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Umrüstung auf Öl: Viele Fragen offen

Als Maßnahme gegen eine mögliche Erdgaskrise sollen Großverbraucher auf andere Energieträger, etwa Erdöl, umsteigen. Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) wünscht sich das möglichst rasch. Für viele Betriebe sei das gar nicht möglich, heißt es von der Industrie, die noch viele offene Fragen sieht.

„Wir alle sind uns bewusst, dass es möglicherweise zu einem sehr schwierigen Herbst- und Winterszenario kommen kann“, sagt Max Oberhumer von Sappi-Papier in Gratkorn gegenüber dem ORF. „Daher ist aus meiner Sicht jede Maßnahme, die von der technischen Möglichkeit her gegeben ist, um hier kurzfristig entgegenzuwirken, sinnvoll und sehr zu begrüßen.“

Woher bekommen Unternehmen das Öl?

Oberhumer fehle derzeit aber das Gesamtkonzept. So sei nicht klar, wie viel von den eingespeicherten Gasvorräten wirklich für österreichische Endkunden bestimmt sei. Offen sei auch, wie die Unternehmen überhaupt zu den Rohstoffen kommen und wie die Regierung mit den zusätzlichen Schadstoffen und CO2-Zertifikaten umgehen will.

Die Frage, wie die Unternehmen an die Rohstoffe gelangen, ist bezogen auf Öl aktuell nicht einfacher zu beantworten geworden: Österreich bezieht den Großteil seiner Öllieferungen aus Kasachstan. Am Mittwoch wurde bekannt, dass ein kasachisches Öl-Terminal im Schwarzen Meer auf russischen Beschluss hin vorübergehend den Betrieb einstellen muss – mehr dazu in Ölstopp aus Kasachstan (news.ORF.at).

IV fordert finanzielle Unterstützung

Für die Umrüstung von Gas auf Öl spricht sich auch Stefan Stolitzka aus. Der Präsident der steirischen Industriellenvereinigung meint, die Politik habe den Ernst der Lage erkannt. Ein Umstieg sei aber nicht einfach: „Es gibt eine Industrie, die das technisch kann. Aber die Umstellung würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Diese Teile, die man dafür braucht, liegen ja nicht irgendwo auf Lager. Und es gibt eine Industrie, die das technisch und prozessbedingt gar nicht kann.“ So würde beispielsweise die Glaserzeugung hohe Temperaturen benötigen, die mit Öl nicht erreichbar wären.

Der IV-Präsident fordert auch eine finanzielle Unterstützung: „Wir müssen das ja auch als Notfallsituation sehen. So eine Umstellung wird wahrscheinlich auf viele Jahre berechnet werden müssen. Also hier muss man unbedingt Unterstützung dazugeben.“

Aufruf zur Zusammenarbeit

40 Prozent des Gasverbrauches in Österreich betreffen die produzierende Industrie. In diesen Betrieben spare man laut Stolitzka bereits so gut es gehe: „Ich kann nur aufrufen: Wir sind wirklich in einer absoluten Ausnahmesituation, die es noch nie gegeben hat. Wir müssen alle gemeinsam noch viel enger zusammenarbeiten. Viele Dinge sind noch machbar, am internationalen Markt stehen durchaus noch Energiequellen zur Verfügung.“

Man müsse jetzt aber schnell sein, sagt IV-Präsident Stolitzka, damit es im Herbst nicht zum Worst-Case-Szenario kommt: Industriebetriebe, die wegen Energiemangels still stehen, einbrechende Konjunktur und Verlust von Arbeitsplätzen.