Mit Bachs Toccata und Fuge in D-Moll eröffnete Lukas Hasler sein erstes Konzert in Lemberg. Der 26-jährige Steirer bespielte als erster Ausländer nach Kriegsbeginn den Konzertsaal. Die Anreise erfolgte mit dem Zug bis zur polnischen Grenze, von dort wurde Hasler dann mit dem Auto nach Lemberg gebracht.
„Klar, ich nehme die Reise auf mich“
Geplant war das Konzert schon vor Kriegsbeginn, schildert der Organist: „Jetzt war es mit einem vertretbaren Risiko möglich, hierherzukommen. Ich bin der erste, der als Nicht-Ukrainer nach der Eröffnung dieses Konzertsaales wieder hier spielt. Aus diesem Grund war es für mich klar: Das mache ich jetzt und ich nehme die Reise auf mich.“

Der Künstler lebt in Gaishorn und spielt seit 17 Jahren Orgel: „Das könnte man fast als Integrationsmaßnahme betrachten; weil ich bin in einen neuen Ort in die Obersteiermark gezogen und da war es möglich, in den Fußballclub zu gehen oder als Ministrant zu beginnen und da bin ich dann in den Kontakt mit der Orgel gekommen und somit bin ich bis heute dabeigeblieben; das hat mich schon immer fasziniert.“
„Es könnte Salzburg sein, oder Graz oder Wien“
Zeit für einen kurzen Stadtbummel blieb zwischen den Konzerten und den Proben: Lemberg gehörte fast 150 Jahre lang zu Österreich; es war eine der größten Städte der Monarchie. Die Architektur im Zentrum ist von dieser Zeit geprägt: „Für mich ist es hier ganz wie in Österreich: Wunderschöne Barockbauten, eine wunderbare, prächtige Stadt. Man geht durch und sieht die Geschichte. Es könnte Salzburg sein, oder Graz oder Wien."

Auf der Flaniermeile im Zentrum steht das Denkmal des ukrainischen Nationaldichters Taras Schewtschenko. Davor geben sich Jugendliche und Lehrer ein Stelldichein, die eine Schule dahinter besuchen. Gefeiert wird der Ferienbeginn – wegen des Krieges bescheidener, aber doch, wie die Lehrerin sagt.

„Ich glaube, man kann da wirklich sagen, dass die Menschen eine Resilienz entwickelt haben und versuchen eine gewisse Art von Normalität zu leben, was ja ziemlich schwer ist: Ich habe hier schon mehrere Raketenalarme erlebt, also es ist jetzt nicht so, als wären wir in der ganz normalen Normalität. Aber die Menschen versuchen das Beste daraus zu machen“ – und dazu zählt die Kultur, die Zerstreuung und Ablenkung bietet.
Beim Konzert spielte Hasler auch Sonaten von Mozart und Beethoven, die er selbst für die Orgel arrangiert hat. Der Künstler trat an zwei Abenden auf – und beide Male war das Publikum von dem jungen, sympathischen Steirer völlig begeistert.