war nicht anzufinden. Die sind auf das Geld angewiesen und es kam zu keiner Auszahlung. Es wäre ideal, wenn man vorab bekannt gibt, wann man welche Familie besucht, damit wir auch organisieren können, dass diese Familie dann zu Hause ist.“

Laut Caritas bemüht man sich, die Flüchtlinge vorab zu kontaktieren – wegen teils fehlenden Handynummern, großen Distanzen und häufigen Übersiedlungen sei das jedoch schwierig.

„Bürokratische Schikanen“

Karin Marl, die als ehrenamtliche Volkshilfe-Mitarbeiterin 60 Ukrainerinnen und Ukrainern im Ausseerland hilft, spricht auch von bürokratischen Schikanen: Eine sechsköpfige ukrainische Familie mit schwer behindertem Kind ist nach Wien zurück gesiedelt. Um nun für die zwei Monate im Ausseerland eine Art Mietkostenzuschuss von 480 Euro von Bund und Land zu bekommen, muss ein Elternteil retour in die Steiermark, nur um eine Unterschrift zu leisten, damit dann das Geld überweisen wird.

„Dass man das einscannt, das war nicht möglich. Ich habe dann einfach gesagt, dann schicke ich dieses Schreiben gerne nach Wien, lasse es unterschreiben, lasse es mir zurückschicken postalisch. Das war nicht möglich, weil es muss eine Unterschrift am Tablet sein. Und es ist auch nicht möglich, dass ein Vertreter der Caritas in Wien das erledigt, sondern es muss wirklich die Familie extra dafür nach Graz fahren.“

„Dient der Kontrolle“

Der steirische Flüchtlingskoordinator Christopher Pieberl argumentiert: „Einerseits dient das der Kontrolle. Es könnte ja schließlich sein, dass die betroffene Person vielleicht mittlerweile in die Heimat zurückgekehrt ist oder ins Ausland verzogen ist. Und andererseits ist es auch eine Vorgabe für die Abrechnung mit dem Innenministerium, dass wir originale Unterschriften vorlegen. Soweit es uns bekannt ist, geht es um mehrere hundert Euro. Da scheint es zumutbar persönlich zu erscheinen, um dieses Geld zu bekommen.“

Private zeigen sich großzügig

Flüchtlingshelferin Marl aber spricht von einem Vertrauensbruch gegenüber der Volkshilfe und dem Unterkunftgeber. Das ist der Wirt des Altausseer Strandcafés Peter Beuchel. Für ihn wären die 480 Euro vorgesehen. Er sagt: „Dass die anderen unterschreiben, damit die einen Geld bekommen und das auf eine Art, die vielleicht dem 21. Jahrhundert nicht ganz gerecht wird, ist doch etwas, das den gelernten Österreicher zum Schmunzeln bringt. Zum Ärgern bin ich schon zu alt.“

Der Wirt will der ukrainischen Familie den Mietzuschuss übrigens erlassen bzw. schenken. Wenn es um private Hilfe geht, zeigt sich Österreich derzeit tatsächlich großzügig.