Gericht

Prozess: Mordversuch bei Home-Invasion

In Graz stehen seit Donnerstag zwei Männer wegen versuchten Mordes vor Gericht – sie sollen bei einer „Home-Invasion“ im Vorjahr in Eggersdorf eine Frau in Anwesenheit ihrer dreijährigen Enkeltochter lebensgefährlich verletzt haben.

Was am 4. November 2021 in einem Haus in Eggersdorf bei Graz passierte, sprengt wohl jegliches Vorstellungsvermögen: Laut Anklage attackierten die beiden Angeklagten – 44 und 50 Jahre alt, beide stammen aus dem Bezirk Weiz – eine 55 Jahre alte Frau mit zwei Messern, sollen ihr damit fünf Mal in den Rücken gestochen und sie mit einem Baseballschläger derart heftig niedergeschlagen haben, dass dieser aufgrund der Hiebe zerbrach.

Die Männer durchsuchten anschließend das Wohnhaus, das der Tochter des Opfers gehört, und erbeuteten Bargeld, Schmuck, Mobiltelefone, einen Tresor und einen Laptop; dann flüchteten sie mit dem Auto des Opfers. Eine Alarmfahndung wurde eingeleitet, während die lebensgefährlich verletzte Frau mit dem Rettungshubschrauber in das Krankenhaus gebracht wurde.

Opfer überlebte nur knapp

Die Burgenländerin, die in der Steiermark auf ihre drei Jahre alte Enkeltochter aufpasste, überlebte den Angriff nur knapp; das Kind musste die Bluttat mitansehen. Die beiden mutmaßlichen Täter wurden etwa zehn Kilometer vom Tatort entfernt im Auto des Opfers gestellt und festgenommen – mehr dazu in Frau niedergestochen: Zwei Männer festgenommen (4.11.2021), in Nach „Home Invasion“: Verdächtige schweigen (9.11.2021) und in Nach „Home Invasion“: Opfer erkannte Täter wieder (30.11.2021).

Lange Liste an Anklagepunkten

Nun müssen sich die beiden Männer vor Gericht verantworten. Die Liste der Anklagepunkte ist lang, am schwersten wiegt wohl der Vorwurf des versuchten Mordes: „Sie haben die Frau überfallen, ausgeraubt und haben versucht, sie zu töten“, so die Staatsanwältin.

Einer der Angeklagten kannte das Haus aus dem Verwandtenumfeld und wusste, dass es dort einen Tresor und Schmuck zu holen gibt. Das Tatgeschehen selbst wird als sogenannte Home-Invasion eingestuft: Dabei handelt es sich meist um geplante Gewaltstraftaten in Häuser und Wohnungen, bei denen die Täter die Anwesenheit und auch die Anwendung von Gewalt gegenüber Opfern in Kauf nehmen.

„Opfer hatte keine Chance sich zu wehren“

„Das Opfer hatte keine Chance sich zu wehren“, so die Anklägerin, denn es war gefesselt: Einer der beiden Männer soll bei dem Überfall mit dem Baseballschläger auf den Hinterkopf der 55-jährigen eingeschlagen haben, sodass dieser zerbrach; dann wurde auf das Opfer mit so einer Wucht eingestochen, dass die Klingen der beiden Messer stecken blieben.

Obendrauf musste das alles auch noch die dreijährige Enkelin mitansehen, die seither in psychologischer Betreuung ist. Nur weil die Großmutter ihr Mobiltelefon noch griffbereit hatte und selbst den Notruf wählte, überlebte sie, ist sich die Staatsanwältin sicher: „Dass sie noch am Leben ist, hat sie sich selbst zu verdanken, und es grenzt an ein medizinisches Wunder.“

Einschlägig vorbestraft

Während die Geschworenen aufmerksam den Schilderungen der Anklägerin lauschten, wirkten die Angeklagten unbeeindruckt – beide machten auch schon mehrfach Erfahrungen bei Gericht, sind teils einschlägig vorbestraft. „Bei der Justiz gefällt es Ihnen auch“, meinte der Richter, als er die Vorstrafen des 44-Jährigen aufzählt. „Nicht wirklich“, antwortete der Oststeirer. „Sonst kommt man ja nicht immer wieder“, erwiderte der Richter.

„Da hätte keiner sein sollen“

Bei der voneinander getrennten Befragung der beiden Angeklagten ergab sich dann ein sehr unterschiedliches Bild über die Vorgänge des 4. November: Der 50-Jährige gestand den Raubüberfall, ein Mord sei aber nicht geplant gewesen. „Ich habe auch nicht auf sie eingeschlagen“, sagte er. Erst bei der Polizei habe er erfahren, dass auf die Frau eingestochen worden sei. Er habe auch nicht gewusst, dass sein Komplize im Vorfeld nach Raub, Erdrosselung und ähnliche Suchbegriffe gegoogelt hatte. Er selbst dachte, es sollte ein Einbruch werden: „Da hätte keiner sein sollen“, beteuerte er. Die Frage, warum die beiden Männer dennoch in das Haus eingedrungen sind, obwohl die Großmutter und das Kind zu Hause waren, blieb unbeantwortet.

„War einkaufen und Nudeln kochen“

Am Nachmittag musste sich dann der zweite Beschuldigte verantworten: Er bestritt, an dem Tag überhaupt dort gewesen zu sein. Er sei zusammen mit dem Erstangeklagten von Weiz nach Graz und wieder zurückgefahren, sei einkaufen gegangen und in einer Trafik gewesen, ehe er Nudeln gekocht habe. „Hat Unterhaltungswert, diese Geschichte – eine echte Märchenstunde“, glaubte ihm der Richter kein Wort. „Wie kam denn dann der Schmuck des Opfers in Ihre Hosentasche?“ Darauf hatte der 44-Jährige keine Antwort. Er konnte sich auch nicht erklären, wie Spuren von ihm gefunden werden konnten und warum Blut vom Opfer auf der Jacke war, die er bei sich hatte. Im Haus seiner Verwandten sei er zuletzt vor sechs Jahren gewesen, meinte er.

Der Prozess gegen die beiden Steirer ist für drei Tage anberaumt: Er wird am Freitag mit Zeugen fortgesetzt, am Montag soll das Opfer befragt werden und ein Urteil fallen.