Arzt untersucht Rücken eines Mannes
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Gesundheit

Hautkrebsvorsorge: Monatelange Wartezeit

Die Zahl der Hautkrebs-Fälle ist rasant gestiegen, Experten raten dringend zu Vorsorgeterminen. Doch die Wartezeiten dafür liegen in der Steiermark nicht selten bei einem halben Jahr. Wahlärzte und Handy-Apps könnten aushelfen.

Es gibt zu wenig Kassenstellen – ein Problem, das nichts mit Corona zu tun hat, so Dermatologe Michael Tripolt; er ist auch der Vorsitzende des Zentralbetriebsrats der steirischen Krankenanstaltengesellschaft.

Derzeit gibt es laut Tripolt in der Steiermark etwa 30 Kassenärzte in der Dermatologie: „Wir bräuchten mindestens ein Drittel mehr, um effizient arbeiten zu können – vor allem in den Ballungsräumen. Wir haben in den letzten 30 bis 40 Jahren keine Hautarztstelle dazubekommen. Die Bevölkerung hat aber zugenommen, und wir haben auch eine andere Demographie: Wir haben auch mehr ältere Patientinnen und Patienten, bei denen eine Vorsorge noch dringender ist, das erschwert es. Wenn man es ernst nimmt und wirklich empfiehlt, dass alle zur Vorsorge gehen und das auch alle machen, wäre das gesamte System komplett verstopft.“

Wahlärzte könnten einspringen

Gerade im Bereich der Hautkrebsvorsoge müsse deshalb nachgebessert werden, betont Tripolt und spielt den Ball mit einem Vorschlag an die Sozialversicherungen und Krankenkassen weiter: Wahlärzte, die aber kosten, könnten einspringen.

Stadien der Heilung
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„Man kann natürlich die Kassenstellen vermehren, also im alten System bleiben und das größer machen. Aber ich denke, es wäre auch sinnvoll, gewisse Leistungen zu 100 Prozent, nicht nur zu 80 Prozent, über den Wahlarzt, über den Privatarzt abrechnen zu können. Da müsste man nur einen Abrechnungsmodus finden“, so Tripolt.

Hautscreening-Apps für erste Abschätzung

Ein Instrument der Zukunft im Bereich der Hautkrebsvorsorge sieht Michael Tripolt in sogenannten Hautscreening-Apps – diese müssten aber medizinisch zertifiziert sein. Sie ersetzen zwar nicht den Hautarzt, können aber ein erster Gradmesser sein, ob eine Hautveränderung bösartig sein könnte. Eine davon, die sogenannte Skin-Screener-App, wurde in Graz aus einem Expertenteam rund um Michael Tripolt entwickelt.

Die ersten Scans kosten nichts, wer mehr machen will, muss ein Abo abschließen; auch Hautärzte in der Nähe zeigt die App an. Die verdächtige Haustelle wird gescannt, ein Foto von dem Muttermal gemacht, kurz darauf zeigt die App einen grünen Balken: „Die Skin-Screener-App macht eine Risikoabschätzung: Rot bedeutet hohes Risiko – bitte zum Arzt gehen, Gelb heißt mittleres Risiko – sollte man anschauen lassen –, Grün steht für niedriges Risiko, da ist höchstwahrscheinlich nichts. Der große Vorteil der Skin-Screener-App in Österreich ist, dass ich sofort eine erste Risikoabschätzung bekomme.“

Mehr als 1.000 Testpersonen

Die Grazer Skin-Screener-App wurde im Rahmen einer Studie an mehr als 1.000 Patientinnen und Patienten getestet. Das Ergebnis hat laut Michael Tripolt gezeigt, „dass sie in der klinischen Studie zu 95 Prozent genau ist. Im letzten Jahr wurden mit der Skin-Screener-App 112.000 Fotos von Nutzerinnen und Nutzern gemacht worden, davon waren 5.000 in der hohen Risikokategorie. Da bin ich überzeugt, dass wir wahrscheinlich 1.000 Patienten frühzeitig zu einem Arzt gebracht haben und da eine Frühdiagnose gehabt haben. Also diese App kann schon einen guten Hinweis geben, ist das jetzt etwas, wo ich wirklich dringend zum Hautarzt gehen sollte oder ist es eine Hautveränderung, wo einmal im Jahr eine Kontrolle reicht.“

Eine seriöse App muss in Europa als Medizinprodukt zugelassen sein – sie muss, wie die Grazer Skin-Screener-App, die CE-Zertifizierung aufweisen, danach sollten Konsumenten gezielt suchen, rät der Dermatologe.

Pilotprojekt über Grazer Apotheken

Doch wie kann die App ein mögliches Hautkrebs-Risiko erkennen? In der Grazer App steckt künstliche Intelligenz, erklärt Michael Tripolt, „ein sogenanntes neuronales Netzwerk. Das sind Algorithmen, die netzwerkartig aufgebaut sind mit unterschiedlichen Entscheidungswegen: Er bekommt den Input des Fotos und beurteilt aufgrund des Eindrucks wie das auch der Hautarzt tut – ob er das als gefährlich erachtet oder nicht“.

Die in Graz entwickelte App erkennt laut Tripolt als einzige nicht nur den schwarzen, sondern auch den weißen Hautkrebs. Die App soll ab dem Sommer als Pilotprojekt auch in ausgewählten Grazer Apotheken erhältlich sein.