Polizeiauto mit Blaulicht
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Chronik

Fluchtreflex nach Unfällen oft groß

In den vergangenen Tagen hat es in der Steiermark mehrere schwere Verkehrsunfälle mit Fahrerflucht gegeben. Verkehrspsychologen sehen darin oft eine Art „Fluchtreflex“ der meist stärker ist als die Angst vor einer Strafe.

In letzter Zeit gab es eine gefühlte Häufung an Unfällen in denen Fahrerflucht im Spiel war. In den vergangenen Tagen kam es gleich zu zwei folgenschweren Unfällen bei denen ein 16 Jahre alter Jugendlicher ums Leben kam und ein 17 Jahre alter Mopedfahrer schwer verletzt wurde. Mehr dazu in 16-Jähriger tot: Fahrerflüchtige ausgeforscht und Wieder Fahrerflucht nach Unfall mit Burschen.

„Natürlicher Reflex“

Verkehrspsychologe Dieter Krainz, der auch für das Kuratorium für Verkehrssicherheit tätig ist, spricht von einem „natürlichen Reflex“ der im Moment nach dem Unfall gegen Vorschriften und Gesetze ankämpfe: „Wir Menschen haben so etwas wie einen Fluchtreflex. Wir wollen natürlich aus einer unangenehmen Situation so schnell wie möglich raus. Wir wollen uns entfernen weil wir Angst haben vor negativen Konsequenzen. Nur ein erwachsener Mensch, ein erwachsener Verkehrsteilnehmer muss eben am Unfallort bleiben“, sagte Krainz.

Weiters müsse er Verantwortung übernehmen, so der Experte. Gehäuft treten Fahrerfluchtunfälle in den vergangenen Jahren bei Sachschadenunfällen auf, sagte Krainz: „Also was Sachschadenunfälle betrifft, kommt es bestimmt häufiger vor. Weil viele Leute denken sich: wegen so einer Lapalie bleib ich nicht hier. Ich hab´s eilig, habe Stress – ich muss weiter.“

Fahrerflüchtige wissen, sie haben einen Fehler gemacht

Dabei riskiert man aber Verwaltungsstrafen bis zu 2.180 Euro. So tragische Fälle wie in Vorau kommen selten vor. Meist stellen sich die Fahrerflüchtigen auch bei der Polizei sobald sie zu Sinnen kommen, wie die Unfalllenkerin nach dem tödlichen Unfall in der Nacht auf Donnerstag in Vorau.

Fälle wie vor einigen Monaten in der Grazer Mandellstraße, als ein Teslafahrer mit überhöhter Geschwindigkeit einen Unfall ausgelöst und eine schwerstverletzte Frau zurückgelassen hatte und sich der Mann Tage später über einen Anwalt bei der Polizei gemeldet hatte, kommen laut Dieter Krainz extrem selten vor. Mehr dazu in Flüchtiger Unfalllenker meldete sich via Anwalt (27.2.22).

Über mögliche Hintergründe einer solchen Tat sagte der Verkehrspsychologe: „Fahrerflüchtige haben einen Fehler gemacht. Entweder waren sie mit anderen Dingen beschäftigt, etwa mit einer Nebentätigkeit wie SMS-Schreiben oder sie haben Alkohol konsumiert, sie wissen jedenfalls, dass sie einen Fehler gemacht haben und wollen deshalb aus der Situation raus. Sie haben Angst ihren Führerschein zu verlieren, ihren Arbeitsplatz zu verlieren“, erklärte Krainz.

Österreich bei Strafen ein „Schlaraffenland“

Der Experte ergänzt: „Wir leben in Österreich in einem Schlaraffenland was Strafen betrifft. In jedem anderen Land sind die Strafen höher.“ Die Höchststrafe bei einem tödlichen Fahrerfluchtunfall liege in Österreich bei drei Jahren Haft, so der Verkehrspsychologe. Detail am Rande: selbst wenn man nur ein Reh anfährt ist das meldepflichtig.