Erst vor wenigen Tagen war Halbzeit für die schwarz-rote Landesregierung. Dabei nannte Schützenhöfer für die zweite Hälfte der Legislaturperiode den Klimaschutz als die größte Herausforderung und finanzierbaren Wohnraum und die Schaffung von Kindergartenplätzen als weitere wichtige Punkte. Auch eine mögliche Amtsübergabe des Landeshauptmannes war dabei ein Thema – mehr dazu in Schwarz-Rot: Große Vorhaben in der zweiten Halbzeit (23.5.2022).
„Jetzt ist die Zeit gekommen“
Am Freitag war es nun so weit: Schützenhöfer verkündete am Vormittag seinen Rückzug aus der Politik mit Juli. „Es ist mein Ziel, eine geordnete Amtsübergabe vorzunehmen.“ Und diese Übergabe erfolgt an Kulturlandesrat Drexler.
Landeshauptmann Schützenhöfer kündigt Rücktritt an
Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) zieht Bilanz über seine Jahre in der Politik und kündigt eine Amtsübergabe an Landesrat Christopher Drexler (ÖVP) im Juli an.
Schützenhöfer wurde im Februar 70 Jahre alt, und schon da hatte es Ablösegerüchte gegeben – mehr dazu in Hermann Schützenhöfer feiert 70er (7.5.2022). Damals hatte er diese aber noch von sich gewiesen, zumal er ja erst seit 2015 Landeshauptmann ist: „Jetzt ist die Zeit gekommen“, sagte er nun, er habe die geordnete Übergabe „lange überlegt und vorbereitet“.
„Mit Leib und Seele Landeshauptmann“
Die Entscheidung „habe ich schweren Herzens getroffen, weil ich mit Leib und Seele Landeshauptmann bin“, er übergebe aber auch mit gutem Gewissen an Drexler, so Schützenhöfer in seinem knappen Statement am Vormittag: „Viele wissen es: Ich bin im 71. Lebensjahr, fast 52 Jahre in der Politik tätig und 22 Jahre Mitglied der Landesregierung. Ich wollte immer eine geordnete Übergabe. Zu oft gab es Rücktritte überfallsartig – nach Wahlniederlagen oder wegen politischen Drucks innerhalb der Partei“, erklärte er die Hintergründe seines geplanten Rückzugs. „Mein Ziel war es immer, den Landeshauptmann-Sessel zu erobern. 2015 war es so weit, und das wurde 2019 durch die Wählerinnen und Wähler eindrucksvoll bestätigt“, blickte er zurück.
Am Nachmittag sagte Schützenhöfer dann, er sei stolz auf so manches in seiner Politkarriere – auf seine Mindestlohnforderung 1984, die Gemeindestrukturreform, die Abschaffung des Proporzes im Land und die Verkleinerung des Landtags: „Ja, wir haben uns schon einiges getraut“, blickte er zurück. Der Landeshauptmann-Sessel sei der „politische Höhepunkt“.
Viel erreicht, aber auch schwere Stunden
Doch seine Zeit sei auch von schweren Stunden geprägt gewesen, wie etwa der Amokfahrt in Graz oder der Ankunft der vielen Flüchtlinge 2015 und 2016. Schließlich brach die Coronavirus-Pandemie aus: „Ich habe in den vergangenen beiden Jahren so viele Morddrohungen wie in den ganzen 50 Jahren davor nicht bekommen – hauptsächlich wegen des Impfens.“ Doch man müsse auch bei Gegenwind Flagge zeigen.
Statement von Hermann Schützenhöfer
Er dankte Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang (SPÖ) und den Landtagsparteien für die gute Zusammenarbeit.
Geordnete Übergabe an Drexler
Für die kommenden Jahre sei „viel Kraft, Energie und Schwung nötig“, so Schützenhöfer weiter; da die Ziele der Steiermark höher als bei anderen liegen würden, wünsche er sich und dem Land Steiermark „den Richtigen für diese Zeit“. Das ist für den scheidenden Landeschef der aktuelle Kulturlandesrat Drexler: „Ein Neuer an der Spitze, aber alles andere als ein Neuling.“
Drexler ist Jurist und stammt wie Schützenhöfer aus dem ÖAAB-Flügel. Der 50-Jährige ist seit Jahrzehnten fest in der Volkspartei verankert, gilt als liberal und tritt stets mit intellektuellem Touch auf – mehr dazu in „Kronprinz“ Drexler rückt auf.
„Ich muss noch viel lernen“
Am Nachmittag sprach Drexler – sichtlich gerührt mit teils belegter Stimme – von „bewegenden Stunden“ und dankte für das Vertrauen der Partei, die steirische ÖVP zu führen, aber auch an der Spitze der Steiermark zu stehen. „Es war ein großes Privileg, mit so einem Politiker 30 Jahre zusammenzuarbeiten. Ich durfte 30 Jahre lang lernen. Ich muss aber noch viel lernen, um die Größe des Vorgängers zu erreichen.“
Statement von Christopher Drexler
„Kraftvolle Kontinuität“
In den kommende Wochen bis zur Übergabe will er viele Gespräche führen und danach den „steirischen Weg der Zusammenarbeit weiterführen“, eine „kraftvolle Kontinuität“ soll es sein. Er wolle mit allen Parteien im Land ein „neues Miteinander“ und „gemeinsame Schnittmengen“ finden: „Ich habe viel Respekt vor dieser Aufgabe – aber es ist vor allem viel Freude auf die kommenden Jahre, die mich durchflutet.“
„Die Steiermark bleibt mein Leben“
Schützenhöfer wünschte abschließend seiner Heimat „alles Gute“, und er wüsste keinen, der besser geeignet wäre als Drexler, sagte er: „Politik war mein Beruf, aber auch wenn ich als Landeshauptmann aufhöre: Die Steiermark bleibt mein Leben.“
Anlässlich seines 70. Geburtstages war Hermann Schützenhöfer auch zu Gast im Radio-Steiermark-„Gesprächsstoff“. Diese Sendung können Sie hier nachhören:
Nach dem erweiterten Landesparteivorstand am Nachmittag präsentierte man auch den weiteren Fahrplan: Die Übergabe des Landeshauptmann-Sessels soll am 4. Juli oder 5. Juli bei einem Sonderlandtag stattfinden, sofern die Landtagsparteien dem zustimmen. Drexler ist allerdings ab sofort schon geschäftsführender Landesparteiobmann und soll beim Landesparteitag am 16. und 17. September auch offiziell zum Landesparteiobmann gewählt werden. Wer Drexler als Landesrat nachfolgen wird, steht noch nicht fest.