Krähenproblem in Wulkaprodersdorf
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Landwirtschaft

Ende der Krähenverordnung sorgt für Unmut

Am 1. Juli läuft die „Krähenverordnung“ aus: Damit dürfen Nebel- und Rabenkrähen auch in Ausnahmefällen nicht mehr bejagt werden. Die Landwirtschaftskammer bezeichnet das als „Fehlentscheidung“.

Aufgrund einer von der Landesregierung beauftragten Erhebung des Erhaltungszustandes der Population, die einen angeblichen schlechten Erhaltungszustand festgestellt hat, soll es zu keiner Verlängerung der Entnahmeverordnung kommen – das stößt vielen sauer auf.

Die steirische Landesjägerschaft etwa schildert einen Vorfall, bei dem Krähen im Bezirk Weiz einem jungen Lamm bei lebendigem Leib die Augen ausgehackt hätten. Eine gezielte und punktuelle Bejagung sei sinnvoll, so Landesjägermeister Franz Mayr-Melnhof Saurau, es sei ein wichtiges Instrument eines Naturschutzes mit Hausverstand.

Durch Bejagung in Population eingreifen

Auch die Landwirtschaftskammer kann die Aufhebung der Krähenbejagung nicht nachvollziehen. „Erreichen Krähen einen unnatürlich hohen Bestand, wie es in vielen Regionen der Steiermark der Fall ist, gefährden sie neben der Landwirtschaft Eier und Jungvögel anderer Arten bzw. Jungwild von Kleinsäugern“, sagt die Biologin und Wildtierexpertin der Landwirtschaftskammer Steiermark, Marlene Moser-Karrer. Laut Moser-Karrer ist es daher auch aus ökologischen Überlegungen erforderlich, in die Rabenvogelpopulationen durch Bejagung regulierend einzugreifen, da natürliche Feinde das bei dieser Populationsdichte nicht vermögen würden.

In Zukunft sollen Entnahmen nur durch langwierige, nicht aussichtsreiche Einzelgenehmigungsverfahren möglich sein. Das gefährde sowohl die Weidetiere, landwirtschaftliche Kulturen wie auch das ökologische Gleichgewicht der Beutetiere der Nebel- und Rabenkrähen, so Moser-Karrer.

Landwirte fordern Verlängerung der Verordnung

Da es laut der Expertin in der Praxis fortlaufend zu erheblichen Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen durch diese Rabenvögel kommt sowie in Regionen hoher Bestandsdichten ein schlechter Erhaltungszustand der Beutetiere wie Singvögel feststellbar ist, erscheint die Notwendigkeit der Entnahme sicherlich gegeben, so die Expertin. Die steirischen Bäuerinnen und Bauern appellieren daher an die Landesregierung, die bestehende Verordnung um weitere drei Jahre in der bisherigen Form zu verlängern.

Besonders hervorzuheben sei, dass in der Brut-, Nist- und Aufzuchtzeit im Frühjahr die nicht brütenden Krähen in größeren Schwärmen – in „Junggesellentrupps“ – wandern, während sich die brütenden Krähenpaare streng territorial verhalten und diese räuberischen Trupps selbst meiden. Diese sind von den brütenden Krähenpaaren leicht zu unterscheiden und richten gerade im Frühjahr und Frühsommer sowohl in der Landwirtschaft als auch in den Beutetierbeständen verheerende Schäden an – diesem Umstand trage die bisherige Krähenverordnung durch die Entnahmemöglichkeit innerhalb der Junggesellentrupps Rechnung, heißt es bei der Landwirtschaftskammer.

Bauern befürchten große Schäden beim Saatgut

Besonders betroffen ist die für die Steiermark äußerst wichtige Produktion von qualitativ hochwertigem Saatgut für die wichtigsten Kulturarten wie beispielsweise Sojabohne, Ölkürbis und Mais. In den steirischen Zuchtgärten wird mit großem Engagement Züchtungsarbeit betrieben, um den Folgen des Klimawandels wie Trockenheit, erhöhte Temperaturen und Unwettern trotzen zu können und Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Ohne Regulierungsmöglichkeit droht laut Kammer ein großer Schaden. Durch die Nicht-Verlängerung der Krähenverordnung ist in Zukunft mit erheblichen Schäden im Bereich der Pflanzenzüchtung, bei Weidetieren und gelagertem Futter zu rechnen, welche schließlich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln nachhaltig gefährden.

Schaden muss Landwirten ersetzt werden

Wie diese ernsten Schäden in Zukunft verhindert werden sollen, sei nunmehr völlig unklar: Es ergehe jedenfalls der dringende Appell an die Politik, entsprechende Alternativen anzubieten, so die Landwirtschaftskammer in der Aussendung; zudem seien Regelungen zu finden, die den Bäuerinnen und Bauern die Schäden, die durch Krähen- und Rabenvögel verursacht werden, vollständig ersetzen.

Lackner: Verlängerung fachlich nicht argumentierbar

Nachdem Krähen nach einer EU-Richtlinie geschützt sind, können sie nur im Falle einer Überpopulation entnommen werden, entgegnete die für diesen Bereich zuständige Landesrätin Ursula Lackner (SPÖ). Der aktuelle Stand der Population sei in der ersten Jahreshälfte 2022 im Rahmen eines Monitorings erhoben worden, das Ergebnis sei eindeutig: Seit dem ersten Monitoring im Jahr 2008 habe sich die Population um 47 Prozent verringert also fast halbiert.

Damit wäre eine Verlängerung der Verordnung fachlich nicht argumentierbar und würde sogar ein EU-Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen. Deshalb könne die Verordnung nicht verlängert werden, stellte Lackner klar. Der Monitoringbericht liegt laut der Landesrätin nun in Rohform vor und zeigt ganz klar: Eine landesweite Verordnung ist fachlich auf keinen Fall rechtfertigbar. Die nächsten Monate werden genutzt, um zu prüfen ob es unter Umständen regional spezifische Maßnahmen braucht, sagte Lackner.