Tacho in Pkw mit Anzeige von Tempo 100
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Verkehr

Tempo 100: „Kleinere Autos machen mehr Sinn“

Die Energiekrise hat die Debatte über eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen auf 100 km/h neu entfacht. Laut einem Grazer Experten mache es jedoch mehr Sinn, statt mit SUVs mit kleineren Autos zu fahren.

Die Temporeduktion ins Gespräch brachte zuletzt der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) – mehr dazu in Kaiser zu Energiekrise und Teuerungen (kaernten.ORF.at) –, wie Kaiser sprach sich auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) dafür aus. In der Debatte scheiden sich allerdings die Geister: Befürworter sagen, es koste wenig, sei schnell eingeführt und bringe viel, für Kritiker ist der Nutzen allerdings zu gering – mehr dazu in Debatte über Temporeduktion neu entfacht (news.ORF.at).

„Bringt relativ wenig“

Peter Fischer, der Leiter des Instituts für Fahrzeugtechnik an der TU Graz, sagt dazu: „Die Reduktion von 130 auf 100 km/h bringt etwas, aber relativ wenig. Wir müssen davon ausgehen, dass wir dann während der Autobahnfahrt den Treibstoffverbrauch in etwa um 25 Prozent reduzieren – das Fahrzeug fährt aber selten in Geschwindigkeitsbereichen über 120 km/h. Somit ergibt sich über das Fahrzeugleben eine Reduktion von in etwa nur 1,5 bis zwei Prozent. Und man muss natürlich auch rechnen – die Fahrzeit wird länger, und das heißt natürlich auch Zeitverlust, den muss man auch einrechnen.“

Kleinere Autos bringen „um eine Größenordnung“ mehr

Laut dem Experten ist die Wahl des Fahrzeugtyps wesentlich entscheidender: „Die Ersparnis hängt enorm vom Fahrzeugtyp ab, und zwar einerseits vom Gewicht des Fahrzeuges, andererseits vom Luftwiderstand. Ein SUV hat zehn bis 20 Prozent mehr Gewicht, etwa 20 bis 30 Prozent mehr Luftwiderstand. Durch Umsteigen von einem SUV auf einen normalen Pkw kann man am Schlag zehn bis 20 Prozent Treibstoff einsparen – das wäre um eine Größenordnung mehr als das, was wir durch die Reduktion von Tempo 130 auf Tempo 100 einsparen können“, sagt der Leiter des Instituts für Fahrzeugtechnik der TU Graz, Peter Fischer.

Klimaministerium setzt auf Freiwilligkeit

Zumindest, was ein verpflichtendes Tempolimit auf Österreichs Straßen betrifft, gibt man sich im Klimaministerium eher defensiv und setzt auf Freiwilligkeit. So heißt es gegenüber ORF.at: „Wer langsamer mit dem Auto fährt, kann damit einen wichtigen Beitrag leisten. Ein bisschen weniger Tempo spart Sprit und Geld. Und schützt dabei unser Klima. Diese Entscheidung können alle Menschen in unserem Land treffen. Und das ist auch gut so.“

Auch auf Nachfrage, ob das Ministerium den Vorschlag Kaisers unterstütze, heißt es lediglich, dass eine Geschwindigkeitsreduktion zwar als „wichtiger Beitrag zum Energiesparen“ erachtet werde – doch „die Entscheidung, ob und wie viel sie langsamer fahren, obliegt den Menschen in Österreich“.

Gewessler erteilt Vorstoß Absage

Auch Klimaministerin Gewessler erteilte den Rufen am Freitag eine Absage „Langsamer fahren ist ein Beitrag, den jede und jeder leisten kann“, sagte sie am Freitag im Ö1-Mittagsjournal. Gesetzliche Maßnahmen könnten erst im Falle eines Versorgungsnotstandes beschlossen werden, den es derzeit aber noch nicht gebe.

„Ich bin überhaupt nicht zurückhaltend beim Thema Energiesparen“, sagte Gewessler zwar. Die Handlungsmöglichkeit in der Energielenkung gebe es aber nur im Falle eines absoluten Versorgungsnotstandes. „Wir sind derzeit nicht in so einer Situation“, so die Ministerin. Für eine entsprechende Verordnung brauche es als Voraussetzung auch eine Zweidrittelmehrheit im Hauptausschuss des Nationalrats.

Ein Tempolimit als Spritsparmaßnahme gab es bereits einmal: 1973 hatte der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) wegen der anhaltenden Ölkrise Tempo 100 für ganz Österreich verhängt.